Reservierung for Lucky One (German Edition)
kann, und die Sonne scheint strahlend blau vom Himmel. Die Farbe erinnert mich an Hennings Augen und ich muss lächeln. Schade, dass wir schon die Hälfte der Zugfahrt hinter uns haben, bald erreichen wir Paris und unsere Wege werden sich trennen. Leider , denke ich. Er ist eine nette Reisebegleitung, mit ihm würde Paris sicherlich mehr Spaß machen, doch ich darf mich hier nicht in Wünsche verrennen. Vielleicht können wir in Paris ja mal einen Kaffee zusammen trinken.
Ich kehre mit einem Wasser und einer Cola Light zu meinem Platz zurück. Mittlerweile ist der Zug voll und ich kann es kaum noch erwarten, bis wir endlich unser Ziel erreichen.
»Du stehst auf Snow Patrol ?«
Ich frage mich, woher Henning das schon wieder weiß.
»Dein Handyklingelton«, erklärt er kurz.
Ich nicke. »Ja, die finde ich super. Was ist mir dir, was hörst du so?«
» Her Name Is Calla – sagt dir das etwas?«
Ich schüttel e den Kopf, da holt er sein iPhone aus der Tasche, stöpselt meine Kopfhörer ein und reicht es mir. Einen kurzen Moment ist es still, dann baut sich ganz langsam eine Melodie auf – Schlaginstrumente, Keyboard, es wird lauter und dann setzt eine Stimme ein. Monoton, doch das Lied zieht mich in seinen Bann, trägt mich in höhere Sphären. Ich blicke in Hennings Augen und bin in diesem Augenblick verloren. Die Musik wird immer lauter:
Filming you sleep
Kissing French style
With no feelings at all
Forgetting to love you
And you forgetting to love me back
Restless for Adventure
But too scared to go out
Reading lots but nothing sinks in
Adrenaline rushing but going nowhere
Taking but not giving.
Der Song berührt mich so sehr, dass ich es kaum beschreiben kann. Ich nehme die Stöpsel aus meinen Ohren.
»Das ist wundervoll. Wie heißt es?«
» Thief von dem Album The quiet Lamb von Her Name Is Calla .«
Der Song hallt in mir nach und ich bin sprachlos.
»Hat er dich betrogen?«, fragt Henning in die Stille hinein, die mich umgibt.
Ich nicke. Mit einem Mal sehe ich die Beziehung zu Tom distanziert. Er war da, damit ich mich nicht so allein fühlte, aber tiefe Gefühle für ihn spüre ich nicht in mir.
»Ja, mit einer, die er wirklich verdient hat«, lache ich auf einmal, und dieses Lachen ist ziemlich befreiend. »Nicht er hat mich verletzt, sondern seine Worte, dass ich langweilig und kleinkariert wäre. Aber weißt du was, ich bin gerne langweilig und kleinkariert.«
Henning schüttelt bedächtig den Kopf. » Lilly, du bist alles andere als langweilig – bei kleinkariert bin ich mir noch nicht so sicher, aber langweilig auf keinen Fall. Außerdem würde kleinkariert gut zu mir passen, ich bin nämlich großkariert«, sagt er und schaut auf sein Hemd mit den Karos.
Ich lache auch vollem Hals und bin seit Wochen endlich mal glücklich.
Der letzte Satz des Textes geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Taking but not giving – die genaue Umschreibung für Tom, und damit schließe ich dieses Kapitel in meinem Leben. Forgotten and not missing – heißt es ab heute nur noch.
»Wo übernachtest du in Paris?«
Henning hat einige Zeit Musik gehört, während ich gelesen habe, doch jetzt sitzt er aufrecht und schaut mich fragend an.
»Ich habe ein Zimmer in einem kleinen Hotel nahe dem Eiffelturm. Es hat gute Bewertungen erhalten, ich hoffe, sie entsprechen der Wahrheit. Und du, wo übernachtest du?«
»Ich wollte mir erst eine hübsche Brücke suchen, doch dann habe ich mich für das Marriott entschieden. Direkt in der Nähe des Arc de Triomphe.«
Er hat wirklich Humor. Ich mag Männer, die vor Ideen nur so sprühen. Aber ein 600 Euro-die-Nacht-Hotel traue ich ihm nicht zu. »Oh, den Ausblick würde ich gerne mal sehen.«
»Kein Problem, ich lade dich ein. Dann kannst du mir auf deiner Geige etwas vorspielen.«
»Abgemacht.« Ich halte ihm meine Hand hin und er schlägt ein.
»Gib mir deine Handynummer, damit ich dich erreichen kann.«
Wir tauschen unsere Nummern aus, dazu muss ich mein Telefon wieder einschalten, weil ich mir meine Nummer einfach nicht merken kann. Kaum läuft es wieder, geht eine SMS ein. Vielleicht von meinen Eltern? Nein, sie ist von Tom.
WER IST DIESER KERL?
»Was ist los?« Henning scheint in meinem Gesicht zu lesen, dass mich die Nachricht nervt.
»Tom«, sage ich nur und halte ihm das Handy hin. Er liest kurz den Test und fragt: »Darf ich?«
Zuerst will ich es einfach nur wieder einstecken und gar nicht darauf eingehen, doch dann denke ich,
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