Replay - Das zweite Spiel
psychischen Abhängigkeit?«, fragte er. »Ich weiß, dass wir keine körperlichen Nachwirkungen spüren werden, wenn wir zurückkommen, aber werden wir nicht auch weiterhin ein Verlangen nach dem Kick haben?«
Sie schüttelte den Kopf, während sie beobachtete, wie er die Übungsinjektion machte und die harmlose Salzlösung gleichmäßig in die hervortretende blaue Vene in seiner Armbeuge strömte. »Nicht, wenn wir es nur ein paar Mal benutzen«, sagte sie. »Warte bis zum Morgen des Achtzehnten. Nimm nur so viel, dass es dich beruhigt. Dann verdopple die Dosis bis zu der Menge, die ich dir gezeigt habe, und injizier dir das ein paar Minuten vor eins. Dann müsstest du bewusstlos sein bis zu dem Zeitpunkt, an dem … es zum Herzstillstand kommt.«
Jeff entleerte die Spritze in seinen Arm, wartete einen Herzschlag lang, bevor er die Nadel herauszog. Er warf die Spritze in den Papierkorb und rieb den Einstich mit einem alkoholgetränkten Wattebausch ab. Zwei gleiche Lederbehälter lagen auf dem Beistelltisch; jeder enthielt einen Vorrat unbenutzter steriler Nadeln und Spritzen, ein aufgewickeltes Stück Gummiband, ein kleines Fläschchen Alkohol, eine Schachtel Wattebäusche und vier gläserne Phiolen, gefüllt mit Heroin von pharmazeutischer Qualität. Es war nicht schwer gewesen, die Droge und die Ausrüstung dafür zu bekommen - Jeffs Börsenmakler hatte einen zuverlässigen Kokaindealer empfohlen, und wie sich herausstellte, war der Dealer auch für den wachsenden Heroinbedarf der oberen Mittelschicht gerüstet gewesen.
Jeff betrachtete die sorgfältig gearbeiteten Todeswerkzeuge und hob dann den Blick zu Pamelas Gesicht. Auf ihrer Stirn war eine zarte Andeutung feiner Linien. Das letzte Mal, als er sie in diesem Alter gekannt hatte, hatte sie die winzigen Falten in den Mundwinkeln und um die Augen gehabt; ihre Stirn war so glatt gewesen wie damals, als sie noch ein Mädchen gewesen war. Der Unterschied zwischen einem Leben voller Glück und einem voll unablässiger Angst war in ihre Haut eingegraben.
»Wir haben nicht gerade viel daraus gemacht, nicht wahr?«, sagte er bedrückt.
Sie versuchte zu lächeln, stockte, gab es auf. »Nein. Ich schätze, nein.«
»Nächstes Mal …«, setzte er an, dann verstummte er. Pamela streckte den Arm nach ihm aus, und sie drückten sich gegenseitig die Hände.
»Beim nächsten Mal«, sagte sie, »werden wir mehr auf unsere eigenen Bedürfnisse achten, Tag für Tag.«
Er nickte. »Wir haben diesmal irgendwie die Kontrolle verloren.«
»Ich habe mich von der Suche nach anderen Wiederholern vereinnahmen lassen. Es war lieb von dir, mich gewähren zu lassen, aber…«
»Ich wollte ebenso sehr Erfolg haben wie du«, unterbrach er sie, ihre Hand an seine Lippen führend. »Das war etwas, das wir tun mussten. Es hat niemand Schuld daran, dass es so gekommen ist.«
»Ich schätze, nein… Aber im Rückblick erscheinen diese Jahre so flau, so passiv. Aus Angst, den Kontakt, auf den wir warteten, zu versäumen, sind wir kaum aus New York rausgekommen.«
Jeff zog sie an sich und umarmte sie. »Beim nächsten Mal übernehmen wir wieder die Initiative«, versprach er. »Wir werden diejenigen sein, die bestimmen, was mit uns passiert.«
Sie wiegten sich sanft auf dem Sofa, ohne dass einer von ihnen ausgesprochen hätte, was ihnen besonders schwer auf der Seele lag - nämlich dass sie nicht wissen konnten, wie lange es dauern würde, bis sich Pamela nach seinem neuerlichen Tod wieder zu ihm gesellte … oder ob die nächste Wiederholung es ihnen überhaupt gestatten würde, wieder zusammen zu sein.
Der Heroinschlaf wurde mit schockierender Abruptheit unterbrochen. Jeff fand sich auf allen Seiten von kaskadenartig herabstürzenden Strömen weißglühender Flammen umgeben, ein zylindrischer Niagarafall aus milchigem Feuer, in dessen Zentrum er sich unerklärlicherweise befand.
Zugleich wurden seine Ohren von den plärrenden Trompeten und den übersteigerten Harmonien einer Mariachi-Band beleidigt, die mit peinigender Lautstärke ›Feliz Navidad‹ spielte.
Jeff erinnerte sich diesmal nicht daran, gestorben zu sein, entsann sich nicht der Agonie, die er jedes Mal empfunden hatte, wenn sein Herz zu schlagen aufhörte. Die Droge hatte ihren anästhesierenden Zweck erfüllt, erschwerte ihm jedoch jetzt den Übergang aus dem dumpfen Schlummer in diese verwirrende und unbekannte Umgebung. Im Kreislauf des neuen, jugendlichen Körpers, den er nun wieder innehatte, befand sich keine
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