Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)
Polizeiauto steigen.“
Raabe fragte: „Darf ich von Ihrem Lager aus einen Blick durch das Fenster auf unseren Dienstwagen werfen?“
„Wieso – gewiss, warum nicht?“, stotterte der Mann verwirrt. „Bitte kommen Sie.“ Raabe folgte ihm zu dem Hinterzimmer. Knöpfle sah ihm kopfschüttelnd hinterher. An der hinteren Wand standen Kübel mit Blumen, ringsum lagerten Keramiktöpfe und allerlei Geräte, insofern war die Bezeichnung Lager wohl gerechtfertigt. Raabe verband mit diesem Wort eigentlich einen großen Raum, eine Halle und nicht eine Art Kammer wie diese, halb so groß wie der Laden selbst. Man konnte durch das Fenster tatsächlich den grün-weißen BMW stehen sehen.
„Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass der Kunde mit den Rosen nicht in den Polo gestiegen ist, mit dem er gekommen war? Er hatte ihn genau da abgestellt, wo jetzt unser Streifenwagen steht.“
„Das konnte ich nicht beobachten, ich war ja im Laden, als er kam und nicht im Lager – auch als er ging. Später habe ich den Polo an dieser Stelle stehen sehen, freilich ohne zu wissen, wer ihn dort abgestellt hatte. Der Kunde war außerdem mit seinen fünf Rosen von hier aus quer über die Straße zur U-Bahn-Station gerannt und darin verschwunden.“
Die Polizisten bedankten sich und verließen den Laden.
Raabe kramte sein Mobiltelefon hervor und veranlasste, die Treppe zu dieser U-Bahn mit Spürhunden abzugehen, ohne sich viel davon zu versprechen.
„Und jetzt zur Hellmann-Schule“, sagte Raabe, als sie wieder draußen waren. Der Verkehr war dicht. Sie kamen nur im Schritttempo voran.
„Der Kerl gefällt mir nicht, irgendetwas stimmt nicht mit ihm.“
„Sie misstrauen ihm, obwohl er so bereitwillig Auskunft gegeben hat?“
„Gerade deshalb, und mit so viel Eifer. Und er hatte Angst. Wir müssen so viel wie möglich über ihn in Erfahrung bringen.“
„Zu etwas war die Befragung gut“, sagte Knöpfle nach einer Weile, „wir wissen definitiv, dass der Pauker nicht geflohen, sondern entführt worden ist, denn wer kauft schon auf der Flucht fünf Rosen!“
„Wenn wir dieser Aussage tatsächlich Glauben schenken können.“
„Dass der Pauker die Rosen gekauft hat?“
„Hm.“
„Also – der Verkäufer konnte doch belegen, dass …“
„... dass gestern kurz vor zwei jemand zweiunddreißig Euro fünfzig bezahlt hat. Für fünf Rosen, vermutlich. Das konnten Hinz und Kunz gewesen sein.“
„Passt aber gut zu einem fünften Hochzeitstag.“
Knöpfle verzog sein Gesicht und legte den zweiten Gang ein, der Verkehr kam langsam ins Rollen. Raabe lachte kurz auf: „Das stimmt, außerdem halte ich selbst nicht viel von solchen juristischen Spitzfindigkeiten. Aber der Kerl weiß was und verheimlicht es. Warum und was, das möchte ich gerne wissen.“
„Ich fang morgen gleich damit an. Versuche es zunächst im Internet.“
„Gute Idee.“
„Du lieber Himmel!“, Raabe schlug sich an die Stirn. „Ich habe was Wichtiges vergessen – muss dringend daheim anrufen!“
„Ich vertret mir derweil die Beine“, sagte Knöpfle und stieg aus. Raabe kramte sein Handy hervor und grinste, als der andere sich draußen eine Zigarette anzündete – die Gelegenheit für ein paar Züge war ihm sehr zupassgekommen. Marion meldete sich sofort und er sprudelte hervor: „Schatz, mir fällt siedend heiß ein, dass Dr. Moser dich in einer Stunde zu einem Gespräch im Literaturhaus erwartet. Unten im Restaurant, zum Mittagessen. Hab ich total verschwitzt – es tut mir so leid!“
„Schade, dass ich dich jetzt nicht umarmen und ganz fest drücken kann. Nicht, weil du es verschwitzt hast, sondern weil es dir gerade noch rechtzeitig eingefallen ist. In einer Stunde – das schaff ich glatt, tschüss!“
Dieser Galerist hatte Marions Ausstellung im Bürgerhaus besucht und im Verlaufe des Nachmittags sogar am Piano hinter dem Paravent eine Stunde lang sanfte Hintergrundmusik kreiert. Raabe gegenüber hatte er geäußert, dass erst ein geeigneter Rahmen ihren Gemälden gerecht werden würde, und ihn letzten Freitagvormittag im Amt angerufen, da er Marion nicht erreichen konnte, und diesen Termin mit ihm vereinbart – „Falls Ihre Gattin an einem Gespräch in der Angelegenheit interessiert ist. Falls nicht, bitte ich um kurze Nachricht auf den Anrufbeantworter.“
Eugen Krüger, der Hausmeister, war schlecht gelaunt. „Ich habe der Polizei gestern alles haarklein berichtet und heute in aller Frühe zu Protokoll gegeben und mehr weiß ich
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