Renegade
behalte.
»Sicher? Du siehst
aus, als würdest du gleich umkippen.«
»Verbinde die Wunde.
Wer weiÃ, wann wir wieder aufbrechen müssen, bis dahin solltest du mich
versorgt haben«, sage ich unerwartet streng. Ja, das ist nicht sehr nett, und
ich fühle mich auch schlecht dabei, aber mir fällt es schwer, höflich zu sein,
wenn meine Schulter brennt wie Feuer. Gavin öffnet den Mund, wohl um etwas über
meinen Ton zu sagen, doch dann klappt er ihn wieder zu, und seine Lippen werden
zu einem dünnen Strich. Sorgfältig reinigt er die Wunde, bedeckt sie mit einer
speziellen Kompresse, die nicht an der Wunde haftet, und verpackt dann meine
gesamte Schulter in einem dicken Verband.
Das
warâs dann mit der Unauffälligkeit , denke ich. Doch ich bin dankbar dafür, dass ich Gavin nicht
erklären muss, wie man Wunden reinigt und verbindet. Sicherlich passieren bei der
Jagd auch Unfälle; und da ist es gut, wenn man ein paar medizinische Grundkenntnisse
hat.
»In dem Kasten
findest du eine Spritze und eine violette Ampulle. Stich einfach in den
Verschluss der Ampulle, zieh das Mittel auf und drücke die Nadel in meine Haut.«
»Was ist das?«, will
er wissen, folgt aber meinen Anweisungen.
»Ein leichtes
Schmerzmittel. Es behindert mich nicht, keine Sorge. Aber dadurch wird es ein
wenig leichter.« Hoffe ich.
Gavin gibt mir die
Spritze und räumt dann den Kasten ordentlich wieder ein. »Danke«, sage ich
schnell, als mir klar wird, dass ich ihn bis jetzt nur herumkommandiert habe.
Er lächelt, zögert
kurz und haucht mir dann einen sanften Kuss auf die Lippen.
Ich halte den Atem
an, doch statt Schmetterlingen steigt Panik in mir auf. Was ist nur los mit
mir? Ich bin dabei, einem Oberflächenbewohner zur Flucht zu verhelfen, und
widersetze mich damit Mutter. Das ist schlimmer als ein Kuss.
»Gern geschehen«,
sagt Gavin und reiÃt mich damit aus meinen Gedanken. »Es wäre schlieÃlich echt
blöd, wenn meine Freundin stirbt, bevor ich sie meinen Eltern vorstellen kann.«
Aus dem Augenwinkel heraus beobachtet er meine Reaktion. Ich werde rot und
spüre ein wohliges Kribbeln in mir, während ich den Kopf wegdrehe und mein
Gesicht hinter den Haaren verstecke. Das klingt schön, auch wenn er es nur im
Spaà gesagt hat. Meine Freundin. Das klingt wirklich toll.
Während ich darauf
warte, dass die Medikamente zu wirken beginnen, ringe ich noch kurz mit mir,
schmiege mich dann aber doch an Gavins Schulter. Als ich anfange zu zittern,
schlingt er den Arm um mich und zieht mich näher heran. Auch jetzt verkrampfe
ich mich erst mal bei der Berührung, entspanne mich dann aber schnell. Allein
dass er mich festhält, sorgt schon dafür, dass ich mich besser fühle.
»Da wir sowieso
warten müssen, bis es dir besser geht, könntest du mir jetzt mal erklären, was
es mit diesen Selbstschussanlagen auf sich hat. Woher weiÃt du, dass es in
beiden Fällen eine Fehlfunktion war?«
»Das weià ich nicht
⦠zumindest nicht mit absoluter Sicherheit. Aber es passiert einfach zu oft.
Aus irgendeinem Grund funktionieren die Sensoren der Selbstschussanlagen nicht
richtig. Niemand weiÃ, woher das kommt. Mutter nimmt sie nach jedem Vorfall vom
Netz, bis sie repariert sind, aber es ist unmöglich, diese Fehlfunktionen
vorherzusagen.«
»Werden sie denn
nicht gewartet?«
»Doch. Einmal im
Monat, und zwei Mal im Jahr werden sie gründlich durchgecheckt, aber das hilft
auch nichts. Deswegen hat Mutter alle Anlagen aus dem Palasttrakt entfernen
lassen. Sie wollte nicht, dass eine versehentlich losgeht und einen von uns
tötet.«
»Wie unglaublich
nett von ihr.«
»Ich habe sie einmal
gebeten, auch die restlichen Anlagen zu entfernen, aber weil sie dazu dienen,
die Bürger vor den Oberflächenbewohnern zu schützen, sind sie notwendig.«
»Vor solchen wie
mir?«
»Ja, aber deine DNA ist ja jetzt im System. Macie hat mir dabei geholfen,
sie in den Computer einzuschleusen. Das war der Hintergrund für die Sache mit
der Verpaarung.«
Er streicht sanft
über meinen Arm und nimmt dann meine Hand. »Und warum hat die Anlage Ruhe gegeben,
als wir uns zu Boden geworfen haben?«
Angestrengt starre
ich auf unsere verschlungenen Finger. Nur mit Mühe unterdrücke ich den Impuls,
mich loszureiÃen. Neben meiner Blässe wirkt seine Haut golden, fast erwartet
man, dass er
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