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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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später Derek Fearnside geheiratet hat. Sie wird seit April vermisst.»
    Fenwick spürte, wie sich seine Nackenhärchen aufrichteten und sein Mund trocken wurde. Er sah Nightingale durchdringend an, während alle im Raum gespannt warteten. Trotz größter Anstrengung von Fenwick und Cooper war der Fall Fearnside unaufgeklärt geblieben. Schließlich war er ad acta gelegt worden, da andere Prioritäten aufgetaucht waren. Nun war das Opfer eines grausamen, vorsätzlichen Mordes mit bislang unbekanntem Motiv mit Deborah Fearnside in Verbindung gebracht worden. Seine Instinkte schrien förmlich auf, während das ganze Team sein geistesabwesendes Gesicht anstarrte. Es war nicht undenkbar, dass in einer Kleinstadt wie Harlden zwei Schulfreundinnen zufällig innerhalb weniger Monate Opfer einer Tragödie wurden, aber er spürte, dass mehr dahinter steckte. Die Verbindung kam seiner eigenen Intuition zu nahe, und er hegte immer noch Schuldgefühle wegen des unaufgeklärten Fearnside-Falls. So vage der Zusammenhang auch sein mochte – dass sie zusammen in der Schule gewesen waren, bewies noch gar nichts –, Fenwick beschloss auf der Stelle, der Sache nachzugehen.
    Er erteilte Taylor und Nightingale den Auftrag, alle anderen Schülerinnen zu finden und diejenigen zu befragen, die mit der Aufführung zu tun hatten, während er persönlich gedachte, sich die Akte Fearnside noch einmal vorzunehmen und den Superintendent davon zu überzeugen, dass er weiterhin das gesamte Team brauchte. Letzteres würde schwierig werden, aber er schätzte, dass ihm noch etwa eine Woche blieb, bevor es richtig eng wurde.

21
    Fenwick saß vor dem Kamin und dachte über einen ungewöhnlichen und beunruhigenden Tag nach. Er hatte Wort gehalten und war trotz seines Abstechers in den Einsatzraum rechtzeitig daheim gewesen, um mit seiner Mutter und seinem Sohn zu dem Spezialisten zu fahren. Unterwegs hatten sie geschwiegen, er und seine Mutter, weil sie keine tröstenden Worte füreinander fanden, und Christopher, weil er inzwischen überhaupt nicht mehr zu sprechen schien.
    Der Arzt wollte zuerst mit Fenwick allein sprechen, eine lange, sondierende Unterhaltung, die Fenwick schwierig und peinlich fand. Obwohl sich der Arzt große Mühe gab, neutral zu bleiben, kam Fenwick sich am Ende als Vater wie ein völliger Versager vor. Danach war seine Mutter allein hineingegangen und noch länger geblieben. Zuletzt schließlich Christopher. Nach zwei Stunden sagte man ihnen, dass der Junge höchst verstört sei, aber nichts auf eine Geisteskrankheit hindeute. Weitere Termine wurden vereinbart – mit Verhaltenspsychologen, Spezialisten für Autismus, für posttraumatische Stress-Symptome –, die Liste war endlos. Und Christopher blieb die ganze Zeit vollkommen in sich zurückgezogen.
    Als Fenwick vor der unbehaglichen Stille in die Akte Fearnside floh, versuchte er, nicht an die zwei Wochen zu denken, die vor ihm lagen. Der Spezialist hatte ihm wenig Hoffnung auf eine baldige Besserung gemacht. Er hatte die Termine, die seine Mutter ihm nannte, in seinen Kalender eingetragen, sich aber standhaft geweigert, ohne handfeste Fakten über das Thema zu diskutieren.
    Und nun suchte er bei der Akte über eine vermisste Person Trost wie bei einem alten Freund. Er fand seine Notizen am Rand, unverhohlene Kommentare über den oberflächlichen Charakter der früheren Befragungen und eine Liste von weiteren Ermittlungsmöglichkeiten, mit denen er kaum angefangen hatte, als ihm die Mittel für die Untersuchung entzogen wurden. Er las alles mit neuen Augen und suchte aufmerksam nach Verbindungen mit dem Mord an Katherine Johnstone.
    Als er ins Bett ging, ärgerte er sich über sein Unvermögen, neue Ansätze zu finden, und fühlte sich zugleich getröstet durch die Qualität seiner damaligen Arbeit. Die Liste seiner Fragen hatte im Licht des neuen Mordes nur wenige Änderungen erfahren. Er lag im Bett und sah, wie hin und wieder die Scheinwerfer vorbeifahrender Autos parallele Lichtstreifen über die Decke huschen ließen. Es gab in diesem Fall keine offensichtlichen Übereinstimmungen. Nur der gemeinsame Schulbesuch verband die beiden, und in der dunklen Einsamkeit musste er sich eingestehen, dass das eine äußerst vage Gemeinsamkeit war, der nur deshalb eine gewisse Bedeutung zukam, weil sie keine anderen Hinweise hatten, denen sie nachgehen konnten. Er beschloss, den Fall Johnstone vorerst zu vergessen und sich stattdessen wieder auf Deborah Fearnside zu konzentrieren;

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