Resident Evil - Sammelband 02 - Der Umbrella-Faktor
sehr selbstständig bin, wenn ich es nur will.“
„Weißt du, was für einer Arbeit deine Eltern nachgehen? Bei Umbrella?“ Claire behielt das Mädchen immer noch genau im Auge.
„Sie entwickeln Heilmittel für Krankheiten“, erklärte Sherry stolz. „Und machen Arzneien und Seren, wie sie in Krankenhäusern verwendet werden … “
Sie verstummte, als sie merkte, dass Claire plötzlich abgelenkt schien, ihr Blick weit entrückt. Es war ein Ausdruck, wie sie ihn schon viele Male in den Gesichtern ihrer Eltern gesehen hatte – und er bedeutete, dass jemand gar nicht mehr richtig zuhörte. Doch sobald sie aufgehört hatte zu reden, richtete sich Claires Aufmerksamkeit wieder auf sie, und sie streckte die Hand aus, um Sherrys Schulter zu tätscheln – und aus irgendeinem albernen Grund brachte das Sherry beinahe wieder zum Heulen.
Weil sie mir eben doch zuhört. Weil sie auf mich aufpassen will.
„Deine Mutter hat recht“, sagte Claire sanft, „du bist sehr selbstständig, und dass du es bis hierher geschafft hast, heißt, dass du auch sehr stark bist. Das ist gut, weil wir beide sehr stark sein müssen, um hier rauszukommen.“
Sherry spürte, wie ihre Augen groß wurden. „Was meinst du damit? Das Revier verlassen? Aber da sind überall Zombies, und ich weiß nicht, wo meine Eltern sind. Was ist, wenn sie Hilfe brauchen oder nach mir suchen … ?“
„Schätzchen, ich bin sicher, dass es deinen Eltern gut geht“, sagte Claire rasch. „Wahrscheinlich sind sie noch in der Firma, wo sie sich verstecken – genau, wie du es getan hast – , um auf Leute zu warten, die von außerhalb der Stadt kommen und alles wieder gutmachen … “
„Du meinst, um alle zu töten“, sagte Sherry. „Ich bin zwölf, weißt du, ich bin kein Baby mehr.“
Claire lächelte. „Entschuldige. Ja, um alle zu töten. Aber bis die Guten kommen, sind wir auf uns gestellt. Und das Beste, was wir tun können, das Klügste, ist, ihnen aus dem Weg zu gehen – diesen Zombies und Ungeheuern so weit wie nur möglich aus dem Weg zu gehen. Du hast recht, die Straßen sind nicht sicher, aber vielleicht finden wir ein Auto und … “
Jetzt war es an Claire zu verstummen. Sie erhob sich und ging zu dem großen Schreibtisch auf der anderen Seite des Büros. Im Gehen sah sie sich um.
„Vielleicht hat Chief Irons seine Autoschlüssel hier gelassen oder eine Waffe, etwas, das uns nützlich sein könnte – “
Claire entdeckte etwas auf dem Boden hinter dem Schreibtisch. Sie bückte sich, und Sherry eilte ihr nach, zum einen, um in ihrer Nähe zu bleiben, zum anderen, um zu sehen, was Claire da gefunden hatte. Sie wusste jetzt schon, dass sie Claire nicht noch einmal verlieren wollte, ganz egal, was noch geschah.
„Hier ist Blut“, sagte Claire leise, so leise, dass Sherry meinte, sie hätte es gar nicht aussprechen wollen.
„Und?“
Stirnrunzelnd sah Claire an der Wand empor, dann wieder auf den großen, trocknenden roten Klecks auf dem Boden. „Der Fleck ist noch feucht. Und hier sieht er aus wie abgeschnitten. Es müsste doch hier auch was an die Wand gespritzt sein … “
Sie klopfte gegen die dunkle Holzzierleiste, die an der Wand verlief, dann gegen die Wand selbst. Es gab einen hörbaren Unterschied: ein dumpfes Pochen von der Leiste, doch die Wand klang hohl.
„Liegt dahinter ein Raum?“, fragte Sherry.
„Ich weiß nicht, es hat den Anschein. Und es würde erklären, wohin er sie … wohin er sich abgesetzt hat. Chief Irons, meine ich.“
Während sie anfing, die Fußleisten entlang zu tasten, sah sie zu Sherry empor, strich dann mit den Händen über die Wand und drückte dagegen. „Sherry, sieh dich beim Schreibtisch um, ob du einen Hebel oder einen Schalter finden kannst. Wenn es einen gibt, wäre er wohl irgendwo versteckt, vielleicht in einer der Schubladen … “
Sherry ging hinter den Schreibtisch – und stolperte; ihr Fuß rutschte auf einer Handvoll Bleistifte aus, die sie nicht gesehen hatte. Sie fasste nach der Schreibtischplatte, versuchte, ihr Gleichgewicht zu wahren, landete aber dennoch ziemlich hart auf den Knien.
„Autsch!“
Claire war sofort neben ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern. „Bist du in Ordnung?“
„Ja. Ich – hey! Guck mal!“
Ihre geprellten Knie vergessend, deutete Sherry auf einen Schalter unter der oberen Schreibtischschublade, der in eine kleine Metallplatte eingelassen war. Er sah aus wie ein Lichtschalter, musste aber zu der Geheimtür gehören, das
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