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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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Geheimnis daraus, dass sie dringend mit ihm sprechen wollten, und warnten gleichzeitig die Öffentlichkeit, ihm in die Quere zu kommen. Er war so sicher gewesen, dass sie die Zusammenhänge nicht herausfinden würden, und hatte sich daher nicht die Mühe einer Verkleidung gemacht. Das war ein schwerer Fehler gewesen, den er allerdings schon beseitigt hatte. Er stand auf und betrachtete sich in dem kleinen, rissigen Spiegel. Ein Fremder sah ihn an, auch ohne die Wangenpolster, die er anlegen würde, bevor er sich wieder in die Öffentlichkeit wagte.
    Er faltete die Zeitungen ordentlich zusammen und machte sich an sein tägliches Fitnesstraining, während das Radio im Hintergrund lief. Ein Bericht über die Morde wurde gesendet, in dem sein Name ununterbrochen genannt wurde. Er rackerte immer schneller und heftiger, je länger der Bericht dauerte. Schweiß lief ihm über das Gesicht, durchnässte sein T-Shirt, tropfte auf den Boden; er verkrampfte die Muskeln, und die Anstrengung war ihm deutlich anzusehen. Er beachtete die Schmerzen in der Schulter nicht, wo sich ein enormer Bluterguss bildete, da eine Kugel seine gepanzerte Weste getroffen hatte. Sein Atem ging schneller, blieb aber konstant und beherrscht. Er trainierte den ganzen Bericht über und weiter bis zur zweiten stündlichen Nachrichtensendung. Als die Acht-Uhr-Nachrichten zu Ende waren, machte er ein paar langsame Entspannungsübungen und duschte.
    Er musste davon ausgehen, dass seine Vorbereitungen in der Kathedrale wertlos waren. Sie mussten das Gewehr und die Spezialmunition gefunden haben. Sie hatten zwar sorgfältig darauf geachtet, dass nichts davon in der Presse erwähnt wurde, aber Rowland war fest entschlossen, sie nicht noch einmal zu unterschätzen. Während ihm das Wasser wie Nadeln auf Kopf und Schultern prasselte und Gesicht und Kopfhaut massierte, dachte er nach. Die anfängliche Wut auf sich selbst und die Polizei war einer Ziellosigkeit gewichen, wie er sie noch nie erlebt hatte. Nun fing er, nach den stimulierenden Übungen erfrischt, endlich wieder an, zielstrebig zu denken.
    Hier war er in Sicherheit – ein letztes Versteck, das er gewohnheitsmäßig eingerichtet hatte, ohne einen Gedanken daran, dass er es je benutzen würde, außer vielleicht, um nach dem Anschlag in der Kathedrale kurz unterzutauchen. Im Keller und im Kühlschrank befanden sich Vorräte, mit denen er Wochen überstehen konnte; es gab jede Menge frisches Wasser und keine Nachbarn. Im Schuppen hatte er ein nagelneues Fahrrad verstaut, Kleidung für den Notfall und Theaterschminke und Haarfarbe, von der er schon Gebrauch gemacht hatte. Er betrachtete das Wasser, das zu seinen Füßen abfloss. Es war klar; die Farbe war vollständig absorbiert.
    Er blinzelte und trocknete sich ab, wobei er unbewusst die Schultermuskulatur massierte und die Waden knetete. Ihm standen vier Möglichkeiten offen: das Attentat auf Anderson aufzugeben, es auf einen unbestimmten Zeitpunkt zu verschieben, es sofort in Angriff zu nehmen, was einen Überfall auf ihr Haus bedeutete, oder mit einer Variation des Plans in der Kathedrale fortzufahren.
    Er konnte sie nicht davonkommen lassen. Die Gerechtigkeit verlangte ihren Tod, ihre Hinrichtung. Sonst waren alle anderen umsonst gestorben. Eine Verschiebung wäre die vernünftigste Lösung gewesen, aber schwer zu akzeptieren. Er war ihr zu nahe gekommen, um jetzt einfach aufzugeben. Außerdem wusste er nicht, welche Pläne sie nach dem kommenden Montag hatte. Eine Verzögerung bedeutete, er würde ganz von vorn anfangen müssen. Damit konnte er sich nie und nimmer abfinden.
    Als er in einen weiten Bademantel gehüllt war, traf er seine Entscheidung. Er würde seine Pläne für Montag ändern. Die Bestie in seinen Lenden erwachte zum Leben, als er sich entschieden hatte. Er stellte sich Andersons Gesicht vor, die ängstlich aufgerissenen Augen, den schlanken Hals, den er brechen oder aufschlitzen konnte. Der Gedanke war auf eine zutiefst widerliche Weise erregend. Das Töten hatte ihn bislang noch nie erregt, und er nahm die Auswirkungen, die die Phantasie ihrer Hinrichtung auf seinen Körper hatte, amüsiert zur Kenntnis. Er wünschte sich so sehr, sie zu töten, mehr, als er sich jemals etwas gewünscht hatte.
    Von dem Foto auf seinem Nachttisch lächelte Carol ihn an. Die alte, vergessene Sehnsucht nach ihr überkam ihn. Stöhnend warf er sich auf das Bett, ergriff mit einer Hand das Bild und streichelte und rieb sich selbst mit der anderen. Er

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