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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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brauchte Carol mehr denn je. Die Empfindungen, die er jahrelang unterdrückt und kontrolliert hatte, brachen ungestüm hervor. Er schwitzte wieder, sein Atem ging rasselnd. Bilder von Anderson, tot, verstümmelt, aufgeschlitzt, überlagerten Carols Gesicht, verwirrten ihn, quälten ihn. Er hörte sich rhythmisch stöhnen, ihren Namen rufen, während er die Hand immer schneller bewegte und das Glas des Bilderrahmens in seiner Hand knisterte. Er bog den Rücken unter Qualen von Lust, Hass und Leidenschaft, schrie auf, als der Höhepunkt kam, und konnte nicht sagen, ob er zuletzt Carols oder Andersons Namen geschrien hatte.
    Es herrschte Stille. Allmählich stellten sich die Geräusche wieder ein. In der Küche wurden im Radio die 20.30-Uhr-Nachrichten angekündigt; anzüglich gurgelnde Geräusche ertönten in den Wasserleitungen. Sein Kopf wurde klar. Er konnte sich nicht davonstehlen. Sie musste sterben, bevor es um seine Selbstbeherrschung geschehen war. Die einzige Frage blieb, wie und wann.
    Mit angeekelter Miene warf er den feuchten Bademantel und die Bettdecke auf den Boden und ging zur Dusche zurück.

43
    Fenwick war wütend und beruhigt zugleich, als er erfuhr, dass seine Taubheit die Folge des Schocks und nicht irgendwelcher körperlicher Verletzungen war, dass sein Gehör also jederzeit zurückkommen konnte. Am Freitagnachmittag verließ er das Krankenhaus auf eigenen Wunsch. Er tat es gegen den Rat des Arztes, und er musste zwei verschiedene Formulare ausfüllen, mit denen er bestätigte, dass jedwede Konsequenz seines Handelns allein auf seine Verantwortung gingen. Sie gaben ihm einen Termin für eine ambulante Behandlung am kommenden Montag. Er betrachtete den Zettel verdutzt und warf ihn in den nächstbesten Abfalleimer. Er konnte es kaum erwarten, nach Hause zurückzukehren und die Kinder zu sehen. Das Kindermädchen hatte Verstand genug gehabt, seine Verletzungen herunterzuspielen, Bess und Chris vom Krankenhaus ferngehalten und Fenwicks Mutter aus dem Urlaub zurückgeholt. Aber trotz aller Beruhigungen und ständiger Fürsorge brachen Bess und Chris in Tränen aus, als er das Haus betrat und sich unter Schmerzen bemühte, nicht zu hinken. Er wusste, er sah schrecklich aus, und seine Taubheit verwirrte sie, aber nachdem sie zwei Stunden lang zusammen Zeichentrickfilme angesehen hatten, waren sie so weit beruhigt, dass er ein kurzes Nickerchen machen konnte. Als er aufwachte, schliefen sie beide fest, Chris hatte die Hand schützend auf seine gelegt.
    Am Nachmittag begann ein nervtötendes Klicken im rechten Ohr, dem feuchte, ploppende Laute folgten, als würden Luftbläschen zerplatzen. Sein linkes Ohr stellte sich noch tot. Der Nachmittag war eine Katastrophe. Er bestand darauf, Dougs Witwe zu besuchen, und verbrachte eine endlos lange halbe Stunde mit ihr, während deren er sich hilflos fühlte und sich von der armen Frau Tee machen und wegen seiner Taubheit bedauern ließ. Ihre Schwester und ihre Schwägerin waren da, aber in seinem Zustand gesteigerter Wahrnehmung spürte Fenwick die Leere in dem Raum und nahm die Schwärze der Trauer wahr, die Doris für alle Zeiten von dem einzigen menschlichen Trost trennte, den sie wirklich brauchte.
    Sein Büro durfte er nicht betreten. Der Assistant Chief Constable bestand auf völliger Ruhe und war schlau genug gewesen, sich von Fenwick ein diesbezügliches Versprechen geben zu lassen. Er war sich selbst überlassen. Er schlich durch das Haus und versuchte halbherzig, längst überfällige Reparaturen zu erledigen, die Kinder zu beruhigen, das konstante Rauschen in seinem rechten Ohr zu ignorieren.
    Um die Mittagszeit schaute Cooper mit zwei neutralen braunen Plastiktüten unter dem Arm vorbei. Aus einer zog er eine Flasche zwölf Jahre alten Malzwhiskey, aus der anderen einen Stapel Berichte. Er sah in die Flammen des Kaminfeuers, das angezündet war, um eine frohe Atmosphäre zu schaffen, nicht Wärme, während der Chief Inspector den Inhalt der Flasche sowie die detaillierten Berichte abarbeitete.
    «Was wird er als Nächstes tun?», fragte er Cooper schließlich. Beide wussten, dass er von Rowland sprach.
    Cooper sprach langsam und deutlich und bewegte übertrieben die Lippen. «Er gibt nicht auf. Er wird es wieder versuchen.»
    «Glaube ich auch. Er hat zu viel investiert. Ich gehe davon aus, dass Andersons Haus in London überwacht wird?»
    Cooper nickte.
    «Irgendwelche Aktivitäten?»
    Cooper schüttelte den Kopf.
    Es folgte ein längeres, von leisem

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