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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Grimwood
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Band ›Cielito Lindo‹ anstimmte. Martin hatte sich eine zierliche Blondine an einem der Nachbartische ausgeguckt und hob fragend eine Braue, wollte wissen, ob Jeff vielleicht an ihrer rothaarigen Freundin interessiert sei. Die Mädchen waren Touristinnen aus den Niederlanden, erinnerte sich Jeff; er und Martin würden sie nicht rumkriegen, aber sie würden … sie hatten mit den Holländerinnen einen recht angenehmen Abend mit Trinken und Tanzen zugebracht. Klar, signalisierte er Martin achselzuckend, warum nicht?
    Was das Geldproblem anging, nun, Geld bedeutete ihm sowieso nicht viel, jedenfalls nicht im Augenblick. Er brauchte lediglich so viel, um sich über Wasser zu halten, bis Pamela auftauchte. Von jetzt an war es ein reines Geduldsspiel.
    Pam war stoned - sie war total geschafft. Was Peter und Ellen da mitgebracht hatten, war wirklich ein mörderisches Kraut, das beste, was sie seit dem Zeug, das ihr dieser Typ letzten Monat im Electric Circus gegeben hatte, geraucht hatte, und das war ihr wegen der Stroboskope und der Musik und den Feuerschluckern auf der Tanzfläche und alldem wahrscheinlich besser vorgekommen, als es tatsächlich gewesen war. Die Musik war im Moment ebenfalls toll, dachte sie, als Clapton mit dem Wahnsinnsriff begann, das in ›Sunshine of Your Love‹ überging, sie wünschte bloß, das kleine tragbare Stereogerät hätte lauter gespielt, das war alles.
    Sie schlug die bloßen Füße unter die Schenkel, lehnte sich an das große Peter-Max-Poster, das die Wand hinter ihrem Bett bedeckte, und vertiefte sich in das Backcover von ›Disraeli Gears‹. Das Auge war wirklich ein Ding, mit den Blumen, die direkt aus den Wimpern wuchsen, und den Songnamen, die über dem weißen Teil der Iris kaum sichtbar waren … und, Herrgott, da war noch ein Auge, ja wenn man genauer hinsah, schien es so, als wären da nichts als Augen, was anderes sah man gar nicht mehr. Selbst die Blumen sahen aus, als hätten sie Augen, geschlitzt wie Katzenaugen oder die eines Orientalen…
    »He, guck dir das mal an«, rief Peter. Sie blickte hoch; er und Ellen sahen sich Lawrence Welk mit abgestelltem Ton an. Pam starrte auf das Schwarzweißbild alter Paare, die eine Polka oder etwas Ähnliches tanzten, und tatsächlich schien es gerade so, als bewegten sie sich im Takt mit der Musik. Dann wechselte das Bild zu Welk, der einen kleinen Taktstock auf und nieder schwenkte, und sie musste lachen. Welk hielt genau den Takt, als dirigiere der alte Scheißer gerade ›Dance the Night Away‹ von den Creams.
    »Auf, auf, Leute, lasst uns auf die Straße runtergehn«, drängte Ellen, vom Fernsehen gelangweilt. »Alle werden heut da sein.« Die ganze vergangene Stunde über hatte sie sie dazu zu überreden versucht, das Zimmer zu verlassen und die Reise zum Adolph’s zu unternehmen. Sie hatte Recht: Es würde ein guter Abend in der College-Bar werden, es gab eine Menge zu feiern. Anfang der Woche war Eugene McCarthy verdammt nahe daran gewesen, Johnson bei den Vorwahlen in New Hampshire zu schlagen, und erst heute hatte Bobby Kennedy bekannt gegeben, er habe es sich anders überlegt und werde die Nominierungsprozedur der Demokraten doch noch durchlaufen.
    Pam zog ihre Stiefel an und schnappte sich einen dicken Wollschal und die alte Navy-Jacke vom Haken an der Tür. Ellen ließ sich Zeit, im runden Treppenhaus zur Lobby hinunterzuschreiten - seit neuestem stellte sie sich vor, die zum Wohnheim umgebaute Villa sei Tara aus Vom Winde verweht. Als sie draußen angelangt waren, stieg auch Peter ein. Er schlenderte in die angrenzende Gartenanlage hinüber und fing an, mit starkem Pseudosüdstaatenakzent echte und ausgedachte Dialogzeilen aus dem Film zu deklamieren. Doch die Märznacht war viel zu kalt, um die Spielerei lange aufrechtzuerhalten, und bald darauf marschierten sie alle drei mit knirschenden Schritten durch den Schnee zum einladenden Holzgebäude am Rand des Campus, gegenüber dem Annandale-Postgebäude.
    Im Adolph’s drängte sich die übliche Samstagabendmeute. Jeder, der das Wochenende über nicht nach New York gefahren war, landete früher oder später hier; die Bar war vom College aus nicht nur zu Fuß zu erreichen, sondern auch die einzige auf dieser Seite des Hudson, wo die langhaarigen, unkonventionell gekleideten Bard-Studenten sich entspannen und heimisch fühlen konnten. In der überwiegend konservativen Gegend nördlich von Poughkeepsie gab es einen ernsten Konflikt zwischen Stadt und Studentenschaft. Die

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