Requiem für eine Sängerin
getaugt hätte.
Die Pathologie war diskret in einem Seitenflügel des Krankenhauses untergebracht. Als Fenwick dort auftauchte, war Pendlebury gerade im Aufbruch begriffen.
«Immer noch hier?»
«Was dagegen? Ich dachte, Sie brennen auf meinen Bericht.»
«Was haben Sie für mich?»
«Den Bericht kriegen Sie morgen früh.»
«Kommen Sie schon!»
«Unterbrechen Sie mich nicht. Glauben Sie wirklich, ich würde Sie so lange warten lassen? Kommen Sie mit ins Büro, ich habe einen Whiskey dort.»
Fenwick schien seine Zweifel zu haben.
«Aus rein medizinischen Gründen, und Sie sehen aus, als könnten Sie einen brauchen.»
Als sie es sich einigermaßen gemütlich gemacht und zwei großzügig bemessene Dosen Medizin in eigens dafür bereitgestellten Gläsern vor sich stehen hatten, kam Pendlebury ohne Umschweife zur Sache.
«Sie war eine gesunde, durchtrainierte Frau. Virgo intacta – ja, so etwas kommt ab und zu noch vor. Technisch gesehen ist sie erstickt. Es muss einige Sekunden gedauert haben, bis sie das Bewusstsein verlor. Es finden sich mehrere kleine Verletzungen an ihren Händen, die auf Gegenwehr schließen lassen – aber nicht viele, offenbar wollte sie fliehen und nicht kämpfen. Die Blutergüsse an Rücken und linker Seite sind wahrscheinlich vor ihrem Tod entstanden, was dafür spricht, dass sie von hinten angegriffen wurde. Sie ist gestürzt und hat sich schlimm die Knie aufgeschürft. Interessanterweise ist ihre rechte Hand gebrochen, regelrecht zertrümmert. Ein heftiger Schlag. Keine Spuren, daher kann ich nicht sagen, womit. Hautproben gehen zur Gerichtsmedizin. Das ist seltsamerweise die einzige derartige Verletzung. Normalerweise müssten es mehrere sein, wenn der Angriff mit einer Waffe durchgeführt wurde.»
«Könnte sie sich die Hand in der Tür gequetscht haben?»
«Möglich – Sie sollten nach Spuren suchen. Allerdings müsste die Tür ziemlich fest dagegen geschlagen worden sein. Tödlich ist die Wunde am Hals, aufgeschlitzt von links nach rechts, wobei ihr wahrscheinlich das Kinn nach oben gedrückt wurde, um Venen und Arterien freizulegen. Daraus lässt sich schließen, dass der Täter Rechtshänder ist. Man kann anhand der Wunde nur schwer Rückschlüsse darauf ziehen, wie lang das Messer war, aber wir haben an ihrem Mantel ein paar interessante Schäden gefunden. Sehen wie lange, unregelmäßige Tränen aus, könnten von einer Säge oder einem Sägemesser stammen. Habe ich auch zur forensischen Abteilung geschickt. Ich schlage vor, Sie lassen die Spurensicherung überprüfen, ob diese Schäden sonst irgendwie am Tatort entstanden sein können. Wenn nicht , könnte es sein, dass die Oberkante des Messers Zacken hatte. Das würde für ein, sagen wir, Armeemesser gelten – eine äußerst scharfe Waffe, ideal zum Schneiden, kann bei Stoff aber zu Rissen fuhren. Ich würde die Forensiker Tests mit identischem Material machen lassen.»
«Das werde ich. Wer könnte Ihrer Erfahrung nach so eine Waffe besitzen?»
«Eigentlich jeder – man bekommt sie in Jagd- und Fischereigeschäften im ganzen Land. Und natürlich gehören sie beim Militär zur Standardausrüstung. Das Survival-Messer der amerikanischen Luftwaffe ist sehr populär. Ideal für diese Art von Mord.»
«Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?»
«Die Art des Tötens, die Schändung oder beides?»
«Beides.»
Der Pathologe schwenkte den letzten Schluck Whiskey ein paar Augenblicke im Glas, trank ihn in einem Zug und sah Fenwick in die Augen.
«Die Schändung – nein. Irgendetwas daran stimmt nicht. Diese Tat wurde nach Eintritt des Todes begangen, so viel steht fest, aber leidenschaftslos – ohne Brutalität. Es finden sich keine Male an ihrem Körper, wo er die Kleidung weggeschnitten hat. Ich hätte zumindest mit einigen Schnittwunden gerechnet, aber da ist nichts, nicht der kleinste Kratzer. Das bedeutet zweierlei.» Er reckte zwei Wurstfinger in die Höhe. «Erstens, die Person, die es getan hat, hatte sich absolut unter Kontrolle – kein Zittern, keine sexuelle Begierde. Zweitens, er war ein Experte mit dem Messer. Das würde übrigens auch zu der tödlichen Verletzung passen – sauber, zielstrebig, genau die richtige Stelle, um einen schnellen, sicheren und praktisch lautlosen Tod zu garantieren.»
«Und Sie haben so etwas schon mal gesehen?»
«O ja. Als Sie noch in den Hinterhöfen von Glasgow gespielt haben, war ich bei der Armee. Es ist eine klassische lautlose Tötungstechnik.»
«Und das ist
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