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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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zu weit vom Boden entfernt war. Er rannte die Treppe hinauf, stolperte über das lose Brett der Eckstufe, stürzte und stieß sich schmerzhaft das rechte Knie.
    In den Albträumen, die er danach wochenlang hatte, erinnerte er sich an die winzigste Einzelheit. Sie war nackt, an sich nichts Besonderes – sie hatte sich angewöhnt, sich zu den seltsamsten Zeiten auszuziehen und durch das Haus zu spazieren –, aber sie hatte sich die Beine rasiert und die Zehennägel lackiert. Sie trug sämtliche Schmuckstücke, die sie besaß – Ohrringe als unpassende Ergänzung zu einem Dutzend Halsketten, alle möglichen Ringe an den Fingern. Wahrscheinlich hatten die Ketten den Erstickungstod verzögert. Der Knoten hatte sich gelockert, sodass ihr Genick trotz des Falls nicht gebrochen war. Er vermutete, dass sie sich hatte hinabgleiten lassen, denn ein Sprung vom Geländer hätte sie mit Sicherheit auf der Stelle getötet.
    Im ersten Stock zog er sie mit einem Schirm über das Geländer, und dann musste er die Schlinge mit der Schere aus ihrem Nähzeug durchschneiden. Ihre Augen waren glasig, aber der Körper noch warm, und bis vor wenigen Augenblicken hatte er sie noch nach Luft ringen hören. Seine Ausbildung kam ihm zugute. Er tastete nach der Schlagader unter dem Kiefer- kein Puls; ihre Pupillen waren geweitet und zeigten keine Reaktion; sie atmete nicht mehr. Er begann eine Herzmassage und hielt alle fünf Pumpbewegungen inne, um frische Luft in ihre Lungen zu pusten. Zeit existierte nicht mehr. Kurz bevor er ihr einen heftigen Schlag an die Stelle unterhalb des Schlüsselbeins verpassen wollte, tastete er noch einmal nach dem Puls und stellte fest, dass er wieder eingesetzt hatte. Von da an war sein Leben ein Zyklus von Wiederbelebungsversuchen.
    Aus der Küche war kein Laut zu hören. Als er hinausgerannt war, hatte er den Kindern noch zugerufen, sie sollten sich «nicht von der Stelle rühren». Keines hatte sich auf der Treppe sehen lassen; sie waren daran gewöhnt, diesen seltsamen Anweisungen zu folgen, wenn ihre Mutter das Bett verließ. Im Geiste machte er eine rasche Inventur der Telefone, die ihm zur Verfügung standen. Das nächste war unten in der Diele; das Handy hatte er im Auto.
    Er prüfte die Lebenszeichen seiner Frau. Ihr Blick blieb leer; sie schien nicht zu atmen, sobald er eine Pause machte. Er brauchte Hilfe. Die Krankenschwester würde erst in einer Dreiviertelstunde kommen – so lange konnte er nicht durchhalten.
    «Bess!» Tief einatmen, ausatmen. «Bess, komm her.» Atmen, tief durchatmen, vergiss nicht, den Kopf schräg zu halten. Er bekam einen Krampf im rechten Arm. «Bess!» Er schluchzte fast vor Verzweiflung, durfte aber die Atemluft nicht vergeuden.
    «Ja, Daddy?» Ein leises Flüstern drang zu ihm herauf.
    «Bess, hörst du mich?»
    «Ja. Kann ich raufkommen?»
    «Nein! Bleib, wo du bist, aber hör mir genau zu.» Tief durchatmen, ausatmen, wieder einatmen.
    «Ja? Daddy, ich kann dich nicht hören!» Bess war den Tränen nahe. Er wusste, sie wollte heraufkommen, wollte in den Arm genommen werden, fürchtete aber, der Anblick ihrer Mutter würde sie in Panik versetzen.
    «Sei lieb, Bess. Du musst für mich telefonieren.» Einatmen, ausatmen, Pause, kurzes Durchatmen, einatmen, ausatmen.
    «Ich möchte, dass du den Hörer abnimmst und die Neun suchst. Du kennst doch die Neun, oder?»
    «Ja, ich kann schon bis hundert zählen.»
    Einatmen, ausatmen, kurzes Durchatmen, Pause, einatmen, ausatmen.
    «Braves Mädchen. Du nimmst jetzt den Hörer, wie wenn du mit Oma telefonierst, und dann drückst du dreimal die Neun – 999.» Einatmen, ausatmen, kurzes Durchatmen, Pause. «Kannst du das?»
    «Ja. Wird Oma dann mit mir reden?»
    «Nein. Jemand anders. Jemand, der nett ist.»
    Stille.
    «Bess, bist du noch da?»
    «Ja.»
    Pause. «Sag der Person am Telefon deinen Namen, dein Alter, unsere Adresse, und sag – Augenblick …» Einatmen, ausatmen, kurzes Durchatmen, Pause. «… sag, wir brauchen einen Arzt – deine Mummy braucht einen Arzt, schnell. Kannst du das? Wiederhol es.»
    Mit fester Stimme wiederholte seine Tochter die Worte fast ohne Stocken, als hätte sie eine schwierige Lektion auswendig gelernt.
    «Prima. Und jetzt ruf an. Sag genau das, was du mir gesagt hast, aber am Telefon.»
    Durch das Pochen in seinen Ohren hörte er ihre zarte Stimme, dann den Hörer, der aufgelegt wurde.
    «Fertig, Daddy. Ein netter Mann hat gesagt, sie sind unterwegs.»
    Fenwick wandte den Blick nicht von

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