Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
diese Idylle verschwinden soll.“
„Was meinen Sie damit?“
Wie ein böser Geist stand Leni plötzlich in der Terrassentür.
Verflixt, da hatte er sich grandios verplappert. Diese Frau tauchte aber auch immer zur Unzeit auf. Mit wachsendem Unbehagen sah er zu, wie sie sich hinsetzte. Diesen Gesichtsausdruck kannte er. Es war mal wieder eine Inquisition fällig.
Schon seit einiger Zeit versuchte Leni, ihm Einzelheiten über Köhlers Bauprojekt zu entlocken. Bisher hatte er sich immer herausgewunden. Er sei ein zu kleiner Fisch, als dass der große Bauherr ihn in seine Pläne einweihen würde. Sie glaubte ihm kein Wort, und das sagte sie auch unverblümt.
„Ach Leni, lass doch. Wir sitzen hier gerade so gemütlich. Du machst uns die ganze Stimmung kaputt.“
Arthur war es gar nicht recht, dass sie in das Männergespräch hereingeplatzt war. Aber sie war wie ein Jagdhund, der Blut geleckt hatte.
„Was heißt hier Stimmung“, brauste sie auf.
„Hast du völlig vergessen, weshalb Herr Duffner hier regelmäßig aufkreuzt? Der will immer noch dein Haus kaufen. Oder ist dir das egal?“
„Frau Brandner, Sie müssen verstehen, dass das mein Job ist. Ich bin nun mal Anwalt, und ich kann mir meine Aufträge nicht aussuchen. Heutzutage muss jeder sehen, wo er bleibt.“
Charly spielte nervös mit seiner Kaffeetasse.
„Sind Sie als Anwalt hier oder weil Ihnen unser Kuchen so gut schmeckt.“
„Beides“, antwortete er treuherzig.
Arthur schmunzelte. Das war eine ehrliche Antwort. Leni wollte sich allerdings damit nicht zufrieden geben.
„Also diese ‚Idylle’ soll hier weg. Wegen dem City Center West?“
Woher hatte sie die Information? Unter ihrem prüfenden Blick rutschte Charly unbehaglich auf seinem Sessel herum.
„Was genau soll denn weg?“ bohrte Leni weiter.
Er betrachtete intensiv die geblümte Tischdecke und schwieg.
„Das Haus von den Webers und noch zwei, drei andere hat er schon geschluckt. Der kleine Laden hat riesige Probleme, weil ihm die Miete so hoch gesetzt werden soll, dass das niemand bezahlen kann. Die Kita ist vermutlich auch schon zum Abriss frei gegeben. Wenn der Köhler sich jetzt auch noch dieses Grundstück einverleibt, dann hat er fast den ganzen Block. Das ist ein riesiges Areal.“
Leni war in den letzten Wochen nicht untätig gewesen. Sie hatte sich umgehört und die Informationen aus den Gesprächen in der Nachbarschaft zusammengetragen. Aber erst jetzt, während sie alles aufzählte, setzten sich die einzelnen Puzzleteile zu einem Bild zusammen.
Arthur sah sie entgeistert an. Wenn das alles stimmte, dann würde hier ein gewaltiger Neubau entstehen. Das wäre das Ende von Niederrad mit seiner gemütlichen Atmosphäre.
Er schaute Charly an. „Ist da was dran?“
Der nickte kaum merklich. Arthurs Gesicht gefror.
„Ich dachte, du kommst her, weil, na ja, wir führen ja oft interessante Gespräche.“
„Das stimmt“, beteuerte Charly.
„Hier bei euch ist es wirklich nett. Aber ich habe ja schon gesagt, ich kann es mir nicht aussuchen. Ich muss schließlich von was leben.“
Er merkte selbst, wie verlogen und weinerlich sich das anhörte. Was war los mit ihm? Es hatte ihm doch sonst nie etwas ausgemacht, Leute unter Druck zu setzen. Aber hier lief es irgendwie anders.
Das Schweigen zog sich in die Länge. Er konnte entweder aufstehen und gehen oder den beiden reinen Wein einschenken. Leni war nicht dumm, und sie wusste ohnehin schon viel über Köhlers Projekt.
„Ja, es heißt City Center West,“ bestätigte er schließlich.
Es war eine Gratwanderung. Er überlegte sich jedes Wort.
„Sie haben Recht mit dem, was Sie gehört haben. Der ganze Block soll abgerissen werden. Köhler will hier ein Zentrum hinstellen, das die neue Attraktion der Stadt wird.“
„Hab ich’s doch gewusst.“
Endlich hatte sie Gewissheit. Aber sie spürte keinen Triumph.
„Aber dieses Viertel gibt es schon lange, das ist über viele Jahre gewachsen. Das kann man doch nicht einfach kaputt machen.“ Arthur kratzte sich am Kopf.
„Und man kann mir doch nicht ernsthaft dieses Haus wegnehmen, wenn ich das nicht will.“
„Glaub mir, da gibt es Mittel und Wege. Sobald der Köhler einen Hebel gefunden hat, wo er ansetzen kann, hast du keine Chance mehr.“
Charly wusste, wovon er sprach. Er hatte oft genug selbst seine Hand im Spiel gehabt bei solchen Aktionen.
Arthur wurde blass.
„Wenn das deine Arbeit ist, dann tust du mir leid. Nimm es mir nicht übel, aber
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