Requiem für eine Sängerin
aber ich kann nicht warten – ich habe einen Abgabetermin und nur ein paar ganz simple Fragen. Bitte?» Er hörte sich jung, eifrig und nervös an. «Ich bin sicher, Sie könnten mir die Namen einiger Veteranen nennen.» Er ließ sie plappern, ihm Fragen stellen, nach seiner Legitimation fragen – ja, sie würde recherchieren und ihn zurückrufen.
Jason MacDonald war höchst verschlagen. Er hatte auf diese Weise viele Artikel zusammenbekommen, und die Leute waren stets hilfsbereit. Er wiegte sie in dem Glauben, dass sie alles unter Kontrolle hatten, und dann – ein verspäteter Einfall. «Oh, mir fällt gerade ein toller Bursche ein, den ich mal kannte – kam an unsere Schule, habe ihn öfter in der Stadt gesehen. Wie hieß er doch gleich? Don? Doug? – Ja, so ist es, Doug Sowieso. Der wäre genau der Richtige.» Er hörte sie tief Luft holen und wusste, er hatte einen Treffer gelandet. «Ja, Doug. Ein echter Gemeindepolizist, sehr seltene Art. Und er liest unsere Zeitung. Ich bin sicher, er würde seinen Namen gern darin wiederfinden.»
«Nein, nicht Constable Adams, der ist … unabkömmlich.»
«Aber er wäre perfekt, der gute alte Doug.» War das ein unterdrücktes Schluchzen? Ja, sie weinte. «Alles in Ordnung? Was ist los, meine Beste? Kommen Sie, Doug wäre ideal.»
«Nein, tut mir Leid. Sie können nicht … jetzt nicht. Bitte, ich muss los.»
Der Hörer wurde aufgelegt, aber das störte MacDonald nicht. Wenn seine Ahnung richtig war, kannte er jetzt den Namen des Opfers: Constable Douglas Adams. Nur hinter den Zusammenhang musste er noch kommen. Die Zeit verstrich. Wenn er eine überregionale Zeitung anrufen und der Erste sein wollte, musste er ein paar Risiken eingehen. Wenn er sich beeilte, konnte er den Namen sogar dem Londoner Evening Standard für eine aktuelle Meldung im West End Final verkaufen.
Er rief die Nachrichtenredaktion an und wurde zu einem hartgesottenen Redakteur durchgestellt. Der war anfangs höchst skeptisch, aber MacDonald wich nicht von seiner Geschichte ab. Er kannte die Namen zweier Opfer des Bombenanschlags und glaubte, dass das Attentat in Zusammenhang mit den Mordermittlungen stand, die Presse und Fernsehen durch den langweiligen Sommer brachten. Woher er das wusste? Er hatte ein wenig Glück und den Mumm, etwas daraus zu machen. Die Männer an beiden Enden der Leitung beschnupperten einander. Beide riskierten etwas; MacDonald, dass sein Name nicht genannt werden würde; der Redakteur, dass es sich um einen Scherz handelte. Beide überwanden ihre Bedenken, und der Redakteur versprach, sich darum zu kümmern. Die Einzelheiten über das Honorar, falls die Informationen verwendet wurden, interessierten Jason nicht. Er wollte als Koautor des Artikels genannt werden. Ihm wurde gesagt, dass man darüber reden könne, wenn er Recht habe.
Er kehrte in die Kathedrale zurück und war in der Stimmung, ein weiteres Risiko einzugehen. Mit seinem neuen Selbstvertrauen fiel es ihm leicht, bei der Lokalzeitung anzurufen und Dave, den Fotografen, anzufordern. Er hatte schon bei brennenden Heuschobern, Autounfällen und Baby-Shows mit ihm zusammengearbeitet. Dave war frei und bereit zu kommen. In der Kathedrale hatten einige Männer angefangen, die lange Empore über dem Kirchenschiff abzusuchen, während andere unten weitermachten. MacDonald wartete ungeduldig.
Dave traf ein und nahm unauffällig auf einer Bank Platz; Jason konnte sehen, dass er die Kamera bereithielt. Zeit verging. Es schlug vier, dann Viertel nach. Nahe einer Tür des Kirchenschiffs, von wo eine Treppe nach oben führte, herrschte ein mittlerer Aufruhr. Mehrere der Suchenden gingen hinüber. Jasons Daumen kribbelten wieder; sie hatten gefunden, wonach sie gesucht hatten. Dave stand auf. Die Tür zu der Empore stand offen und war unbewacht, der Suchtrupp drängte die schmale Treppe hinauf.
Die beiden Reporter folgten und blieben oben stehen, um die Lage zu sondieren. Eine dicht zusammenstehende Gruppe betrachtete etwas auf dem Boden. Sechs Männer und der Ältere in der Tweedjacke schienen in eine alte Truhe zu sehen. Man konnte unmöglich erkennen, was darin war. Jason nickte Dave zu, worauf der Fotograf losrannte. Er machte zwölf bis fünfzehn Aufnahmen, wobei er die Kamera wahllos über ihre Köpfe auf die Truhe richtete; verblüffte Gesichter wurden ihm zugewandt; er wich zurück, machte noch eine Aufnahme der Gruppe und verschwand.
Die Polizisten versuchten, ihm zu folgen, aber MacDonald versperrte ihnen den
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