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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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die Augen auf, starrte in die Dunkelheit und versuchte sich zu erinnern, wo sie war. Einen Moment lang wähnte sie sich noch in einem Albtraum. Sie hatte kaum noch Gefühl in den gefesselten Armen und Beinen, spürte aber dennoch brennende Schmerzen, die sich in Wellen von ihren Fingern bis zu den Zehen ausbreiteten. Dann riss eine besonders heftige Windbö den Vorhang von seiner Stange und ließ eine Andeutung des Sturmlichtes herein.
    Deborah erhaschte einen Blick auf die weißen Fesseln um ihre Knöchel, und mit einem Schlag kehrte die Erinnerung zurück. Ein jämmerlicher Aufschrei entrang sich ihrer trockenen Kehle, und als sie einmal angefangen hatte, konnte sie nicht mehr aufhören. Sie schrie und schrie, und allmählich wandelten sich die Schreie zu Hilferufen.
    «O Gott, hilf mir. Bitte. O Mummy, o Gott, helft mir, bitte helft mir. Helft mir. Womit habe ich das verdient? Lieber Gott, erbarm dich meiner, lass mich nicht sterben. Bitte, lieber Gott, lass mich nicht sterben. Mummy …»
    Er saß vor der Tür, entspannt und doch aufmerksam, obwohl er seit vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen hatte. Er hörte ihr Jammern und wusste, dass er sie soweit hatte. Noch ein paar Stunden, und er konnte anfangen.

5
    In Harlden, Nummer 24 Meadow Gardens, nahm das Leben seinen gewohnten Gang, bis Derek Fearnside um 18.30 Uhr nach Hause kam. Er war überrascht, das Haus an dem milden Frühlingsabend dunkel und verlassen vorzufinden, aber beruhigt, als er sah, dass auf dem Anrufbeantworter drei Nachrichten waren.
    «Hallo, Debbie, hier ist Mavis. Es ist halb sechs. Du hättest wenigstens anrufen und mir sagen können, dass es später wird!» Der entspannte Tonfall nahm den Worten ihre Schärfe. «Die Kinder fragen schon, was los ist. Solltest du noch mal nach Hause kommen, ruf bitte kurz an und lass mich wissen, wann du hier sein wirst. Danke.»
    Derek, der die Post durchblätterte, hörte nur mit einem Ohr zu und wartete ungeduldig auf die Nachricht seiner Frau, die sicher als Nächstes gespeichert war.
    «Hallo, Debbie, hier ist Leslie. Ich wollte dir nur sagen, dass der Ausflug zum Rektor ein Fiasko war – du machst dir keine Vorstellung. Ich will die Geschichte nicht verderben. Ruf mich an, wenn du zurück bist. Übrigens hast du gesagt, du würdest versuchen, sie zu überreden, dass sie mich später abholen. Da du dich nicht gemeldet hast, nehme ich an, dass das nicht möglich war. Ruf an. Tschüs.»
    Derek blickte vom letzten Kontoauszug auf und hörte zum ersten Mal richtig zu. Wollte Debbie nicht mit Leslie unterwegs sein? Was hatte diese Nachricht zu bedeuten?
    «Hallo, Debbie, ich bin’s noch mal, Mavis. Es ist jetzt nach sechs, und die Kinder werden unruhig. Ich hoffe, es ist alles in Ordnung. Ruf mich an, so schnell du kannst, Liebes. Bis bald.»
    Derek drückte den Replay-Knopf und hörte sich alle drei Nachrichten aufmerksam an. Es war gleich Viertel vor sieben. Seine Frau hätte schon seit über zwei Stunden zurück sein müssen. Wo steckte sie? Von irgendwelchen Zugverspätungen hatte er nichts gehört, und dann war da die zweite Nachricht von Leslie. Er hätte schwören können, dass die beiden den Tag gemeinsam hatten verbringen wollen.
    Etwas Kaltes krampfte ihm den Magen zusammen. Seine rationale Seite redete ihm unablässig ein, dass er sich keine Sorgen machen solle, dass es eine vollkommen logische Erklärung für alles gebe … nur fiel ihm im Augenblick keine ein. Er sah, dass seine Hände zitterten, als er nach dem Adressbuch griff, und er verfluchte sich für die abergläubische Furcht, die Nervosität könnte seine schlimmsten Befürchtungen Wirklichkeit werden lassen.
    «Sei nicht albern», sagte er laut zu sich selbst. «Sie wird jeden Moment kommen und irgendwas von einem langen Einkaufsbummel erzählen», (aber es ist Montag, beharrte sein Verstand), «oder von Drinks mit dem Fotografen. Dummes Weib.»
    Aber noch während er sich das einredete, kam es ihm falsch vor. Was für Fehler sie auch immer haben mochte, nie hätte Deborah die Kinder vergessen. Als das Telefon klingelte, zuckte er zusammen und ließ das Adressbuch fallen. Er riss den Hörer hoch und hörte eine Frauenstimme am anderen Ende.
    «Debbie, bist du das?», bellte er, und eine Mischung aus Wut und Erleichterung schnürte ihm die Kehle zu. «Wo zum Teufel steckst d …»
    «Hallo, Derek, nein, hier ist Mavis Dean. Ich hatte gehofft, Debbie wäre zu Hause. Offenbar ist sie es nicht.»
    Ein paar Sekunden lang stand Derek

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