Requiem für eine Sängerin
Weg zur Treppe. Er sah Dave aus der Kathedrale laufen, ehe jemand ihn aufhalten konnte, entspannte sich und lächelte.
«Was, zum Teufel, haben Sie hier zu suchen?»
Er hatte Recht gehabt, der Polizist in der Tweedjacke schien der Boss zu sein.
«Mein Name ist Jason MacDonald, ich bin Redakteur bei der Chichester Times . Ich würde den Herren gern ein paar Fragen über ihren heutigen Fund stellen.»
«Kein Kommentar. Und jetzt gehen Sie aus dem Weg.»
«Vielleicht könnten Sie mir sagen, was das alles hier mit der Bombenexplosion heute Nachmittag in Richmond zu tun hat, bei der Chief Inspector Fenwick verletzt und Constable Adams getötet wurde?»
«Woher wissen Sie …?» Das Gesicht des Mannes wechselte innerhalb von Sekunden von Rot zu Scharlachrot, zu Grau und dann wieder zu Rot. Die Männer hinter ihm blickten erschrocken drein.
«Verschwinden Sie, MacDonald. Ich habe gesagt: Kein Kommentar . Geben Sie den Weg frei, oder ich lasse Sie wegen Behinderung verhaften.»
MacDonald verzog sich und sprach seine Gedanken in ein Diktiergerät, während er halsbrecherisch, mit einer Hand am Steuer, zur Redaktion zurückfuhr. Er wusste immer noch nicht mit Sicherheit, was sie in der Kathedrale gefunden hatten, aber der Rest fügte sich wunderbar zusammen. Später saß er an seinem Schreibtisch und überlegte, welcher Zeitung er die Exklusivrechte verkaufen sollte, als sein Chefredakteur ihn anrief. Der ganze Nachmittag war reine Zeitverschwendung gewesen. Die Polizei bestand auf einer totalen Nachrichtensperre, was die Kathedrale betraf, und alle Fakten über den Bombenanschlag wurden bereits in den Vorabendnachrichten gesendet.
Fenwick erwachte unter Schmerzen, als würde ein Schlagbohrer hinter seinen Augen in den Schädel gebohrt. Als die weißen Wände und die Decke verschwommen Gestalt annahmen, war sein erster Gedanke, dass es wie eine Einstellung in einem Film war. Das Gesicht einer Frau kam und ging, die Hand eines Riesen wurde auf seine Stirn gelegt. Er machte die Augen zu und versuchte, die Schmerzen zu verdrängen. Er wollte die Hand heben und sich an den Kopf fassen, verlor aber das Bewusstsein, bevor ihm wieder einfiel, wie man das machte.
Als er das nächste Mal zu sich kam, konnte er deutlicher sehen. Vor dem Fenster herrschte Dunkelheit. Zwei oder drei Leute saßen gerade außerhalb seines Gesichtsfeldes am Bett. Er drehte den Kopf ein wenig, damit er sie besser sehen konnte, worauf stechende Schmerzen ihm den Schädel von einem Ohr zum anderen zu spalten schienen; so sehr, dass ihm der Schweiß ausbrach und er würgen musste. Einer der Besucher kam näher ans Bett. Es war Cooper. Fenwick machte sich Sorgen wegen seines Äußeren; Cooper sah alt und grau aus.
Cooper bewegte die Lippen, aber es war kein Ton zu hören. Er musste seine Stimme verloren haben. Fenwick wollte ihm sagen, dass er lauter sprechen sollte, doch er vernahm kein Wort. Nun sah Cooper nicht nur alt, sondern auch besorgt aus. Fenwick machte die Augen zu und fiel in einen leichten Schlummer.
Als er wieder erwachte, spürte er Bewegungen an seiner Seite. Allmählich fiel ihm auf, dass nicht die geringste Geräuschkulisse existierte. Er befand sich eindeutig in einem Krankenhaus – hier hätte es Geräusche geben müssen, das Scheppern von Rollwagen, das Klappern der Arzneimitteltabletts, Stimmen von Besuchern, irgendwo im Aufenthaltsraum einen Fernseher. Nichts. Cooper war immer noch da und stellte seine besorgte Miene zur Schau. Er rief eine Schwester hinzu, und sie redete auf Fenwick ein. Er versuchte, etwas zu sagen. Er glaubte zu sagen: «Ich kann Sie nicht hören», aber nicht einmal in seinem Kopf erklangen die Worte tatsächlich laut.
42
Am Freitag brachten sämtliche Zeitungen ausführliche Berichte über den Bombenanschlag, mit Namen und Fotos der vier Opfer. Im Mirror fand sich ein kurzer Beitrag von J. MacDonald, der in zwei kurzen Abschnitten Spekulationen darüber anstellte, dass es einen unbekannten Zusammenhang mit dem wunderschönen Opernstar Octavia Anderson geben musste. Kein Wort über die Kathedrale, auch kein Foto von dem, was in der Eichentruhe gefunden worden war. Dave war gezwungen worden, den Film unentwickelt zu übergeben.
Rowland las alle Zeitungen, während er die Nachrichtensendung Today mithörte. Ein Fernseher lief stumm in einer Ecke des Raumes. Sein Foto war überall; sein Name stand offen in sämtlichen Artikeln, ebenso wie der von Chief Inspector Fenwick. Die Polizisten machten kein
Weitere Kostenlose Bücher