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Reseph

Reseph

Titel: Reseph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Ione
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keine relativ normale, häusliche Familie.
    Thanatos winkte ihr. »Komm schon. Zu Reseph geht’s hier lang.«
    Jillian sah Limos an, die ihr aufmunternd zunickte. »Thanatos beißt nicht.« Sie warf Thanatos einen finsteren Blick zu. »Wehe, du beißt.«
    »Haha.« Er bog in den Gang ein, sodass Jillian nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen. Als sie eine Tür erreichten, blieb er stehen. »Hat dir Limos die Lage erklärt?«
    »Du meinst, dass sein Siegel gebrochen ist und er böse wurde und beinahe das Ende der Welt verursacht hätte? Ja, ich kenne die Kurzfassung.«
    Thanatos hob eine Augenbraue. »In diesem Fall danke ich dir, dass du das hier tust, Mensch. Ich bezweifle, dass viele andere dasselbe tun würden. Aber ich meinte eigentlich seinen Zustand.«
    »Sie sagte, er verletzt sich selbst.«
    »Etwas in der Art.« Er presste die Lippen zu einem grimmigen Strich zusammen. »Ich weiß nicht, wie er auf dich reagieren wird, aber erwarte nicht den Mann, den du einmal gekannt hast.« Er öffnete die Tür. »Schrei, wenn du etwas brauchst.«
    Schreien. Na großartig. Das klang nicht sehr beruhigend. Trotzdem … Sie kannte Reseph. Sie würde sich von diesen Leuten nicht ins Bockshorn jagen lassen. Sie war stark. Sie würde nicht durchdrehen.
    Sie betrat das Schlafzimmer.
    Und drehte prompt durch.

23
    »Oh Reseph«, flüsterte Jillian. »Was haben sie dir nur angetan?« Thanatos und Limos hatten sie gewarnt, aber dies ging über alles hinaus, was sie sich hätte vorstellen können.
    Reseph saß mit dem Rücken zur Wand da; sein Körper war eine einzige Masse aus Wunden in verschiedenen Stadien der Heilung. Die Arme hatte er um die angezogenen Knie gelegt, sein Kopf baumelte herab, seine Haare verbargen das Gesicht. Er trug lediglich Shorts und wiegte sich ohne Unterlass vor und zurück, während leises Stöhnen aus seinem Brustkorb drang.
    Dicke elfenbeinfarbene Ketten schienen direkt aus seiner Haut an den Fußknöcheln zu wachsen, die ihn wie ein Wurzelsystem mit der Wand verbanden. Sie waren lang, ließen ihm genug Freiraum, um sich im Zimmer und im angrenzenden Bad zu bewegen, aber nicht lang genug, um durch die Tür gehen zu können.
    »Reseph?« All ihre Ängste waren mit einem Schlag verschwunden, und sie eilte zu ihm, sank neben ihm auf die Knie. »Hey, ich bin’s. Jillian.«
    Als er nichts sagte, sondern nur weiterhin den Oberkörper wiegte, streckte sie sehr langsam die Hand aus, um ihm das Haar zurückzustreichen. Sie unterdrückte einen Schreckenslaut, als sie die Blutergüsse um seine Augen und die tiefen Wunden in seinen Wangen sah. Lieber Gott, es sah aus, als ob er sich mit den eigenen Nägeln das Fleisch aufgerissen hätte.
    »Reseph.« Diesmal sprach sie lauter, mit mehr Kraft, und er zuckte zusammen.
    In einer Serie abgehackter Bewegungen hob Reseph den Kopf und richtete seinen glasigen Blick auf sie. Einige quälende Sekunden lang war sich Jillian nicht sicher, ob er sie wiedererkannte.
    »Jillian?« Seine Stimme war rau und heiser. »Du siehst wie meine Jillian aus.«
    Meine Jillian.
Bei diesen Worten stiegen frische Emotionen an die Oberfläche, und sie musste erst schlucken, ehe sie sprechen konnte. »Ich bin es. Ich bin hier.«
    Seine Hand zitterte, als er sie nach ihr ausstreckte, doch wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht hielt er inne.
    »Weiter«, flüsterte sie. »Ich bin wirklich hier.«
    Seine Fingerspitze streifte ihre Wange, und dann seine Handfläche, und dann – so abrupt, dass ihr die Luft wegblieb – legte er die Arme um sie und zog sie an sich.
    »Ich kann’s nicht glauben«, erklang seine heisere Stimme an ihrem Ohr. »Ich kann’s einfach nicht glauben. Oh, Mist. Wie lange? Jillian, wie lange ist es her?«
    »Ein paar Tage.«
    »Nein, das kann nicht sein. Monate, es sind inzwischen Monate vergangen.«
    Wie grauenhaft mussten seine Qualen gewesen sein, um ihn glauben zu lassen, er stecke schon seit Monaten in diesem Zimmer? »Aber das spielt keine Rolle. Jetzt bin ich ja da.«
    Er wich gerade weit genug zurück, um sie zu küssen, und ja, es hatte sich wirklich angefühlt, als ob es Monate her wäre. »Ich hab dich vermisst. Ich war … ich war …«
    »Ich weiß.« Sie fuhr seine Unterlippe mit einem Finger nach, strich behutsam über eine frisch verheilte Wunde. »Wann hast du zum letzten Mal gegessen?«
    Er runzelte die Stirn. »Abendessen. An diesem Abend mit dir.«
    »Dann hast du jetzt seit über einer Woche nichts mehr zu dir genommen? Scheiße. Okay, warte

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