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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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höflichen Tonfall, aber es klang falsch, und mir wurde eiskalt. Wie sagte die Baronin? >Wir lassen uns nicht mehr herumschubsen.< In die Offensive also. »Doch, doch, auch nach Metzgers Tod. Wir sind übrigens gleich mit seiner Frau verabredet…«
    »Sie meinen, mit seiner Freundin.«
    »Nun ja, das macht doch keinen Unterschied. Aber die weiß scheinbar von nichts. Die weint und will vor allem getröstet werden.«
    »Sagen wir morgen Mittag um zwölf, hier in meinem Büro. Und bitte: ohne Bandgerät.«
    »Ich bringe Blumen mit«, sagte ich. Besseres fiel mir nicht ein.
    Mit dem Taxi fuhren wir direkt zu Claudia Groß.
    Sie öffnete verschlafen, blinzelte uns überrascht an und sagte: »Ach, Sie sind’s bloß. Ich dachte, es wären schon wieder die vom Verfassungsschutz. Die waren heute bei mir. Sie fragten, was Baumeister vergangene Nacht bei mir wollte.« Sie lächelte und sah sehr nett aus. »Ich habe ihnen gesagt, mir ginge es ziemlich schlecht, wegen Willi, und er kümmere sich um mich. Nach Guttmann haben sie auch gefragt, was ich über den weiß. Nichts, habe ich gesagt, überhaupt nichts.«
    »Das war genau richtig«, meinte die Baronin lobend, als wir hineingingen. »Was wir suchen, sind ein paar Fotos.«
    »Schon wieder?«
    »Schon wieder«, sagte ich. »Aber wir sollten erst einmal die Vorhänge vorziehen. Dann kann die Baronin erzählen, worum es geht, während ich suche. Wo könnten weitere Fotos versteckt sein?«
    »Weiß ich nicht«, sagte sie. »O je. Ich bin ja fast nackt.«
    »Baumeister ist frühreif. Er kennt frauliche Einzelheiten schon seit einigen Jahren«, meinte die Baronin trocken. »Also, erst die Vorhänge zu, dann Kaffee kochen, dann überlegen, wo Fotos sein könnten. Die von Lewandowski waren in dem Hitchcock-Buch von Truffaut. In welchem Buch könnten die von Reimer und Strahl sein?«
    »Hier stehen an die tausend Bücher. Ich fange eben einfach von vorne an.«
    Ich fand nach und nach Unmengen von Fotos, die nicht zur Sache gehörten oder deren Bedeutung mir verborgen blieb. Damit verging über eine Stunde. So kam ich nicht weiter.
    »Wenn Willi fotografierte, wo entwickelte er?«
    »Bei dpa in Bonn, wie jeder.«
    »Hatte er da ein Fach?«
    »Nein, aber einen Schreibtisch.«
    »Würde er in dem Schreibtisch wichtige Bilder aufbewahren?«
    »Bestimmt nicht.«
    »Aber wo denn sonst, um Himmels willen?«
    »Ich weiß auch nicht. In einem Buch, in einer Schachtel, ach überall. Soll ich uns was zu essen machen? Ich kann ja sowieso nichts Vernünftiges beitragen. Ich begreife die ganze Geschichte nicht. Aber ich halte hundertprozentig zu euch.« Dann ging sie in die Küche, um sich nicht ganz unnütz vorzukommen.
    Die Baronin trödelte an den Buchregalen entlang. »Hier ist das Buch zum Film Der Mann, der zu viel wusste.« Hoffnungsfroh nahm sie es heraus, blätterte darin und murmelte enttäuscht: »Niete!« Widerstrebend stellte sie es wieder an seinen Platz.
    Claudia servierte belegte Brote, niemand aß, nicht einmal sie selbst.
    »Sie haben doch mal gesagt, er habe Unmengen von Büchern und Dokumenten angeschleppt, ausgewertet, kopiert.«
    »Richtig. Das ging monatelang so.«
    »Gut, aber wo ist das alles?«
    »Ich dachte, irgendwo in seinem Arbeitszimmer.«
    »Eben nicht. Da ist nicht eine Zeile, die diesen Fall betrifft.«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte sie mutlos.
    Ich setzte mich auf die Treppe und starrte vor mich hin. Wo würde er sein Material verstecken? Selbstverständlich konnte er auf die Idee gekommen sein, die Unterlagen auf dem chaotischen Dachboden zu verstauen. Aber war das nicht zu nahe liegend? Aber vielleicht war es deshalb schon wieder raffiniert?
    »Claudia, wer hat Willis Zimmer saubergemacht?«
    »Er selbst.«
    »Hat er auch staubgesaugt?«
    »Ja, mit dem kleinen Handstaubsauger.«
    Ich ging auf den Dachboden, schaltete die matte Funzel ein und kroch zu jener Stelle hinter der alten Kredenz, an der eine dunkle Staubschicht endete und eine hellere begann. Ich klopfte den Fußboden ab. Unter den Bodenbrettern war kein Hohlraum, auch kein Versteck in dem finsteren Winkel, wo das Dach auf die Außenmauer gelegt war. Nichts als die glatte saubere Hinterwand der Kredenz. Als ich mir die Schrauben genau ansah, wusste ich, wie Willi Metzger es angestellt hatte.
    Er hatte nichts anderes getan, als die Rückwand des alten Möbels abzuschrauben, sein Material hineinzulegen, den Beutel vom Staubsauger abzunehmen und das Ganze mit Staub zuzublasen. Ein wenig erinnerte

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