Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
aus, wenn er das sieht.“
Sie lachte vergnügt.
„Das könnte interessant werden“, meinte Linse trocken, und die beiden zwinkerten sich verschwörerisch zu.
Arthur war entsetzt. Diese Linse hatte eindeutig einen schlechten Einfluss auf Leni. Die beiden kicherten herum wie zwei alberne Schulmädchen.
„Wir sind doch noch nicht scheintot“, sagte Leni, als er nach Terpentin suchen wollte.
„Das wächst wieder raus. Und dann such ich mir eine neue Farbe aus. Was hältst du von Blau?“ fragte sie mit einem unschuldigen Augenaufschlag. Etwas gequält stimmte er in das allgemeine Gelächter ein.
Es wurde Zeit, einmal ein ernstes Wort mit Linse zu reden. Zähneknirschend hatte er ihre Anwesenheit akzeptiert. Aber er wurde nicht recht schlau aus ihr.
Staunend hatte Arthur beobachtet, dass der Pavillon von Tag zu Tag besser aussah. Die Fensterscheiben waren sauber und blitzten in der Sonne. Das Steinpflaster rundherum war vom Unkraut befreit. Sogar die Clematis war zu neuem Leben erwacht und rankte ihre Triebe bis zum Dach hoch. Er hatte Linse gar nicht zugetraut, dass sie hausfrauliche Qualitäten hatte. Und kochen konnte sie auch.
Die Tür stand weit offen, und er klopfte an den Türrahmen, um sich bemerkbar zu machen. Linses rote Mähne tauchte hinter dem Seidenteppich auf.
„Komm nur rein, Arthur. Ich bin gleich fertig. Setz dich doch.“
Er sah sich neugierig um. Hier hatte sich eine Menge verändert. Die alten Korbmöbel sahen mit den bunten Kissen wieder richtig gut aus. Die Couch hatte ein blaues Kleid bekommen. Und auf dem Tisch standen Kerzen und Teelichter in bunten Gläsern. Stirnrunzelnd betrachtete er einige Bilder, die Linse an die Wand gelehnt hatte.
„Schau mal, das ist das erste Bild von Leni.“
Linse war neben ihn getreten und zeigte auf eine Leinwand.
„Was soll das darstellen?“
Er hätte nicht einmal sagen können, wo oben und unten war. Es sah aus, als hätte ein Kind eine sehr bunte Sonne gemalt.
„So hat sie sich in dem Moment gefühlt.“
„Aha.“
„Ich halte nichts davon, nach irgendwelchen Regeln zu malen. Bilder sind hauptsächlich für den Maler da. Der Betrachter ist schließlich nur Zuschauer und nicht Akteur. Er hat kein Recht, darüber zu urteilen.“
„Interessante Theorie.“
Er wünschte, sie würde einmal etwas sagen, das er auf Anhieb verstand. Diese Frau war noch viel wirrer als Leni, und mit der war es schon nicht immer einfach.
„Magst du ein Bier?“
Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern holte eine Flasche, öffnete sie und schenkte ein Glas voll.
„Ich weiß schon, warum du mit mir reden willst. Ich habe dich ziemlich überfahren mit meinem Einzug.“
Sie sah kein bisschen schuldbewusst aus.
„Ich hoffe, ich störe euch nicht allzu sehr.“
„Nein, nein“, versicherte Arthur. „Und dieser Fisch, den du gestern gemacht hast, der war wirklich Spitze.“
„Ich würde auch gerne etwas dafür zahlen, dass ich hier wohnen darf“, bot sie an.
An Geld hatte er überhaupt noch nicht gedacht. Es gab eine gemeinsame Kasse. Wer gerade einkaufen ging, bediente sich daraus. Leni zahlte ihre Miete, und auch Barbara steuerte etwas bei, obwohl Arthur es nicht annehmen wollte.
„Darum geht es nicht“, stellte er klar. „Es ist nur so, dass mittlerweile hier drei Frauen wohnen. Das ist eine äußerst merkwürdige Situation für mich. Ich will nicht über die Lästereien von der Nachbarschaft reden. Aber ob das alles so richtig ist?“
„Wer bestimmt denn, was richtig ist?“
Linse strich sich die Haare aus dem Gesicht und sah ihn aufmerksam an.
„Das versteh ich nicht.“
„Nun ja, wenn du wissen willst, ob etwas in Ordnung ist, fragst du jemand bestimmten? Oder entscheidest du das selbst?“
Das waren vielleicht Fragen! Man musste ja ein halber Philosoph sein, um da mitzukommen.
„Natürlich entscheide ich das selbst.“
„Gut so! Also noch mal von vorn: Spricht etwas dagegen, dass ich hier für eine Weile wohnen bleibe?“
Ihr freundlicher Ton milderte die Direktheit ihrer Frage. Er schüttelte verwirrt den Kopf. Wo käme man denn dahin, wenn jeder machen würde, was er wollte?
„Solange ich niemand damit weh tue, bin ich in dem, was ich tue und denke, frei.“
Linse machte kein Geheimnis aus ihrem Lebensmotto. Vielleicht sollte man sie darum beneiden, dass sie so unabhängig war. Die Schmiererei an der Hauswand fiel ihm ein. Dieser gemischter Haushalt war total harmlos. Aber das sahen die Leute offenbar ganz anders. Wie
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