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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Whenever-wherever-Video.
    Offenbar kommt unsere Show gut an, denn trotz des Lärms meine ich einige Autofahrer lachen zu hören.
    Sieben, acht, neun, zehn .
    »jY hop!«, ruft Stefano und mit Schwung drehen wir uns beide mit der Brust zu den Motorhauben, halten den Daumen nach oben und deuten auf unsere Botschaft. Und tatsächlich, durch den Sehschlitz blicke ich in das äußerst amüsierte Gesicht einer jungen Frau, deren kleines Kind auf dem Rücksitz vor Vergnügen schreit. Länger kann ich nicht schauen, denn auf das dritte »jY hop!« joggen wir entengleich arschwackelnd zurück auf unsere Fußgängerinseln, von denen wir losgelaufen sind. Ich habe meinen Fuß keine Sekunde auf dem sicheren Bürgersteig, da röhrt die Blechkolonne den halben Kilometer bis zum nächsten Stopp. Stefano hält von der anderen Seite den Daumen nach oben und noch bevor ich darüber nachdenken kann, ob ich mich mit dieser PR-Aktion wirklich beruflich verbessert habe, muss ich wieder losjoggen und gestressten Autofahrern meinen wackelnden Hintern präsentieren.
    Unsere Aktion läuft perfekt, nur einmal bin ich ein bisschen spät und werde von einem bärtigen Lieferwagenfahrer angehupt. Eigentlich geht alles so lange gut, bis irgendwann kurz vor der Grünphase meine »Wer hat an der Uhr gedreht?«-Melodie ertönt. Irgendwie schaffe ich es, das Handy trotz Handschuhen und Hirschkopf an mein Ohr zu halten. Vielleicht hätte ich vorher aufs Display schauen sollen.
    »Mausbär!«
    »Bienchen!«
    Die Ampel springt auf Grün und durch den Schlitz sehe ich Stefano auf der anderen Seite winkend loswackeln. Dass auch ich in dieser Sekunde meine sichere Fußgängerinsel verlasse, kann ich mir nicht wirklich erklären. Offenbar bin ich durch die hundertfache Wiederholung unserer Hirsch-Aktion so konditio-niert, dass ich gar keine andere Wahl habe, als ebenfalls in Richtung Spur zehn zu joggen und meinen Hintern in Richtung Pendler zu halten. Mein Handy halte ich dabei fest ans Ohr gepresst.
    »Alles klar, Mausbär? Du wirkst so außer Atem?«
    »Bin unterwegs, Bienchen, alles klar. Wie geht's?«, keuche ich hinein.
    »jY hop!«, ruft Stefano und mit einem Schwung springe ich um.
    Da ich das Telefon halte, kann ich leider nur auf mein Brustschild deuten und muss auf den Daumen nach oben verzichten.
    »Mausbär, das war nicht nett, wie du mich weggedrückt hast gestern. Ich hab mir Sorgen gemacht!«
    »Der Akku war leer, ich hab dich nicht weggedrückt!«
    »Ich wollte dir auch sagen, dass wir früher zurückfliegen, wegen dem Wetter!«
    Fassungslos und wie in Zeitlupe nehme ich meinen Hirschkopf ab. Die Straße, die Autos, alles um mich herum taucht in eine dumpf pochende Unschärfe.
    »Wie, ich meine, warum, also wann kommt ihr denn dann an?«
    »Am Mittwoch um 21 Uhr 10. Die haben uns umbuchen lassen. Hört hier einfach nicht auf zu regnen, da haben wir beschlossen, bringt nix mehr. Bist du noch dran?«
    »Ja, ja!«
    »Mausbär, dafür bin ich dann früher bei dir!«
    »Das ist schön!«, höre ich mich noch sagen, während der ahnungslose Stefano »jY hop!« ruft und zu seiner Seite hoppelt.
    Ich finde, dass es ziemlich egal ist, wann und wie einem klar wird, was man will. Einige erlangen ihre persönliche Erleuchtung vielleicht bei einem langen Spaziergang, wieder andere durch Gott, Allah oder Pfarrer Fliege, und manch einer strickt sein Leben auch am Strand irgendeines 5-Sterne-All-Inclusive-Clubs um. Nur ich, Pitschi Greulich, stehe in diesem bemerkenswerten Augenblick mit einem Hirschkostüm vor geschätzten vierhundert Autos auf der breitesten Straße Südamerikas.
    Bisher war alles ein gigantischer Streich.
    Doch wenn Biene den Brief liest, wird alles real, ist alles aus.
    Sie darf ihn nicht lesen.
    Weil nichts darin stimmt.
    Weil ich nach Hause will.
    Zu uns nach Hause.
    Um mit Biene länger draußen zu sitzen.
    »Denk mal, dass wir dann so gegen elf wieder in Bamberg sind!«
    »Gegen elf!« Und dann wird mein Umfeld wieder scharf. So scharf, dass ich Luna am Steuer ihres zitronengelben Spiders vor mir sofort erkenne. In ihren grünen Augen funkelt eine gefährliche Mischung aus Enttäuschung und blankem Hass. Hilfe suchend schaue ich zu Stefano, doch der steht längst auf seiner sicheren Briefmarkeninsel und winkt mir panisch, dass ich von der Straße soll. Minus zwei Sekunden steht auf dem Fußgängerdisplay.
    »Mausbär?«, fragt Biene, während ich regungslos mit dem Handy am Ohr vor der wutschäumenden Luna und all den anderen

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