Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
sie die Rollos halb herunter und stellte den Fernseher an. Ein komisches Gefühl, Sekt mit dem Strohhalm zu trinken, aber das war die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas herunter zu kriegen. Sie legte sich aufs Bett und zog sich die Decke über den Kopf.
Thomas war in Eile. Als sich auf sein Klingeln nichts regte, zog er ungeduldig den Schlüssel aus der Tasche. Bestimmt hatte Kiki wieder mal die Musik bis zum Anschlag aufgedreht und hörte nichts. Als er die Wohnungstür aufschloss, beschlich ihn eine Ahnung, dass etwas nicht in Ordnung war. Es war totenstill in der Wohnung.
„Kiki, ich bin da! Können wir gleich los?“
Er stürmte durchs Wohnzimmer ins Bad, aber sie stand nicht wie erwartet vor dem Spiegel. Schließlich fand er sie im Schlafzimmer, ein weinendes Bündel, das sich ins Bett verkrochen hatte.
„Es tut so weh“, jammerte sie.
Er knipste die Nachttischlampe an und erstarrte.
„Um Gottes Willen!“
Ihr Gesicht war aufgequollen, ihre Lippen eine einzige, geschwollene Masse.
„Wer war das Schwein? Hast du die Polizei verständigt?“
Er war völlig außer sich. Das Gesicht seiner wunderschönen Kiki war zu einer grotesken Fratze entstellt.
„Kein Überfall“, nuschelte sie undeutlich.
„Was ist denn passiert?“
Er strich ihr über die zerzausten Haare. Sie musste schon seit Stunden weinen. Ihre Augen waren fast zugeschwollen, und schwarze Wimpertusche klebte auf ihren Wangen bis zum Kinn hinunter. Sie wandte sich von ihm ab, griff nach einem Strohhalm und steckte ihn in ein Sektglas.
„Sag sofort, was los ist!“
„Au, du tust mir weh.“
Er lockerte seinen Griff um ihrem Arm.
„Was ist passiert, sag endlich.“
„Du wolltest mir ja kein Geld geben, damit ich mir meine Möpse machen lasse“, zischte sie.
Ihm wurde kalt. „Was hast du machen lassen?“
Er drehte ihren Kopf zum Licht und betrachtete sie genau.
„Du hast dir doch nicht etwa die Lippen aufspritzen lassen. Bist du von allen guten Geistern verlassen?“
Sie schluchzte laut auf und warf sich in ihr Kissen. Entgeistert starrte er auf die zuckende Gestalt. Wenn das kein super Timing war! Ein toller Auftakt für die Feier zum Vertragsabschluss. Genau so hatte er sich das vorgestellt. Er sah auf die Uhr und stand auf.
„Ich muss los, schließlich kann ich Bernd nicht warten lassen.“
Sie tauchte aus dem Kissen auf.
„Du lässt mich allein?“
„Was hast du denn gedacht? Dass ich meinen wichtigsten Geschäftspartner sitzen lasse und bei dir Händchen halte? Nein, meine Liebe, das badest du gefälligst allein aus.“
Für einen kurzen Moment hatte er Mitleid mit ihr. Aber sie war schließlich selbst schuld an ihrer Misere. Außerdem hatte das Geschäft Vorrang. Immer.
„Ich komme später noch mal vorbei. Vielleicht geht es dir dann schon besser.“
Schaudernd zog er die Wohnungstür hinter sich zu. Kiki hatte schrecklich ausgesehen. Er war Ästhet, solch einen Anblick konnte er einfach nicht ertragen.
Nun gab es also in seinem Haus auch so ein Teufelsding. Misstrauisch betrachtete Arthur die Tragetasche, in der sich Lenis nagelneues Notebook befand.
Das Ding selbst, ein silberner, flacher Kasten, stand aufgeklappt auf dem Esstisch. Schon seit geraumer Zeit fummelte ein junger Mann mit Nickelbrille daran herum. Leni und Barbara belagerten ihn förmlich.
„So, der Internetzugang steht. Sie können los legen. Ein schönes Notebook haben Sie sich da ausgesucht“, sagte er bewundernd.
Interessiert hörten die beiden Frauen seinen weiteren Erläuterungen zu. Es war faszinierend, was man damit alles machen konnte.
„Hast du gehört, Arthur? In Nullkommanichts werden wir jetzt das Rezept für dein Erbspüree finden.“
Mit hochroten Wangen saß Leni vor ihrer neuen Errungenschaft. Ihre rechte Hand hatte sie um ein ovales Ding gelegt, und auf dem Bildschirm flitzte ein kleiner Pfeil herum. Arthur gab ein Schnauben von sich, das sehr nach Verachtung klang. Was war denn daran nur so toll? Einen Kommentar konnte er sich trotzdem nicht verkneifen.
„Kann es auch kochen?“
„Das nicht. Aber man kann damit im Internet surfen, Mails verschicken, die ganze Welt ist nur einen Mausklick entfernt. Und ein paar Spiele haben wir auch. Probier doch mal!“
Aber Arthur war nicht dazu zu bewegen, das Gerät auch nur anzufassen. Es war ihm nicht geheuer.
Der junge Mann packte seine Sachen zusammen und verabschiedete sich. Leni war restlos begeistert von ihrer Neuanschaffung. Arthur würde es bestimmt auch
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