Resident Evil - Sammelband 02 - Der Umbrella-Faktor
wusste sie einfach.
Ich hab ihn gefunden!
Claire streckte die Hand aus und legte den Schalter um – und hinter ihnen glitt ein Teil der Wand reibungslos nach oben, verschwand in der Decke und offenbarte einen schwach beleuchteten Raum, dessen Wände aus großen Ziegelsteinen bestanden. Kühle, feuchte Luft wehte in das Büro. Es war ein geheimer Durchgang, genau wie in irgendwelchen Filmen.
Sie standen auf und traten auf die Öffnung zu. Claire hielt Sherry mit einem Arm zurück und sah zuerst hinein. Der kleine Raum war völlig leer – drei Ziegelwände, ein fleckiger Holzboden. Nur etwa halb so groß wie das Büro. Die vierte Wand wurde von einer großen altmodischen Aufzugtür eingenommen, eine von der Art, die man zur Seite schieben musste.
„Fahren wir damit?“, fragte Sherry. Sie war aufgeregt, aber auch ängstlich.
Claire hatte ihre Pistole hervorgeholt. Sie ging neben Sherry in die Hocke und lächelte – aber es war kein freudiges Lächeln, und Sherry wusste, was kam, noch bevor Claire ein Wort gesagt hatte.
„Schätzchen, ich glaube, es ist am sichersten, wenn ich zuerst gehe und mich etwas umsehe und du zunächst hier bleibst – “
„Aber du hast gesagt, wir sollten zusammenbleiben! Du hast gesagt, wir suchen uns ein Auto und verschwinden! Was ist, wenn das Monster kommt und du nicht hier bist, oder wenn du umgebracht wirst?“
Claire umarmte sie, doch Sherry war fast schlecht vor hilfloser Wut. Claire wollte ihr sagen, dass sie sich keine Sorgen machen solle, dass das Monster nicht kommen würde, dass nichts Schlimmes passieren könne – und dann würde sie trotzdem gehen.
Blöde Erwachsenenlügen!
Claire lehnte sich zurück und strich Sherry das Haar aus dem Gesicht. „Ich mach dir keine Vorwürfe, dass du Angst hast. Ich hab auch Angst. Das ist eine schlimme Situation – und ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was passieren wird. Aber ich will das Richtige für dich tun, und das heißt, dass ich dich nicht in eine Lage bringen werde, wo du verletzt werden könntest, nicht, wenn ich es vermeiden kann.“
Sherry schluckte ihre Tränen hinunter und versuchte es noch einmal. „Aber ich will mit dir gehen … Was, wenn du nicht wiederkommst?“
„Ich werde wiederkommen“, sagte Claire fest. „Das verspreche ich. Und wenn – wenn nicht, dann will ich, dass du dich wieder versteckst, wie vorher. Es wird jemand kommen, es wird bald Hilfe eintreffen, und man wird dich finden.“
Wenigstens war sie ehrlich. Es gefiel Sherry nicht, ganz und gar nicht, aber immerhin – und Claires Gesichtsausdruck verriet ihr, dass es nichts gab, was sie, Sherry, tun konnte, um ihren Entschluss zu ändern. Sie konnte sich deswegen nun benehmen wie ein Baby, oder sie konnte sich damit abfinden.
„Sei vorsichtig“, flüsterte sie, und Claire umarmte sie noch einmal, ehe sie sich erhob und auf den Aufzug zuging. Sie drückte einen Knopf neben der Tür, und es ertönte ein leises, sanftes Summen. Nach ein paar Sekunden tauchte eine Liftkabine auf, die sanft zum Halten kam. Claire zog die Tür auf, trat hinein und wandte sich für einen letzten Blick auf Sherry um.
„Bleib hier, Schätzchen“, sagte sie. „Ich bin in ein paar Minuten wieder da.“
Sherry zwang sich zu einem Nicken – und Claire ließ die Tür los, die sich daraufhin schloss. Sie drückte einen Knopf im Aufzug, und die Kabine fuhr abwärts. Claires lächelndes Gesicht verschwand aus Sherrys Blickfeld und ließ sie allein zurück in der kalten, dunklen Passage.
Sherry setzte sich auf den staubigen Boden und zog die Knie mit ihren Armen dicht an ihren Körper, schaukelte sanft vor und zurück. Claire war mutig und klug, sie würde bald zurück sein, sie musste bald zurück sein …
„Ich will meine Mom“, flüsterte Sherry, aber es war niemand da, der sie hörte. Sie war wieder allein, genau das, was sie am allerwenigsten sein wollte.
Aber ich bin stark. Ich bin stark, und ich kann warten.
Sie ließ das Kinn auf ihren Knien ruhen, berührte die Halskette, die ihre Mutter ihr als Glücksbringer gegeben hatte, und wartete darauf, dass Claire zurückkehrte.
SECHZEHN
Annette Birkin saß im Überwachungsraum des Laboratoriums und starrte erschöpft zu der Bildschirmwand über dem Kontrollpult empor. Es kam ihr vor, als sei sie seit Jahren hier, um darauf zu warten, dass William auftauchte, und allmählich glaubte sie, dass er das nie tun würde. Sie würde noch ein wenig länger warten – aber wenn sie ihn nicht bald zu Gesicht
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