Requiem für einen Rockstar (German Edition)
die Kunsthalle leisten. Was ich nie begreifen werde, ist die Tatsache, dass du eine Rechnung verlangen kannst, ohne einen Ausweis mit Adresse zu zeigen. Es reicht, wenn du dem Kellner eine Visitenkarte in die Hand drückst. Ob es deine oder die eines Geschäftspartners ist, scheint unwichtig zu sein. Hauptsache, die Rechnung kann irgendwohin geschickt werden. Eigenartig.»
«Ja, das ist es. Man könnte aber auch sagen, dass man hier noch an die Ehrlichkeit der Menschen glaubt. Ich mag diese Stadt. Sie ist voller Sehenswertem.»
Nadine nickte zustimmend.
«Ganz toll finde ich den Tinguely-Brunnen», fuhr Ina Helmers fort.
«Er heisst eigentlich Fasnachtsbrunnen.»
«Oh, das wusste ich nicht. Aber er ist doch von eurem berühmten Tinguely.»
«Das hingegen ist richtig. Es gibt im Solitude-Park auch noch ein Museum. Kennen Sie es?»
«Ja. Da hatten wir vor etwa zwei Jahren eine Pressekonferenz. Schon fantastisch, diese Maschinen. Sie ergeben für mich zwar keinen Sinn. Muss es ja auch nicht. Sie bewegen sich und bringen mich zum Lachen. Das genügt. Der Künstler wird sich schon etwas dabei gedacht haben.»
Der Kellner brachte für Ina Helmers einen Cosmopolitan. Nadine bestellte sich einen Kaffee.
«Der Sex-and-the-City-Drink. In meiner Lieblingsserie trinken sie den auch immer. Wodka, Triple Sec, Preiselbeersaft, Limettensaft.»
«Ich sehe, Sie kennen sich aus.»
Ina Helmers schaute Nadine belustigt an und prostete ihr zu. Sie unterhielten sich über Belanglosigkeiten. Dann erzählte Ina, dass sie früher als Fotomodell gearbeitet habe und mit einem Musiker liiert gewesen sei. Einem Spinner! Dadurch habe sie ihre Karriere vernachlässigt.
«Die Beziehung ist dann nach einigen Jahren in die Binsen gegangen. Sex, Drugs und Rock ’n’ Roll waren mir zu wenig. Und mehr hatte Luke nicht drauf. Bei einem Konzert der Maddogs, so hiess die Band von Luke, lernte ich Hanno kennen. Glauben Sie ja nicht, dass es Liebe auf den ersten Blick gewesen ist. Wir trafen uns ein paar Mal. Plötzlich hat es gefunkt. ‹Tausend Mal berührt, tausend Mal ist nix passiert. Tausendundeine Nacht und es hat Zoom gemacht›.»
«Klaus Lage, ich kenne den Song. Hanno Helmers ist um einiges älter, oder?»
«Zwanzig Jahre. Eine Faustregel besagt, fünfzehn gehen in Ordnung, zwanzig sind eine Spur zu viel. Aber das ist ja nur so Geschwätz. Ich fühle mich bei ihm wohl, geborgen wäre der richtige Ausdruck. Wir harmonieren gut zusammen. Zudem ist Hanno ein gewiefter Geschäftsmann. Das gefällt mir.»
«Und Ihr Job?»
«Meiner? Ich bin die gute Seele der Truppe», lachte sie, «Zuhörerin, Vermittlerin, Kupplerin, Bote, Troubleshooterin, Seelentrösterin, Mädchen für alles. Das macht mir Spass. Natürlich auch, weil die Devils erfolgreich sind. Ich stehe gern im Rampenlicht.»
«Sie arbeiten aber, Verzeihung, nur hinter den Kulissen. Reicht Ihnen das?»
«Wissen Sie, bei mir und meinem Mann laufen alle Fäden zusammen. Nicht nur, dass ich über alles Bescheid weiss, ich bin auch überall mit von der Partie. Kein wichtiger Anlass, kein gigantischer Empfang ohne mich. Leute, die die Jungs auf ihre Partys einladen möchten, stehen nur so Schlange. Vom Bankdirektor bis zum Präsidenten von weiss nicht was. Die Devils kommen irre gut an. Das öffnet viele Türen. Und so gesehen, bin ich auch ein klein wenig berühmt und stehe im Rampenlicht.»
«Ich hätte nie gedacht, dass eine Schweizer Band einmal solch einen Durchbruch schafft.»
«Sie sind nicht die ersten.»
«Sondern?»
«DJ Bobo ist genau so berühmt. In Übersee sogar weitaus berühmter. Als Deutsche musste ich mich zuerst mit der Schweizer Mentalität vertraut machen. Wenn wir in Deutschland einen Star haben, dann himmeln wir ihn vorbehaltlos an und sind mächtig stolz. Bei euch ist das ganz anders. Ihr sagt dann, ja, ja, den gibt es auch noch, vergleicht ihn mit einem Ausländer, der nur halb so prominent ist, und lauft diesem nach.»
«Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Da ist was Wahres dran.»
«Er gilt vor allem nichts in der Schweiz. Sie haben eben genauso reagiert, als ich den Namen DJ Bobo erwähnte. Ja, ja, der DJ Bobo. Er singt ein wenig. Ja, ja, die Devils. Liebe Jungs. Ja, ja, Arthur Cohn. Ein netter Filmproduzent. Fragen Sie jemanden auf der Strasse oder dort drüben die vier Männer am Tisch, die immer rüberschauen und Sie mit den Augen ausziehen, was Arthur Cohn erreicht hat. Wetten, dass sie nicht wissen, dass er sechsfacher Oscarpreisträger
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