Resident Evil - Sammelband 02 - Der Umbrella-Faktor
nicht auf die leichte Schulter nahm. Leon sah, dass er tief durchatmete, die M-16 betrachtete und sich auf das vorbereitete, was immer auch kommen mochte.
Leon atmete selbst ein paarmal durch, versuchte sich in seiner liegenden Position zu entspannen …
… und der Aufzug stoppte. Ein sanftes Ping! ertönte, ein Läuten, und das Maschengittertor bewegte sich, verschwand in der ihm bestimmten Wandöffnung. Gleichzeitig hob sich eine fensterlose äußere Tür. Weiches Licht fiel zu ihnen herein …
– doch niemand war draußen. Eine glatte Betonwand, etwa sechs Meter entfernt, ein glatter Betonboden. Graue Leere.
Steh auf, los!
Leon kam auf die Beine, sein Herz raste. Neben ihm tat John lautlos und noch schneller dasselbe. Sie tauschten einen Blick und taten beide einen Schritt aus dem Aufzug heraus. Leon schwenkte seine VP 70 nach rechts, bereit zu schießen …
… aber da war nichts. Wieder nichts. Ein breiter Korridor, der eine Meile lang schien; die schwache Geruchsmischung aus Staub und einem industriellen Desinfektionsmittel in der kühlen Luft. Kühl, aber keineswegs kalt. Verglichen mit der Oberfläche herrschte hier unten Sommer. Der Gang war gut fünfzig Meter lang, vielleicht länger. Es gab ein paar Abzweigungen, runde Lampen, die in regelmäßigen Abständen an der Decke angebracht waren, keine Hinweisschilder – und auch kein Anzeichen von Leben.
Wer hat uns dann heruntergeholt? Und warum , wenn man nicht vorhatte, uns mit ein paar Kugeln in Empfang zu nehmen?
„Vielleicht sind sie ja alle beim Bingospielen“, meinte John leise. Leon sah nach hinten und stellte fest, dass Johns Seite des Korridors, abgesehen von der Anordnung einiger Seitengänge, mit seiner identisch war. Und genauso leer.
„Was jetzt?“, fragte Leon.
„Mich darfst du nicht fragen, David ist das Gehirn unseres Haufens“, sagte John. „Ich bin nur der Schöne.“
„Herrgott, John“, sagte Leon frustriert. „Du bist hier der Ältere – also hör auf, ja?“
John hob die Schultern. „Okay. Ich denke Folgendes: Vielleicht war’s gar keine Falle. Vielleicht … Denn wenn es eine Falle gewesen wäre , hätten sie versucht, uns alle zu schnappen. Und wir steckten jetzt mitten im schönsten Feuergefecht.“
Und das Timing. Der Aufzug war nur ein paar Sekunden oben – als hätte jemand gewusst, dass wir ihn hochrufen würden.
„Jemand wollte verhindern, dass wir einsteigen, richtig?“, meinte Leon, ohne wirklich zu fragen. „Um uns daran zu hindern, herunterzukommen.“
John nickte. „Eine Zigarre für den Mann. Und wenn das stimmt, dann heißt das, dass sie Angst vor uns haben. Ich mein’, es gibt keine Aufpasser hier, richtig? Wer uns auch runterbrachte, hat sich wahrscheinlich in einen Raum mit ’nem Schloss verdrückt. – Und was wir jetzt machen? Ich bin für Vorschläge offen. Es wäre nett, wenn wir uns unserem Team wieder anschließen könnten, aber wenn wir nicht herausfinden, wie der Aufzug in Gang zu setzen ist … “
Leon runzelte die Stirn, überlegte, erinnerte sich daran, dass er zum Polizisten ausgebildet worden war, bevor Raccoon seine Karriere so ziemlich zunichte gemacht hatte.
Benutze die Mittel, die du hast!
„Sichere den Bereich“, sagte er langsam. „Gleicher Plan wie zuvor, jedenfalls was den ersten Teil angeht. Wir nehmen die Angestellten fest, dann befassen wir uns mit dem Aufzug. Um Reston kümmern wir uns später … “
John hob plötzlich die Hand und brachte ihn, den Kopf zur Seite geneigt, zum Verstummen. Leon lauschte, hörte jedoch nichts. Es vergingen ein paar Sekunden, dann senkte John seine Hand wieder. Er zuckte die Achseln, doch seine dunklen Augen blieben wachsam, und er hielt das Schnellfeuergewehr fest umschlossen.
„Gute Idee“, sagte er schließlich. „Wenn wir die verdammten Angestellten finden . Willst du nach links oder rechts?“
Leon lächelte schwach, als ihm plötzlich einfiel, wie er sich das letzte Mal für eine Richtung hatte entscheiden müssen. Er war im Untergeschoss des Umbrella-Labors in Raccoon nach links gegangen und in eine Sackgasse gelaufen; denselben Weg zurückzugehen hätte ihn fast das Leben gekostet.
„Rechts“, sagte er. „Links weckt ein paar üble Assoziationen in mir.“
John lupfte eine Augenbraue, sagte aber nichts. Seltsamerweise schien er zufrieden mit Leons Begründung.
Vielleicht weil er verrückt ist. Verrückt genug, um in einer Situation wie dieser schlechte Witze zu reißen, jedenfalls.
Zusammen schritten
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