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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Hochstimmung wie sie. »Ich möchte wissen, ob Krümel inzwischen ihre Jungen hat.«
    »Hast du schon über eine Reise unter eine Palme nachgedacht?«
    »Ich sollte Maria anrufen und sie fragen, ob Krümel schon ihre Jungen hat. Maria hat einen Schlüssel. Wahrscheinlich hat Krümel ihren Nachwuchs auf meinem Schreibtisch gekriegt. Ich wette, dass sie auf meinem Schreibtisch geworfen hat.« Ich machte das Radio an, und wie eine warme Woge kam Judy Collins mit Amazing Grace.
    »He, ich habe dich was gefragt. Was ist mit der Reise unter die Palme?«
    »Noch haben wir nichts erledigt. Lass uns später darüber sprechen. Außerdem musst du in der Eifel Accessoires fotografieren. Hast du das vergessen?«
    »Das Wetter ist aber nicht so«, sagte sie. »Und außerdem habe ich Zeit.« Dann verzog sie ihren Mund und verschwand ein wenig eingeschnappt im Bad. Sie kam in einem Jogginganzug wieder heraus und ließ sich neben mich auf das Bett fallen.
    »Du bist nie privat, nicht wahr?«
    »Selten.«
    »Du hast Angst davor, stimmt’s?«
    »Vielleicht. Manchmal.«
    »Ich will dich nicht einfangen, und wenn ich mit dir schlafen will, dann sage ich es schon.«
    »Dann ist es ja gut.«
    »Und du? Wirst du mir sagen, wenn du mit mir schlafen willst?«
    »Jetzt möchte ich jedenfalls nicht. Ich kann einfach die Frage nicht aus dem Kopf kriegen, warum Lewandowski sich als Penner verkleidet hatte.«
    »Willst du nicht doch diese Maria anrufen und sie nach der Katze fragen? Junge, aufgeregte Väter gehen mir auf die Nerven.«
    Ich rief an, aber Maria meldete sich nicht. Mir fiel ein, dass an diesem Abend die Volkstanzgruppe im Gemeindehaus übte. Maria konnte also gar nicht da sein.
    »Vielleicht fährst du einfach in die Eifel und siehst nach«, meinte die Baronin spöttisch.
    Ich explodierte. »Verdammt noch mal, ich lebe mit dieser Katze, und sie verlässt sich auf mich!«
    »Verzeihung«, sagte sie so kleinlaut, dass es mir schon wieder Leid tat. Ich setzte mich zu ihr auf das Bett und strich ihr über das Haar. Sie schaute mich nicht an, und mit ganz veränderter Stimme sagte sie: »Komm, lass uns etwas lesen.«
    Es war schon fast zehn, als nach kurzem Klopfen die Wirtin ihren Kopf hereinsteckte. »Entschuldigung, da ist ein junger Mann für Sie.«
    Es war Anna Guttmanns Sohn, derselbe, der uns den Schlüssel gebracht hatte. Er war in einem erbärmlich dünnen, kurzärmeligen Hemd, fror und trug einen Schutzhelm unter dem Arm. Er hatte weit aufgerissene Augen und schien in einem Traum zu treiben.
    Er kam an das Bett. »Ich soll nur diesen Zettel abgeben. Mutter hat uns eben erzählt, was wirklich geschehen ist.« Aber er gab uns den Zettel nicht, sondern hielt die Arme um seinen Bauch geschlungen und sah durch uns hindurch.
    Die Wirtin hinter ihm verschwand im Flur. Ich stand auf, er zuckte zusammen und sagte hastig: »Ach ja, der Zettel.«
    Anna Guttmann hatte geschrieben: »Reimer und Strahl trainieren heute Abend in einer Turnhalle. Rasputin rief eben an und lässt Ihnen das ausrichten. Die Turnhalle liegt in Bonn-Ippendorf hinter der Diplomatenschule des Auswärtigen Amtes. Gruß. A. G.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte ich.
    Er blieb einfach da stehen und starrte auf die Baronin, die sich die Bettdecke bis zum Hals hochgezogen hatte und aussah, als würde sie dennoch frieren.
    »Wollen Sie etwas trinken?«, fragte sie voller Mitleid.
    »Wie bitte?«
    »Vielleicht einen Schnaps?«, fragte ich.
    »O nein«, sagte er und war plötzlich wieder in der Wirklichkeit zurück. »Es ist nur so, dass Mutter gesagt hat, dass … mein Vater wurde ermordet.«
    »Das ist richtig«, murmelte die Baronin. »Ich gebe Ihnen einen Pullover von mir.«
    »Ich friere gar nicht«, sagte er tonlos.
    Die Baronin stand auf, fummelte einen riesigen Pullover aus dem Schrank und reichte ihn dem Jungen. Ich goss ihm einen Magenbitter ein, etwas anderes gab es nicht in dem kleinen Hotel-Eisschrank.
    Der Junge nippte daran. »Werden Sie rausfinden, wer es war?«
    »Ja. Und wir werden es Ihnen sagen«, sagte die Baronin sanft.
    »Es ist so furchtbar«, sagte der Junge ohne jede Betonung. Er nippte erneut an dem Magenbitter und verzog den Mund. »Ich muss jetzt gehen.« Dann sah er den Pullover in seiner Hand, zog ihn über und ging hinaus wie jemand, der nie da gewesen war.
    Ich reichte der Baronin den Zettel. Sie las ihn und meinte. »Ich nehme besser das starke Teleobjektiv mit. Sag mal, Baumeister, hast du auch Angst?«
    »Habe ich.«
    Wir ließen das Licht

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