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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Durchmesser haben mochte. Er versetzte ihr einen Stoß, rannte zu Ellen Strahl zurück, sagte leise etwas, und sie sprinteten los. Im Laufen warfen sie etwas auf die Holzscheibe; es knallte dumpf, und die Scheibe wurde hin- und hergeschleudert. Als sie auspendelte, zählte ich dicht beieinander sechs Messer. Jetzt schien die Kondition an der Reihe zu sein. Gute zehn Minuten liefen sie nebeneinander her ohne Pause um die Halle und sprachen immer noch kein Wort.
    »Die schwitzen überhaupt nicht«, flüsterte die Baronin und wechselte den Film.
    Sie hörten auf zu laufen, gingen ein paar Schritte, ließen scheinbar kraftlos die Arme hängen.
    Dann brüllte Reimer plötzlich irgendeine Zahl, und sie sprangen im perfekten Salto auseinander, und jeder hatte die Waffe in der Hand, als sie federnd landeten und sofort in die Hocke gingen. Auch hiervon folgten verschiedene Varianten, wobei entweder Reimer das Kommando gab oder Ellen Strahl. Das Ganze hätte wahrscheinlich zirzensisch gewirkt, wäre da nicht diese unwirkliche Atmosphäre gewesen und die kalte, klirrende Kommandostimme von Ellen Strahl.
    »Die sind doch krank«, flüsterte die Baronin.
    Aber die erschreckendste Übung kam erst noch. Reimer baute sich ungefähr zwei Meter vor der Sprossenwand an der gegenüberliegenden Seite auf. Ellen Strahl spurtete von der Hallenmitte auf ihn zu, sprang vor ihm hoch, bekam durch eine fast unmerkliche Hilfestellung Reimers noch mehr Schwung und landete sicher weit oben auf der Leiter. Das machten sie zehnmal, ehe sie die Rollen tauschten. Er kam noch höher, hakte sich mit einem Fuß hinter einer Sprosse fest, stand entgegen den Gesetzen der Schwerkraft waagerecht in drei Metern Höhe an der Wand und zielte auf seine Partnerin. Das erste Mal zeigte er so etwas wie eine Gemütsregung. Er lachte lautlos.
    Erst nach unendlich langer Zeit frottierten sie sich trocken; sie mussten also wenigstens etwas geschwitzt haben. Sie sprachen noch immer kein Wort und wirkten kein bisschen angestrengt.
    »Komm, wir verschwinden, ehe die auf die Idee kommen, hier oben nachzusehen. Die brauchen bestimmt nicht mal ein Gerüst, um hier hochzukommen«, flüsterte ich. Die Baronin nickte erleichtert, tat die Kamera in ihre riesige Handtasche und kletterte so schnell das Gerüst hinab, dass ich Mühe hatte, ihr zu folgen. Aus einer Zelle an der Diplomatenschule bestellten wir ein Taxi und ließen uns in die Pension fahren. Wir gingen wieder durch die Hinterhöfe. Wir sahen niemand und hofften, dass niemand uns sah.
    Nach ein paar Stunden Schlaf standen wir wieder auf, tranken Kaffee und schauten auf die Straße hinaus. Schnee fiel sanft auf den Asphalt und schmolz sofort.
    Die Baronin zog sich an und schminkte sich. »Du solltest eine Krawatte anziehen«, sagte sie.
    »So etwas habe ich nicht nötig«, entgegnete ich betont unfreundlich.
    »Also ich finde dieses Flanellhemd und die Jeans einfach unpassend. Schau her, wie elegant ich bin. Wenn Beck mich sieht, kriegt er rote Ohren.« Wir gingen zu Fuß unter dem Schirm. Unterwegs rief ich aus einer Zelle den Taxifahrer mit dem Vollbart an. Ich sagte zu einer Frau: »Ich hätte gern den Vollbart«, und sie lachte. Dann kam er an den Apparat und fragte burschikos: »In wessen Hosen brennt es?«
    »Ich bin der Mensch, den Sie gestern Nacht an einem Baggersee versteckt haben.«
    »Ach ja. Und wen wollen Sie jetzt übers Ohr hauen?«
    »Dieselben Leute. Machen Sie sich bitte auf die Socken und kaufen Sie folgende Sachen: ein Zwei-Mann-Zelt, zwei gute Schlafsäcke und eine Laterne. Dann bitte zu folgender Adresse.« Ich sagte ihm, wo die Pension im Rosental lag. »Sagen Sie, wir hätten schnell verreisen müssen. Dann fahren Sie zur Bundesanwaltschaft.« Ich gab ihm die Adresse von Becks Büro. »Dort warten Sie bitte, bis ich mit einer Frau hinauskomme. Mit der Frau fahren Sie dann auf der B 9 bis kurz vor Bad Breisig. An einer Raststätte setzen Sie die Dame samt Gepäck ab. Dann fahren Sie zurück und nehmen mich auf. Ich werde auf dem rechten Bürgersteig der Adenauerallee in Richtung Godesberg marschieren. Alles klar?«
    »Wer bezahlt?«
    »Ich bezahle, Sie müssen mir vertrauen.«
    »Und wenn etwas schief geht?«
    »Sind Sie abgesichert durch Familie Guttmann, Weberstraße 67? Alles klar?«
    »Ungefähre Zeit?«
    »Von jetzt an in drei Stunden.«
    »Gut. Ich hatte übrigens Besuch vom Verfassungsschutz. Ein Mann fragte mich, wohin ich so plötzlich mit Ihnen verschwunden bin. Ich habe erstaunt getan

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