Requiem für einen Rockstar (German Edition)
und klar. Dann ist mir etwas ganz Dummes rausgerutscht. Nämlich, dass sie sich ja immer noch an John ranmachen könne, wenn es mit Alf schief ginge. Es sei doch immer gut, zwei Pferde am Laufen zu haben. Ein blöder Spruch von mir.»
«Der zur Eskalation führte.»
«Vielmehr eine Kettenreaktion auslöste. Joanna hat Alf heiss gemacht, worauf er unkonzentriert spielte, was Piet und John nicht goutierten und ihn sich deshalb nach dem Konzert vornahmen. Das war des Guten zu viel für Alf, er ist auf mich losgegangen und hat mir ein blaues Auge verpasst.»
«Haben Sie ihn angezeigt?»
«Ach was. Ich habe es provoziert. Die Sache ist für mich längst abgehakt. Entschuldigen Sie, ich will nicht unhöflich sein, aber ich habe um fünf einen Termin. Haben Sie noch Fragen an mich?»
«Im Augenblick nicht. Falls ich noch etwas wissen möchte, rufe ich Sie an.»
Ina Helmers schrieb ihre Handynummer auf einen Zettel und verabschiedete sich.
Nadine setzte sich an den Rand des Tinguely-Brunnens, zog den rechten Schuh aus und kühlte den Fuss im Wasser. Das tat gut. Die Mode forderte ihre Opfer. Da musste frau durch. Was hatte das Gespräch gebracht? Hm. Eigentlich nicht viel. Nicht den geringsten Anhaltspunkt, der einen Mord rechtfertigte. Eine Ansammlung von lieben, guten Menschen. Keiner verdächtigt den anderen und keiner spricht schlecht über den Toten. Anscheinend ist John ein Heiliger gewesen. Der heilige Johannes! Das passte. Die Aussagen bestätigten die Presseberichte über die Devils. Keine Skandale, keine Sexpartys, keine Drogen. Friedliche Jungs, die Musik machten. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Langsam und gleichmässig im Takt einer quietschenden Plastik. Die könnten sie auch wieder einmal ölen, dachte Nadine und schaute auf ihr Handy. Sie grinste, als sie sah, dass Ferrari schon mehrmals vergeblich angerufen hatte. Siehst du, Francesco, so kann es einem ergehen. Ärgerlich, nicht wahr? Vielleicht lernst du ja doch noch, auf die Combox zu sprechen. Trotz fortgeschrittenem Alter.
Nadine traf im Büro einen nachdenklichen Kommissär.
«Sorry, ich habe nicht aufs Handy geschaut. Aber jetzt bin ich ja da.»
«Mich würdest du beschimpfen.»
«Stimmt!»
Nadine klimperte mit den Augen und lächelte verführerisch.
«Ja, ja, die Waffen einer Frau. Ich verzeihe dir. Lass uns den Fall Punkt für Punkt durchgehen. Erzähl du zuerst, wie dein Gespräch mit Ina Helmers war. Danach werde ich dir von meiner Verabredung mit Alf Graf berichten.»
Um halb sieben waren sie keinen Schritt weiter. Borer hatte auch noch kurz seinen Senf dazugegeben. Aber wirklich nur Senf, wie Nadine betonte. Der einzige Ansatzpunkt war die Bemerkung von Joanna.
«Glaubst du, dass etwas an Joannas Vermutung dran ist?»
«Dass Ina Alf aus der Band ekeln will?»
«Ja, um für Luke Platz zu schaffen. Sie hat von ihm geredet, aber nicht gerade positiv. Der würde sicher nicht in die Band passen.»
«Mir geht das mit der Freundin nicht aus dem Kopf. Wer ist diese geheimnisvolle Person?»
«Frau Helmers wusste es nicht. Und sie ist nun wirklich nah am Geschehen dran. Wenn wir schon nicht weiterkommen, dann kann ich ja jetzt auch Feierabend machen.»
«Dein Feierabend hat bereits zwei Mal nach dir gefragt. Wahrscheinlich denkt er, dass du ihn wieder versetzt.»
«Aha! Aber das, mein Lieber, geht dich nichts an. Und was ich heute Abend noch alles unternehme, wird mein Geheimnis bleiben. Ciao, Francesco. A domani.»
12. Kapitel
Ferrari hatte schlechte Laune. Äusserst schlechte. Gut, sie ermittelten zwar erst seit zwei Tagen, aber sie waren keinen Schritt weitergekommen. Keine Verdächtigen. Kein Motiv. Keine Tatwaffe. Kein roter Faden. Kein Licht am Ende des Horizonts. Dunkel, so weit das Auge blickte. Er grübelte vor sich hin. Freitag. Also bald Wochenende. Und da tat sich bekanntlich auch nicht viel.
«Guten Morgen, Francesco. Ich weiss, wo wir diesen Lukas Egloff finden. Er wohnt in der Hochstrasse.»
«Im Gundeli? Da war doch vor kurzem eine Schiesserei.»
«Richtig. Aber Luke lebt noch! … Kleines Scherzchen am Rande. Ina Helmers hat mir seine Adresse gegeben. Er wartet auf uns.»
Ferraris Laune wurde dadurch auch nicht besser.
«Wenn es sein muss. Fahren wir mit dem Sechzehner?»
«Nichts da. Wir nehmen meinen Wagen. Am frühen Morgen finden wir sicher einen Parkplatz.»
Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten. Unheilvolle, wie Ferrari befand. Mühsam kroch er aus dem Wagen und bedankte sich bei seinem Schutzengel.
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