Requiem für eine Sängerin
ihr im Bett zu frühstücken und ihr eine Geschichte vorzulesen. Dann würde er, in Abänderung seiner Pläne, beizeiten ins Büro fahren und neue wie alte Berichte überfliegen. Er konnte Cooper die weitere Vorgehensweise erklären und kurz nach neun wieder zu Hause sein, zeitig genug, um mit seiner Mutter und seinem Sohn zu der Spezialklinik zu fahren.
Cooper hatte mit einem guten Montagmorgen gerechnet. Er wollte früh im Büro sein, Berichte lesen, die Arbeit für den Tag einteilen und sich anschließend die Zeit nehmen für seine Lieblingstheorie. Stattdessen musste er feststellen, dass Fenwick ihm zuvorgekommen war. Eine Liste mit Aufgaben lag für ihn da, und es würde ihn zwei Tage kosten, sie zu sichten. Die einzige gute Nachricht war, dass ein Punkt auf der Liste die private Meinung unterstützte, die er sich zu dem Fall gebildet hatte.
Kurz nach zwei tauchte Fenwick kurz angebunden und abweisend wieder im Einsatzraum auf. Allerdings zeigte sich, dass er sich vollkommen unter Kontrolle hatte. Niemand fragte, wo er gewesen war, und er gab keine Erklärung ab.
«Also los, Sergeant, Resultate. Wo sind sie?»
«Ich gehe sie mit Ihnen durch, Sir. Erstens: Sie hatten Recht, die Spermaprobe vom Tatort war zwölf bis achtzehn Stunden alt, was bedeutet, dass der Täter das Zeug mitgebracht, die Tat also bis ins kleinste Detail geplant hatte. Dass er sich das Sperma von jemand anderem besorgt hat, bedeutet, er könnte homosexuell sein – oder ein Voyeur, der Pärchen in der Friday Street oder der Pixts Lane beobachtet. Ich habe Constable Miller eingeteilt, heute Abend und am Mittwoch die Stammgäste zu befragen, ob sie etwas gesehen haben.»
Man konnte nicht sagen, dass Fenwick lächelte, aber seine Kiefermuskeln entspannten sich eindeutig und zuckten leicht.
«Allerdings stimmen die Proben mit keiner von den registrierten überein, Sir, also kein Hinweis auf einschlägig auffällig gewordene Täter. Wir haben die Details weitergeschickt, damit sie in der Kartei überprüft werden können, aber der Ausschnitt des Fingerabdrucks war so klein, dass nicht genügend Vergleichspunkte gefunden werden konnten. Der Bericht über den leeren Umschlag bestätigt nur, was wir schon wussten. Er stammt von Anderson, ihre Fingerabdrücke sind drauf, Papier und Tinte stimmen überein. Sie haben Proben der Handschrift an einen Grafologen geschickt, der bestätigt, dass die Schrift auf dem Umschlag von derselben Person stammt, die die Einträge in dem Adressbuch vorgenommen hat, das Sie mitgebracht haben.»
«Und die Reifenspur auf der Rückseite des Umschlags?»
«Ach ja. Sie hatten mit beidem Recht. Die Spur stimmt mit denen am Tatort und im Garten überein, was bedeutet, dass der Eindringling das Rad über das Kuvert gerollt hat, als er ins Haus kam. Und wie Sie weiter vermutet haben, gibt es kein zusammenhängendes Reifenmuster, wenn man sich die Fotos der Post auf der Matte ansieht, die nach unserer Ankunft gemacht wurden – was bedeutet, zwischen dem Zeitpunkt, als er mit dem Fahrrad kam, und dem Eintreffen von Fotografen und Spurensicherung ist die Post bewegt worden.»
«Hat die Forensik inzwischen das ganze Material, um herauszufinden, ob wir die vollständige Spur rekonstruieren können, und zu überprüfen, ob sonst etwas fehlt?»
Cooper nickte.
«Gut. Was noch?»
«Der detaillierte Bericht über den Tatort ist gerade eingetroffen. Sie wollten wissen, ob die Frau festgehalten wurde, während sie starb. Ja, das wurde sie. Die Richtung der Blutspritzer an Wänden und Decke ist einheitlich, und auf dem Boden hat sich um den Leichnam herum eine hinreichend große Lache gebildet, die beweist, dass sie nicht später an die Stelle geschleppt worden ist. Die Blutspuren am Fuß der Treppe könnte von einer stark mit Blut bespritzten Person stammen, die sich dort möglicherweise umgezogen hat. Mit Sicherheit ist das schwer zu sagen.»
«Also kann die Tat unmöglich spontan begangen worden sein, richtig? Wir haben es mit jemandem zu tun, der das minutiös geplant hat, mit oder ohne Komplizen. Es wird Zeit, dass wir uns konzentrieren.»
Cooper zögerte vor seiner nächsten Bemerkung. Sie saßen in dem kleinen, abgeschirmten Kabuff, wo Fenwick seinen Schreibtisch stehen hatte. Die Trennwände zum Rest des Einsatzraums waren nur eins achtzig hoch, sodass die anderen ihr Gespräch mit anhören konnten. Er musste nun über etwas Delikates sprechen, wusste aber, dass er und Fenwick sich eine ganze Weile nicht unter vier
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