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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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mich das Ganze an sanfte Formen von Paranoia - aber immerhin war es gut ausgedacht.
    Der Innenraum der Kredenz war auf allen drei Etagen um dreißig Zentimeter nach innen versetzt und durch sauber gefügte Brettchen abgedichtet worden. Jemand, der die Kredenz von vorn öffnete, konnte das Versteck nicht einmal erahnen.
    Die Zahl der mit handgeschriebenen Notizen übersäten Seiten schätzte ich auf über dreitausend.
    Aber nicht ein Foto.
    »Wirst du mit dem Material etwas anfangen können?«, fragte die Baronin.
    »Ich habe gar keine Zeit, das alles durchzusehen. Wenn Willi so gearbeitet hat, wie Claudia es beschreibt, dann sind dies Abschriften von Texten, die nur dann einen Zusammenhang ergeben, wenn ein Text dabei ist, der diesen Zusammenhang aufzeigt. Und genau den hat Willi ja nicht geschrieben. Aber vielleicht ist die Liste dabei. Sechzehn Namen auf einer Liste. Bitte, such sie.«
    Ich blieb auf dem Dachboden und suchte weiter. Ich robbte in jeden Winkel, schaute jeden Schrank durch. Nichts.
    »Ich will in mein Bett«, murmelte die Baronin.
    Später im Taxi schwiegen wir, bis es unerträglich wurde. Dann meinte sie mit müder Stimme. »Ich frage mich, warum Willi Metzger, bevor er umgebracht wurde, sein Auto in dieser Seitenstraße abgestellt hat. Das ist doch komisch, was wollte…«
    »He, Mann, drehen Sie um«, rief ich und tippte dem Taxifahrer auf die Schulter. »Wir Trottel. Natürlich!«
    Claudia Groß öffnete verwundert und fragte: »Was ist los?«
    »Wo steht Willis Auto? Wir brauchen die Schlüssel.«
    »Es ist der rote Golf gegenüber. Aber was ist denn …«
    Im Handschuhfach des Wagens war nichts, aber an der Rückseite des Fahrersitzes war ein Einkaufsnetz angebracht. Darin steckte ein alter Umschlag mit vier Fotos. Sie zeigten Reimer und die Frau namens Ellen Strahl zusammen vor einem Reihenhaus; im Hintergrund war deutlich eine Hausnummer zu erkennen: 24. Dann eine Straßenszene mit den beiden und zwei Aufnahmen, etwas undeutlicher, wo sie in einem Auto auf einem Parkplatz saßen.
    »Willi, du bist wirklich gut gewesen!«, rief ich und lief mit den Fotos ins Haus. »Ich nehme sie auf, und Sie verstecken sie dann. Okay?«
    »Die waren ganz einfach in dem Wagen? Ich bin nicht mehr drin gewesen, seit ich ihn geholt habe. Da riecht noch alles so nach ihm. Das kann ich nicht.« Sie legte beide Hände auf das Gesicht und weinte haltlos und ohne Hoffnung, je wieder Trost zu finden.
     
    8. Kapitel
     
    Es war dunkel geworden, und im Westen färbten die Lichter der Rheinischen Olefin-Werke den Himmel schwefelgelb und rosa. Die Wolken segelten dunkel und scharfzackig nach Osten, der Wind war schneidend kalt.
    Der Taxifahrer hatte geduldig gewartet und fuhr uns in unsere Bonner Pension zurück. Die Baronin legte zufrieden und schläfrig den Kopf an meine Schulter und nickte sofort ein. Ich hatte ihr nicht gesagt, dass uns die ganze Zeit getreulich ein dunkler Opel Kombi folgte. Der Bundesanwalt Beck sorgte für die Seinen.
    In einem schweren BMW mit Münchener Kennzeichen, der genau vor dem Eingang der Pension parkte, saßen zwei Männer und unterhielten sich angeregt. Sie taten angestrengt so, als seien sie an uns nicht interessiert.
    »Hallo!«, sagte die Baronin, die wieder hellwach war, und winkte ihnen fröhlich zu.
    Der Mann hinter dem Steuer beherrschte sich gut und zog nur fragend die Augenbrauen hoch. Als die Baronin direkt neben der Fahrertür stehen blieb, drehte er die Scheibe hinunter und frage: »Ja bitte?«
    »Ich wollte nur sagen, dass wir da sind.«
    »Ja, und?«, fragte der Mann viel zu laut und übertrieben ungehalten. Er hatte sorgfältig gefönte graue Haare und einen martialischen Schnäuzer. »Ich verstehe nicht.«
    »Das müssen Sie auch nicht«, meinte die Baronin freundlich. »Grüßen Sie mal Ihren Herrn Beck schön!«
    »Wen bitte?«
    »Ihren Boss, den Herrn Beck«, sagte ich, um mich mit der Baronin solidarisch zu erklären.
    »So ein Quatsch!«, sagte der graue Mann heftig. Im selben Augenblick krachte das Funkgerät im Wagen, und eine Stimme wie aus einem Zeichentrickfilm quäkte: »Ihr werdet um Mitternacht abgelöst, Jungens.«
    »Das ist aber nett!«, strahlte die Baronin. Dann lachte sie schallend, und ich schloss mich an.
    Der Mann kurbelte beleidigt das Fenster hoch, während sein Kollege in ein Mikrofon sprach.
    Im Treppenhaus sagte die Baronin zufrieden: »Die sind sehr dumm, finde ich.«
    »Leider können sie sich das erlauben.« Ich war bei Weitem nicht so in

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