Requiem für einen Rockstar (German Edition)
einen Stasimitarbeiter.»
Borer verzog das Gesicht.
«Deshalb bin ich hier. Es war nicht so gemeint.»
«Wie denn?»
«Eine dumme, nein, eine saudumme Bemerkung von mir. Hören Sie, Ferrari, der Canossagang hierher ist mir nicht leicht gefallen. Aber er musste sein. Ich hatte einen schlechten Tag. Der Erste Staatsanwalt ist mit der Entwicklung im Fall Körner total unzufrieden. Ich weiss, dafür können Sie nichts. Das ist Stolls Fall. Seit Wochen gibt es keine neue Spur. Er verliert langsam die Geduld und die Nerven. Dann liegt mir die ganze Schweizer Presse wegen des Mordes an John Lauscher in den Ohren. Ich kann die Journalisten zwar noch hinhalten, aber nicht mehr lange. Wir müssen Erfolge aufweisen, sonst drohen uns unerfreuliche Schlagzeilen. Heute habe ich sicher zehn dieser Hyänen beruhigen müssen plus den Ersten Staatsanwalt sowie den Regierungsrat. Das Ganze zieht weite Kreise. Und zu guter Letzt hat mich Martin Streller angerufen. Er hat mir gedroht, dass er meine Nationalratskandidatur nicht mehr unterstützen will, wenn ich nicht dafür sorge, dass Sie Hanno Helmers mit Samthandschuhen anfassen. Das war einfach zu viel für einen Tag …» Jakob Borer erhob sich förmlich. «Herr Kommissär, ich möchte mich aufrichtig entschuldigen. Ich habe mich schlicht daneben benommen. Und, dass ich Ihr Vorgehen mit Stasimethoden verglichen habe, bedaure ich sehr.»
«Sie haben mich tief gekränkt, Herr Staatsanwalt.»
«Es tut mir leid. Ich kann das Gesagte nicht mehr rückgängig machen. Ich kann nur wiederholen, dass es nicht so gemeint war, und mich nochmals in aller Form entschuldigen. Ich bin weit übers Ziel hinausgeschossen. Grundlos. Ich akzeptiere auch, wenn Sie mir nicht verzeihen.»
Ferrari drückte dem Staatsanwalt fest die Hand.
«Möchten Sie ein Glas Wein? Einen Chablis?»
«Sehr gern … wenn ich nicht störe.»
Er sah fragend zu Monika hin, die bereits mit einem Weinglas im Türrahmen stand.
«Hm … ausgezeichneter Tropfen … ein Chablis sagen Sie?»
«Ja, Monikas Lieblingswein.»
«Wirklich ausgezeichnet. Ich … wenn wir schon beim Beichten sind, dann muss ich Ihnen noch etwas sagen, Ferrari.»
Monika und der Kommissär sahen Borer gespannt an.
«Ich … also … was ich sagen wollte … ganz so freiwillig bin ich nicht hier, wie es den Anschein macht.»
«Sondern?»
«Damit keine Missverständnisse zwischen uns aufkommen, ich hatte seit unserer Auseinandersetzung keine ruhige Minute mehr. Ich hätte Sie morgen früh sofort aufgesucht und um eine Unterredung gebeten. Und ich hätte Ihnen das Gleiche gesagt wie eben. Sie sind der beste Ermittler, den wir haben. Das ist eine Tatsache.»
«Weshalb sind Sie dann trotzdem heute Abend noch hierher gefahren? Das liegt ja nicht gerade auf dem Weg aufs Bruderholz.»
«Es … nun … wie soll ich das sagen? Ich hatte am Bankett einen unerwarteten, etwas unerfreulichen Besuch.»
Monika musste lachen.
«Schön, dass du darüber lachen kannst, Monika, aber ich verstehe nur Bahnhof.»
«Nun … Ihre Kollegin ist wie der Blitz eingefahren.»
«Nadine?»
«Frau Kupfer, in der Tat. Sie hat den Anlass, sagen wir mal, auf eine eigenartige Weise bereichert. Ums kurz zu machen, sie hat sich einfach zu uns an den Tisch gesetzt und mir gesagt: ‹Wenn Sie sich nicht augenblicklich bei Francesco entschuldigen, reisse ich Ihnen den Arsch auf. Und falls nicht› … wie war das noch? … ‹dann frisst Ihnen nicht einmal mehr eine Ratte aus der Hand, wenn ich hier mit Ihnen fertig bin.› Diese Bezeichnung habe ich vorher noch nie gehört. Aber so in etwa waren ihre Worte.»
«Starke Ansage!», bemerkte Monika anerkennend.
«Mir ist das Lachen vergangen. Als sich einer meiner Parteifreunde einmischen wollte, ist sie vollends ausgerastet. ‹Ich bin die Tochter von Nationalrat Kupfer aus Bern und wenn du mich anrührst, sorge ich dafür, dass deine Karriere beendet ist.› Und dann hat sie ihn noch mit Wichser tituliert.»
Monika klatschte vor Freude in die Hände.
«Frauenpower, meine Herren!»
«Ich habe dann den Präsidenten gebeten, mich zu entschuldigen, und bin mit Frau Kupfer zusammen hinausgegangen. Den Rest der Geschichte kennen Sie ja … So, jetzt fühle ich mich besser.»
Gegen Mitternacht erhob sich der Staatsanwalt.
«Wieder Kollegen?»
«Ja. Schwamm drüber, Herr Staatsanwalt. Danke, dass Sie gekommen sind.»
«Danken Sie Ihrer Assistentin. Sie ist eine gelehrige Schülerin, Ferrari. In einigen Dingen bleibt Sie Ihnen
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