Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
es nicht mehr darauf an, ob ich ein paar Falten mehr oder weniger habe“, meinte Barbara.
„So ein Unsinn!“
Leni war ganz erschüttert.
„Auch im Alter hat man doch eine gewisse Resteitelkeit.“
Barbara schminkte sich nie. Dabei würde ihr ein bisschen Farbe gut stehen. Ein neuer Haarschnitt wäre auch nicht schlecht. Sie betrachtete nachdenklich Barbaras lange, graue Haare, die sie heute offen trug.
„Entschuldige, ich habe mich noch nicht frisiert“, sagte die verlegen.
„Du hast so schöne Haare, warum machst du nichts damit?“
Jetzt wurde Barbara rot.
„Ich bin zu ungeschickt. Und viel Geduld hab ich auch nicht.“
„Mit kurzen Haaren ist man viel schneller fertig als mit langen. Wobei ich nicht sagen würde, dass dir kurze Haare besser stehen. Aber ein Schnitt muss da mal rein. Du solltest die Haare auch häufiger offen tragen.“
Ihr fiel ein, dass sie in den nächsten Tagen sowieso zum Friseur wollte.
„Was hältst du davon, wenn du einfach mitkommst?“, schlug sie vor. „Erst mal nur zu einer Beratung, du musst nichts machen lassen, wenn du nicht willst.“
Barbara lehnte nicht sofort ab, immerhin ein Fortschritt.
„Denk drüber nach“, half Leni. „Aber den Gutschein kann ich in keinem Fall annehmen.“
Sie gab ihr den Umschlag zurück.
„Ich werde es mir überlegen“, sagte Barbara.
„Aber eigentlich wollte ich mit dir über Arthur reden.“
„Lass mich raten: Er hat dir einen unsittlichen Antrag gemacht.“
Barbara zuckte zusammen.
„Das war ein Scherz!“, sagte Leni leicht gekränkt.
Wieso verstand hier keiner ihre Art von Humor? Arthur sah sie auch manchmal so irritiert an.
„Also“, begann Barbara, „Arthur hat bald Geburtstag.“
„Schau mal an, was du so alles rausfindest. Ich dachte, du machst den ganzen Tag nichts als Preisausschreiben.“
Die kleine Spitze konnte sich Leni nicht verkneifen. Aber an Barbara schien ihr Sarkasmus völlig abzuprallen.
„Wie wäre es, wenn wir ihm einen Kuchen backen?“, schlug sie vor.
Leni war nicht begeistert. Barbara war ein richtiges Küchenwunder. Hilfe brauchte die ganz sicher nicht. Sollte das eine Art Friedensangebot sein?
„Du bist viel besser im Backen als ich. Bei Kuchen bin ich eine totale Niete.“
„Ich dachte, wenn wir das zusammen machen, das könnte ganz lustig werden.“
Leni schämte sich für ihre Bissigkeit. Barbara stand zwischen den Fronten und konnte gar nichts dafür. Ein bisschen Entgegenkommen würde nicht schaden.
„Das ist eine gute Idee aber du musst entscheiden, was wir backen. Ich glaube, du kennst Arthur inzwischen besser als ich.“
Nun sprudelte Barbara eifrig los.
„Am liebsten mag er Mokkatorte. Ich hab da mal ein bisschen in den Kochbüchern seiner verstorbenen Frau herumgeblättert.“
Leni war beeindruckt.
„Genial! Dann also Mokkatorte.“
Gemeinsam machten sie sich an die Planung und dachten sich ein Ablenkungsmanöver für Arthur aus, damit er von der Überraschung nichts mitbekam.
„Am besten erzählst du ihm, dass du ein paar Sachen aus deiner Wohnung brauchst. Er wird dir bestimmt helfen.“
Die Sache fing an, ihr Spaß zu machen.
„Während ihr weg seid, kann ich das Wohnzimmer ein bisschen dekorieren. Ich besorge auch Blumen.“
Das heimliche Backen der Torte würde kein Problem sein. Arthur hielt sich nie freiwillig in der Küche auf.
Barbara stand schon an der Tür, als sie sich noch einmal umdrehte.
„Weißt du, Leni, mir ist klar, dass es dir nicht gefällt, wenn ich Arthur helfe. Aber er gibt sich wirklich Mühe. Ich glaube, was ihn stört, ist dieser Plan. Den braucht es doch gar nicht, wenn alle mitmachen.“
„Ich habe es nur gut gemeint“, schnappte Leni. „Wenn es euch nicht passt, dann lassen wir’s halt.“
Barbara zog den Kopf ein.
„Na, dann gehe ich mal, damit du weiterlesen kannst.“
Die Tür schloss sich lautlos. Es war nicht nötig gewesen, so bissig zu werden. Leni wusste, dass es Barbara Mut gekostet hatte, bei ihr zu klopfen. Aber erst die Kritik von Monika, dann der Kommentar von Barbara, das war zu viel. Zumal sie beide vermutlich Recht hatten. Leni war sicher, dass sie mal wieder alles falsch gemacht hatte.
„Ich bin nicht verklemmt! Wenn ich meine Wäsche nicht mit deiner zusammen waschen will, dann nur aus hygienischen Gründen.“
Nur unter schwerstem Protest hatte Arthur Leni seine schmutzige Wäsche überlassen, die sie ungerührt in die Waschmaschine gestopft hatte. Dann hatte sie ihn zum Aufhängen
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