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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Reuther
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allein.“
    „Danke!“ Knöpfle strahlte und wunderte sich – so kannte er den Boss überhaupt nicht – und sauste davon. Als Raabe kurz darauf mit seinem Golf den Parkhof verließ, sah er Knöpfle die Straße überqueren und auf eine atemberaubende Schönheit zugehen, die einem Cabriolet entstieg und ihm zulachte. „Donnerwetter!“, entfuhr es dem Hauptkommissar und Marions Maskottchen nickte ihm vom Innenspiegel herunter zu.
     
     
     
     
     
    ***
     
    Edmund stockte für Sekunden der Atem. Es kam ihm ganz und gar unwirklich vor, hier plötzlich jemandem von oben gegenüberzustehen. Im nächsten Augenblick erhellte sich sein Gesicht und er rief aus: „Ja, wir sind uns tatsächlich schon begegnet, irgendwann. Ich traf Sie mit meinem Schulkameraden Gustav Ketteler, vor zwei oder drei Jahren unter der Hauptwache, vor dem Eingang zum Kaufhof. – Ich geh zum Kiosk was trinken, kommen Sie mit?“
    „Tut mir leid, ich habe irre Kopfschmerzen und gehe schlafen, wir sehen uns noch. Gute Nacht.“
    Edmund trank ein eisgekühltes Cola und lief vom Kiosk aus zerstreut in die falsche Richtung. Er kam nicht zurecht. Die Gassen und Pfade waren sich alle verteufelt ähnlich und niemand war zu sehen weit und breit. Er suchte „seine“ Adlergasse und stand mit einem Mal auf dem Parcivalkreis. Auf der Bank vor einem Springbrunnen saß Gerd, in Gedanken vertieft.
    „Störe ich?“
    „Im Gegenteil. Sie unterbrechen den Teufelskreis meiner Gedanken – das ist gut.“
    „Ich habe mich verlaufen! Musste dringend was Kaltes trinken und verließ mein Gelass. Wenn du nichts dagegen hast, setz ich mich einen Augenblick zu dir. Sag mal, wie bist du hierher gelangt – nach Repuestos meine ich.“
    „Als ich am Ende der Osterferien, die ich bei meinen Großeltern in Bayern verbracht hatte, mit der Bahn nach Frankfurt fuhr, wurde ich am Hauptbahnhof von zwei Sanitätern empfangen. Sie behaupteten, meine Eltern seien an dem Nachmittag mit dem Wagen verunglückt, die Mutter sei schwer, der Vater leicht verletzt und beide seien ins Lukaskrankenhaus in der Niederräder Landstraße gekommen. Wir fuhren in die Klinik. Sie begleiteten mich bis zum Lift hinter der Notaufnahme im Erdgeschoss, behaupteten, meine Mutter sei im OP unten im Keller und mein Vater warte im Gang davor auf einer Bank auf den Ausgang der Operation. Ich stieg in den Aufzug, drückte den Knopf U für Untergeschoss, doch der Aufzug hielt nicht an, sondern raste mit mir in nicht enden wollende Tiefe – weiter brauch ich wohl nichts zu sagen. Hannelore Voß empfing mich im Orchideenhaus.
    Edmund hatte ein Gefühl, als trüge er einen Kragen, der sich mehr und mehr zusammenzog.
    „Sind dir noch andere Einstiege in diese Unterwelt bekannt?“
    „Ich glaube, es sind fünf. Über jedem Restaurant einer. Ist das von Bedeutung?“
    „Möglicherweise. Ich muss darüber nachdenken.“
    Männer und Frauen spazierten bedrückt umher, viele Frauen waren schwanger.
    „Vor denen, die es nicht sind, nehmen Sie sich besser in Acht“, sagte Gerd. Edmund hörte nur mit halbem Ohr zu. Er war in Gedanken noch im Lukaskrankenhaus, wo er vor einem Jahr seine Mutter besucht hatte.
    „Bleibst du noch lang hier sitzen?“
    „Nein, ich schiebe in der Bowlingbar noch eine Kugel. Das macht mich müde und ich kann vielleicht schlafen.“
    „Mach das. Wie komme ich zurück zur Adlergasse?“
    „Hier den Lilienpfad runter bis an sein Ende und schon sind Sie da. Rechts herum kommen Sie zu Ihrer Nummer.“
    „Danke. Gute Nacht.“
    Edmund war nicht nur hellwach, sondern auch total aufgekratzt. Auf halbem Weg zur Adlergasse blieb er vor dem Bistro Ferdinand stehen und betrat nach kurzer Überlegung das Lokal. Mit seinen golddurchwirkten, altrosa Seidentapeten und Möbeln aus Nussbaumholz und blanken Messingbeschlägen wirkte es gemütlich und bot angenehmen Kontrast zu dem üblichen Blau-Weiß. Es gab fünf Minitische, aber keinen freien Platz. Sein Blick schweifte zu dem jungen Mann hinter der Bar, der Gläser mit Saft füllte. Er nickte Edmund zu und wies auf die freien Barhocker.
    „Was darf es sein?“ Der Mann war klein und wirkte beunruhigt.
    „Ein belegtes Brötchen und ein Bier, bitte.“
    „Bier ist nicht. Dachte mir gleich, dass Sie neu hier sind, habe Sie noch nie gesehen. Ich bin Ferdinand. Alkohol nur in der Disko von Sonntagmittag bis Montag früh.“
    Ferdinand legte ein Schinkenbrötchen in einer Serviette vor ihn auf den Tresen, stellte eine Tasse Kaffee

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