Replay - Das zweite Spiel
Bescheid sagen? Ich wette, sie möchte ebenfalls eine Menge Sachen nach Hause geschickt haben.«
»Natürlich«, sagte Pamela, »aber lasst euch nicht zu lange damit Zeit. In einer Stunde müssen wir nach Redding aufbrechen, sonst verpassen wir den Flug.«
»Wir beeilen uns, Mom«, versicherte Christopher und lief hinaus, um seine Schwester zu holen.
Pamela wandte sich zu Jeff um, ließ die Tränen hervorströmen, die sie bislang zurückgehalten hatte. »Ich will nicht, dass sie fortgehen. Es ist nur noch ein Monat bis … bis…«
Er umarmte sie, streichelte ihr Haar. »Darüber haben wir doch schon gesprochen«, sagte er sanft. »Für sie ist es das Beste, wenn sie ein paar Wochen Zeit haben, sich wieder bei ihrem Vater einzuleben und neue Freundschaften zu schließen … Das hilft ihnen vielleicht, den Schock ein bisschen besser zu verkraften.«
»Jeff, ich habe solche Angst! Ich will nicht sterben! Nicht… für immer sterben, und …«
Er drückte sie fest an sich, wiegte sie in den Armen und spürte, wie ihm seinerseits die Tränen über das Gesicht strömten. »Denk einfach daran, wie wir gelebt haben. Denk an alles, was wir getan haben, und lass uns versuchen, dafür dankbar zu sein.«
»Aber wir hätten so viel mehr tun können. Wir hätten …«
»Pst«, machte er. »Wir haben alles getan, was wir konnten. Mehr als wir beide uns erträumt haben, als wir uns auf den Weg machten.«
Sie lehnte sich zurück, suchte seine Augen, als sehe sie sie zum ersten oder letzten Mal. »Ich weiß«, seufzte sie. »Es ist nur … Ich habe mich so an die endlosen Möglichkeiten gewöhnt, an die Zeit … nicht von unseren Fehlern abhängig zu sein, zu wissen, dass wir jedes Mal zurückkehren, alles anders, besser machen können. Aber das haben wir nicht getan, nicht wahr? Wir haben die Dinge nur verändert.«
In Jeffs Bewusstsein dröhnte unaufhörlich eine Stimme. Es war bedeutungslos, wessen Stimme das war oder was sie sagte.
Pamela war tot, würde nie mehr wiederkehren. Diese Erkenntnis überschwemmte ihn wie Meerwasser eine offene Wunde, füllte seinen Geist mit allumfassendem Schmerz, wie er ihn seit dem Tod seiner Tochter Gretchen nicht mehr empfunden hatte. Er ballte die Fäuste, senkte den Kopf unter der Last des Unveränderbaren, des Unerträglichen … und immer noch lallte die Stimme ihre sinnlose Litanei: »… mal sehen, ob Charlie von Bürgermeister Koch eine Reaktion bezüglich Reagans Besuch in Bitburg bekommen kann. Sieht so aus, als würde das noch eine Menge Staub aufwirbeln. Die Ehrenlegion wird ihm deswegen aufs Dach steigen, und im Kongress beginnt es zu brodeln. Das ist… Jeff? Alles in Ordnung?«
»Yeah.« Er sah nur kurz auf. »Mir geht’s gut. Mach weiter.«
Er befand sich im Konferenzraum von WFYI in New York, dem Sender, bei dem er als Nachrichtendirektor gearbeitet hatte, als er zum ersten Mal gestorben war. Er saß am Kopfende eines langen ovalen Tisches, die Morgen- und Mittagsredakteure saßen an den Seiten, und die Reporter hielten die übrigen Stühle besetzt. Er hatte die Leute jahrzehntelang nicht gesehen, doch Jeff erkannte den Ort und die Situation augenblicklich wieder: Die tägliche Redaktionskonferenz, auf der das Nachrichtenangebot des Tages geplant wurde, soweit das im Voraus möglich war. Gene Collins, der Dienst habende Mittagsredakteur, runzelte besorgt die Stirn.
»Fühlst du dich auch bestimmt gut? Wir könnten allmählich Schluss machen. Es gibt nicht mehr viel zu diskutieren.«
»Mach nur weiter, Gene. Es geht schon.«
»Also … Okay. Jedenfalls so viel zu den Hauptstadtnachrichten und dem Lokalen. Auf der nationalen Seite haben wir das Shuttle, das heute startet, und …«
»Welches?«, krächzte Jeff.
»Was?«, fragte Gene verwirrt.
»Welches Shuttle?«
»Die Discovery. Mit dem Senator an Bord.«
Gott sei Dank! Jeff war sich nicht sicher, ob er so kurz nach Pamelas endgültigem Tod mit einer Neuauflage des Chaos und der Niedergeschlagenheit nach der Challenger- Katastrophe fertig geworden wäre. Mit etwas Nachdenken hätte er schon eher darauf kommen müssen. Reagan hatte Bitburg im Frühjahr 1985 besucht. Somit war es jetzt etwa Mitte April des gleichen Jahres, also neun oder zehn Monate, bevor das Shuttle explodieren würde.
Alle am Tisch blickten ihn merkwürdig an, fragten sich, warum er so zerstreut wirkte, so desorientiert. Zum Teufel damit! Sollten sie denken, was sie wollten.
»Machen wir Schluss, Gene, in Ordnung?«
Der Redakteur nickte
Weitere Kostenlose Bücher