Requiem für einen Rockstar (German Edition)
ermitteln.
«Dein Stürmerstar scheint wenig begeistert zu sein, dass er nicht in die Garderobe darf. Auf jeden Fall diskutiert er heftig mit unserem Kollegen. Ich dachte, es findet in den nächsten Tagen kein Spiel statt», unterbrach Nadine Ferraris Grübeln.
«Stimmt. Einige der FCB-Spieler sind in der Nati, die anderen im Schwarzwald in einem Kurztrainingslager. Hier können sie ja wegen dem Konzert nicht trainieren. Nur die Pfeife da ist verletzt. Der Trottel soll seine Energie besser dafür verwenden, Tore zu schiessen, als hier zu diskutieren. Wenn ich an den Sechzehntelfinal im UEFA-Cup denke, kommt mir noch immer die Galle hoch.»
«Pech gehabt. Die anderen waren halt besser.»
«Hm!»
Das sah der erfolgsverwöhnte Fussballfanatiker Ferrari anders. Nach einer grandiosen Champions-League-Saison vor sechs Jahren mit Spielen gegen Liverpool und ManU war es für ihn und dreissigtausend andere sonnenklar gewesen, dass der FCB nun einen Stammplatz in der Champions League haben würde. Doch die folgenden Saisons hielten den Erwartungen nicht stand. Die Champions League und sogar der Meistertitel rückten in weite Ferne. Das war noch nicht alles. In der vergangenen Spielzeit folgte ein diskussionsloses Aus im UEFA-Cup. Eine Blamage. Da wäre mehr drin gelegen. Dessen war sich der Kommissär sicher.
«Immerhin habt ihr in dieser Saison das Double geholt.»
«Aber nicht dank dem da. Ich nehme mir die Niete zur Brust.»
«Bleib hier, Francesco. Ich spreche mit ihm. Dir fehlt die nötige Distanz. Man könnte sagen, du bist befangen.»
Kleine bescheidene Männerwelt, dachte Nadine kopfschüttelnd, die einen charmanten Spieler erlebte, der ihr die Hände tätschelte und selbstverständlich darauf verzichtete, unnötige Utensilien, aus welchen Gründen auch immer, aus der Kabine zu holen. So nebenbei lud er Nadine zu einem Abendessen ins Restaurant «Bruderholz» ein. Sie liess es zwar offen, notierte sich aber seine Handynummer.
«Schwarzgelockter Goggel!»
«Er ist wirklich charmant.»
«Was wollte der Chancentod?»
«Der was?»
«Der Chancentod! Versiebt hundert Chancen, bis er mal einen versenkt.»
Der FCB-Spieler warf Nadine Kusshändchen zu. Ferrari schnitt angewidert eine Grimasse.
«Nun, was wollte er?»
«Persönliche Dinge aus der Kabine holen. Er hat mich ins ‹Bruderholz› eingeladen. Ich werde es mir überlegen. Schliesslich ist er nach Gimenez und Petric zusammen mit Marco Streller der erfolgreichste Torschütze der letzten Jahre.»
Ferrari staunte nicht schlecht.
«He! Du interessierst dich ja für Fussball! Das habe ich gar nicht gewusst.»
«Zwangsläufig. Nach jedem Spiel gibt es im Kommissariat sowieso nur ein Thema, nämlich euren über alles geliebten FCB. Ihr merkt das gar nicht mehr. Fussball, Fussball und nochmals Fussball. Wenn man einmal zusammenrechnen würde, wie viel Arbeitszeit mit diesen Diskussionen verloren geht, da käme eine stolze Zahl zusammen.»
Der Kommissär ging auf Nadines Bemerkung gar nicht ein.
«Wir hätten im UEFA-Cup weit kommen können. Vielleicht sogar bis in den Halbfinal oder sogar in den Final, wenn wir im Match gegen Lissabon nicht schon nach zwei Minuten den ersten Treffer kassiert hätten … Lach nur! Wir waren gedanklich irgendwie noch nicht richtig auf dem Platz. Und schon war alles aus.»
«Das solls geben. Aber so schlecht war die Saison doch nicht. Ich meine vom Ganzen her gesehen.»
«Ja, ja, das Double. Aber wie das zu Stande kam! Jeder Match eine Zitterpartie. Gegen Aarau und Thun sogar nur ein Unentschieden! Gegen diese Provinzmannschaften sind wir nicht über ein Remis hinaus gekommen.»
«Du kannst dich ja als Trainer bewerben und es besser machen.»
«Ha! Das wäre kein Problem.»
«Cheftrainer Francesco Ferrari! Da lachen ja die Hühner», spottete Nadine.
«Denen würde ich die Leviten lesen. Und wie. Ich hätte da schon die eine oder andere Idee …»
«Du vergisst, dass ihr Meister und Cupsieger geworden seid und euch jetzt sogar für die Champions League qualifiziert habt», wiederholte Nadine genervt.
Doch Ferrari hörte nicht zu.
«Ich würde den Lackaffen da in seinem Ferrari hochkant rauswerfen und mit ihm die halbe Mannschaft. Ach was, die gehen ja sowieso. Sobald ihnen ein Club mehr bietet. Das ist der eigentliche Jammer. Es fehlt den Spielern an der notwendigen Identifikation mit dem Club und der Stadt. Treue ist ein Fremdwort geworden. Ich frage mich, wo unsere Ideale geblieben sind? Auf jeden Fall haben wir
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