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Renegade

Renegade

Titel: Renegade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. A. Souders
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ohne besondere Schwierigkeiten durch
den Basar und über den Platz, da niemand gerne in die Schatten sieht und wir
keiner Vollstreckerin begegnen. Ein Problem gibt es allerdings: Gavin beginnt
wieder zu gaffen. Und ich kann es ihm nicht einmal übel nehmen, da überall Leute
in bunten Kostümen unterwegs sind. Mutter wollte das Freudenfest so gestalten
wie eine große, farbenfrohe Feier, die es an der Oberfläche vor dem Krieg gegeben
haben muss. Ich glaube, sie nannte sie Mardi Gras.
    Als wir uns langsam
dem Röhrenbahnhof nähern, von dem aus wir zu Sektor Drei gelangen, fällt mir
auf, dass die Menge sich wieder lichtet. Alle streben in Richtung Freudenfest.
Niemand benutzt die Röhre, und ich schicke einen Dank an das Wesen, das
offenbar auf mich aufpasst, denn jetzt muss ich mir kein Ablenkungsmanöver
einfallen lassen, als wir die sicheren Schatten verlassen und uns dem Bahnhof
nähern.
    Fast atme ich
erleichtert auf, doch dann höre ich ein Zischen, dann das Schaben beweglicher
Scharniere. Schnell sehe ich mich um: Woher kommt dieses schreckliche Geräusch?
Plötzlich breitet sich ein scharfes Brennen in meiner rechten Schulter aus.
Vorsichtig hebe ich die Hand und spüre etwas Warmes, Klebriges an meinem Arm.
Dann sehe ich das Blut, das zwischen meinen Fingern hervorquillt. Als ich die
Hand wegziehe, entdecke ich ein kleines Loch in meinem Kleid, genau in der
Mitte des Blutflecks.
    Das kann nur eines
bedeuten: Ich wurde angeschossen.

Aufgrund
ihres perfekten Erbguts wurde Evelyn Winters als meine Tochter auserwählt. Doch
Evelyn ist nicht nur meine Tochter – sie ist die Tochter von uns
allen. Die Tochter des Volkes. Sie liebt euch ebenso, wie ich es tue, und ihr
sollt sie in gleichem Maße lieben. Etwas anderes kann nicht geduldet werden.
    Mutter,
Auszug aus ihrer Rede zu Evelyns Antritt –
    Schreie
werden laut, als die Selbstschussanlage sich weitere Opfer sucht. Ich lasse
mich zu Boden fallen und ziehe Gavin mit mir hinunter. Als er das Blut auf
meinem Kleid sieht, reißt er entsetzt die Augen auf. Sofort springt er auf,
aber ich reiße ihn wieder zu mir hinunter.
    Â»Unten bleiben«,
zische ich. »Oder willst du etwa, dass die Selbstschussanlage dich entdeckt?«
    Â»Du wurdest von
einer Selbstschussanlage getroffen?«, erwidert er, legt
sich aber wenigstens flach auf den Boden.
    Â»Natürlich – eine
Vollstreckerin würde nicht willkürlich Leute anschießen.«
    Â»Willkürlich? Was
zum Teufel ist denn hier los?«, flucht Gavin.
    Â»Es muss eine
Fehlfunktion sein. Das passiert hin und wieder.«
    Â»Fehlfunktion? Und
das nimmst du einfach so hin?«
    Â»Mir bleibt wohl
keine andere Wahl«, fauche ich. »Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Hochklettern
und sie reparieren? Hast du denn zufällig einen Schraubenzieher dabei? Ich
nämlich nicht.«
    Â»Das hatte ich nicht
gemeint«, murmelt er. Er starrt gereizt an die Decke und schließt dann kurz die
Augen. »Und, was sollen wir jetzt machen? Wir können doch nicht einfach hier
rumliegen, bis die Wachen kommen.«
    Â»Stimmt. Aber die
tauchen erst auf, wenn das Feuer eingestellt wird. Dann sammeln sie die Leichen
ein und verschwinden wieder. Wir müssen also nur in dem Moment schnell genug
reagieren, wenn die Anlage sich abschaltet.« Ich presse eine Hand auf die
Wunde, zucke dabei aber heftig zusammen – der Schmerz ist so groß, dass er mir
die Tränen in die Augen treibt. Das ist sicher kein gutes Zeichen.
    Â»Wie lange wird das
dauern?« Gavin starrt auf meine blutverschmierte Hand und fährt mit zittriger
Stimme fort: »Wenn wir zu lange warten, verblutest du uns noch.«
    Â»Hör auf!« Ich
versuche so angestrengt, nicht mit den Zähnen zu klappern, dass meine Stimme
ganz rau ist. Eine Schusswunde ist viel schmerzhafter, als ich immer gedacht
habe. Meine Schulter scheint in flüssiges Feuer getaucht worden zu sein. »Die
Wunde ist klein, wahrscheinlich ein glatter Durchschuss. Und die Kugel kann
keine größeren Arterien verletzt haben, sonst wäre die Blutung viel stärker.«
    Ein schneller Blick
in die Runde zeigt mir, dass die Selbstschussanlage nur vier Menschen erwischt
hat. Drei bewegen sich noch und stöhnen. Einer nicht. Alle anderen sind
verschwunden. Zischend zieht sich die Anlage in die Decke zurück – ihr Job ist
getan.
    Â»Los, beweg dich! Ab
in die Schatten.« Ohne Widerrede

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