Reservierung for Lucky One (German Edition)
Gegenüber wütend an.
»Was meinst du?«, fragt er scheinheilig.
»Ich bin nicht deine Freundin.«
»Aber du wärst es gerne.«
Pah, das ist wirklich an Unverfrorenheit nicht zu übertreffen! Mit einem vernichtenden Blick mustere ich ihn von oben bis unten. »Du bist wohl nicht ganz meine Altersklasse. Wie alt bist du? Siebzehn? Höchstens achtzehn?«
Sein klares Lachen erfüllt den Raum. »Schätzen gehört nicht gerade zu deinen Stärken, aber danke für die Blumen. Wenn du neun Jahre drauflegst, kommen wir der Sache schon näher.«
Ich beobachte ihn aus dem Augenwinkel. Siebenundzwanzig, da lag ich mit meiner ersten Schätzung eben ja eigentlich ziemlich gut, aber das musste er ja nicht erfahren. »Warum kleidest du dich dann wie ein Teenager?«
»Das ist meine übliche Reisekleidung, locker und bequem.« Er schaut mich abschätzend an. »Wie alt bist du, Lilly?«
Ich rücke meine Brille zurecht. »Vierundzwanzig, und nein, ich wäre nicht gerne deine Freundin«, antworte ich der Höflichkeit halber, bin nun aber nicht mehr gewillt, ihm noch weitere Infos zu geben. Ich weiß gar nicht, warum ich überhaupt damit angefangen habe.
»Aber du hast keinen Freund.« Das ist keine Frage, sondern eine Feststellung. Es fuchst mich ungemein, nicht nur weil er so bestimmend ist, sondern auch, weil er recht hat. Na klar, einem Mädchen wie mir traut man auch keinen Freund zu. Eher eine Karriere als Buchhalterin.
Unvermittelt steht er auf und geht. Ich traue meinen Augen nicht. Bin ich ihn wirklich los? Aber nein, er hat ja seine Reisetasche und die Jacke hängen lassen. Vermutlich muss er mal für kleine Königstiger. Mein Blick fällt auf seine Kehrseite und bleibt an seinem Hintern hängen. Knackig in der gut sitzenden Jeans. Er ist schon einen zweiten Blick wert. Wenn er nur nicht so ein Blödmann wäre.
Ich krame aus meiner Tasche ein kleines Notizbuch – mein Tagebuch. Nein, ich schreibe dort nicht die Träume oder Wünsche eines kleines Mädchen hinein, sondern es ist ein Reisetagebuch, damit ich mich später an mein spontanes erstes Abenteuer erinnern kann, das mich neben dem B und E auch ein T vergessen lassen soll.
»Was schreibst du da?«
Hennings Kopf schiebt sich neugierig über meine Schulter. »Hier für dich.« Er hält mir eine Tasse mit duftenden Kaffee unter die Nase.
Ich komme nicht umh in, genussvoll zu stöhnen. Ohne Kaffee bin ich nur ein halber Mensch und heute Morgen hatte ich noch keinen. Ich bedanke mich verwundert und sehe, dass er seinen mit Milch trinkt.
»Ich wusste, dass du Kaffee magst, nur nicht wie.«
Ich nicke. »Danke, genau richtig, ohne Milch und Zucker. Wofür ist der?«
»Ein Friedensangebot, ich denke, wir fangen noch einmal von vorne an. Hey, ich bin Henning Glück und freue mich dich kennenzulernen, Lilly.« Er reicht mir die Hand und setzt sich. Ich ergreife sie zögerlich, weiß nicht so recht, was er damit bezweckt. Seine Hand ist warm – und angenehm. Nicht schwitzig, schlanke saubere Finger. Ich muss lächeln, schöner Po, schöne Hände. Irgendwie.
»Wir haben das gleiche Ziel . Was machst du in Paris?«, fragt er und nimmt einen Schluck Kaffee.
Ich bin versucht, ihm einfach eine Geschichte aufzutischen, doch warum Spielchen spielen ? Ich sollte das hier nehmen als das, was es ist – eine nette Unterhaltung auf einer langweiligen Zugfahrt. Wir werden uns ja nie wieder über den Weg laufen.
»Ich fahre meinem ersten Abenteuer entgegen und mache fünf Tage Urlaub in Paris, um mir die Stadt anzusehen. Ich bin noch nie allein verreist. Meine Eltern haben mich ständig mitgeschleppt, aber im Alleingang ...«
»Wow, Lilly Adventure, cool. Aber warum ausgerechnet Paris? Ich meine – die Stadt der Liebe.«
Verlegen schaue ich aus dem Fenster, beiße mir auf die Wange, bloß nicht weinen, nicht jetzt, nicht hier. Ich probiere ein scheues Lächeln.
»Okay, blöde Frage. Ich fahre ja auch allein«, beantwortet Henning seine Frage selbst und ich bin froh darüber.
»Warum fährst du allein?«, hake ich nach, ich kann nicht anders.
Henning schaut mich offen und ehrlich an. »Weil ich mich getrennt habe.«
So wie ich , geht es mir durch den Kopf, sage es aber nicht laut, sondern nicke nur. Es entsteht ein peinliches Schweigen, bis er plötzlich sagt: »Ist schon eine Weile her, da war der Kurzurlaub aber schon geplant, ich konnte ihn nicht mehr stornieren. Also fahre ich eben allein.« Er grinst und zu meiner Überraschung wirkt das echt. Er scheint
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