Reseph
würde.
»Aber diese Option hat sie dir nicht angeboten, Idiot.«
Er grummelte weiter vor sich hin und sah durch das enge, vergitterte Fenster auf den Spielplatz hinaus, wo eine Frau Kinder bei einer Schneeballschlacht beaufsichtigte. Sie lächelte ihnen immer wieder zu, doch Reseph merkte ihr die Nervosität an. Ihre starre Körperhaltung zeugte davon, dass sie bereit war, beim geringsten Anlass zu kämpfen oder zu fliehen; ihr Blick wanderte unruhig über ihre Umgebung, als ob sie jederzeit damit rechnete, von Ungeheuern überfallen zu werden.
Diese Frauen haben Angst davor, allein zu sein.
Matthews Stimme hallte in Resephs Ohren wider.
Sie befanden sich nach wie vor in den Krallen ihrer Dämonen. Jillian war genau wie sie. Er hatte es in ihren Augen gesehen, als sie an jenem Abend zusammen in der Scheune waren. Ob Jillian verletzt worden war? Oder war sie verwitwet? Sie hatte keinen Ehemann erwähnt, aber vielleicht war ihr Verlust einfach zu schmerzhaft, um darüber zu sprechen.
Reseph musste mehr herausfinden. Sicherlich kannte irgendjemand Jillian gut genug, um ihm etwas über sie zu erzählen.
Er warf das Klemmbrett beiseite und machte sich auf die Suche nach Nancy. Sie war nicht am Empfang, aber er hörte ihre Stimme aus einem Zimmer ein Stück den Korridor hinunter. Schon nach wenigen Schritten verlangsamte er sein Tempo, als er ihre Stimme deutlich von denen der anderen beiden Frauen unterscheiden konnte.
»Ich bin nicht sicher, ob es mir wirklich gefällt, einen Mann hier wohnen zu haben«, sagte Nancy. »Vor allem jemanden mit Amnesie. Ich meine, was wissen wir denn schon über ihn – er könnte sogar ein Serienmörder sein.«
Immer diese …
Vorurteile
. Reseph – tief verletzt – unterdrückte einen Fluch. Nancy könnte recht haben, aber er könnte genauso gut ein weltberühmter Chirurg sein, der Zeit und Geld Waisen in der Dritten Welt opferte.
»Hat der Deputy nicht gesagt, er würde seine Fingerabdrücke überprüfen?«, fragte eine Frau, deren Stimme nach zwei Päckchen Zigaretten am Tag klang.
»Das bringt aber nur was, wenn seine Abdrücke in der Datenbank sind«, sagte eine andere Frau.
»Ich weiß ja nicht, wie’s euch geht«, sagte die Raucherstimme, »aber nach allem, was den beiden Bjornsens passiert ist, macht mich die Tatsache, dass dieser Reseph nur zwei Kilometer von ihnen entfernt gefunden wurde, ganz schön nervös.«
»Die Bjornsens?«, fragte Nancy.
Die rauchige Stimme der Frau wurde noch tiefer. »Die Bjornsens, das ist dieses komische Pärchen, das aus Kalifornien hergezogen ist.«
»Die hab ich mal getroffen«, sagte Nancy. »Was ist denen denn passiert?«
»Schhhh. Ich glaube, das ist noch gar nicht offiziell. Ich weiß es auch nur, weil ich zufällig gehört habe, wie Sheriff Miller im
Purple Plate
telefoniert hat. Er sagte, dass die Bjornsens vor ein paar Nächten in ihrem eigenen Wohnwagen abgeschlachtet worden sind. Was für ein Zufall, dass dieser Mann genau zur selben Zeit hier auftaucht und sich an nichts erinnern kann.«
Reseph drehte sich der Magen um. Er glaubte nicht, dass er so etwas getan haben könnte, aber das Schlüsselwort hier war
glauben
.
Wissen
tat er nicht allzu viel. Auch wenn er sich ziemlich sicher war, dass er kein wohltätiger Weltklassechirurg war.
»Hat die Polizei ihn deswegen schon verhört?«
»Ich weiß es nicht, aber soweit ich gehört habe, soll angeblich ein Tier für diese Todesfälle verantwortlich sein.« Die Stimme der Frau wurde zu einem Flüstern. »Oder ein Dämon.«
»Sag so was nicht«, erwiderte Nancy scharf. »Die Dämonen sind weg.«
Reseph wich rückwärts von der Tür zurück. Ein Mörder lief frei herum, ganz in Jillians Nähe, und ob es nun ein Dämon oder ein Tier war, spielte keine Rolle. Auch wenn er nach wie vor traurig und wütend war, wie sie ihn im Stich gelassen hatte – er würde sie nicht im Stich lassen.
Aber was, wenn es doch du warst, der diese Leute umgebracht hat?
Das konnte nicht sein. Schließlich hätte Deputy Dämlich ihn verhört, wenn er auch nur den geringsten Verdacht gehabt hätte.
Reseph musste den Tatort sehen. Musste wissen, dass er für das Abschlachten der Bjornsens nicht verantwortlich war.
Aber zuerst musste er sich vergewissern, dass es Jillian gut ging.
Ohne Reseph war das Haus so leer. Schlimmer noch, Jillian sah immer wieder sein Gesicht vor sich, wie er sie angesehen hatte, als sie ihm gesagt hatte, dass sie ohne ihn nach Hause fahren würde. Sie war absichtlich
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