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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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auf meinen Stuhl. »Ich habe gestern die Zeit genommen auf der Avenida. Die Ampel an der breitesten Stelle ist 30 Sekunden rot. Das heißt, wir haben 25 Sekunden Zeit, wegen Sicherheit. Ich mache vor den Hirschtanz, du musst bis 25 zählen! Hast du verstanden?«
    Es ist schon ein bizarres Schauspiel, wie ich in der Mitte einer verlassenen Kneipe sitze und so tue, als sei ich ein Autofahrer, während mir ein Argentinier im Hirschkostüm Werbekonzepte erklärt.
    »Ob du hast verstanden?«
    »Bis 25 zähle ich! Du machst den Hirschtanz.«
    Stefano platziert sich mit seinem Hirschkostüm an der Seite seines Restaurants und setzt sogar seinen Kopf auf.
    »Okay?«, fragt er und es klingt etwas dumpf, wegen des Hirschkopfes.
    »Ja!«
    »Du kannst zählen!« »Eins, zwei, drei . «, beginne ich stoisch zu zählen und Stefano kommt in einem angedeuteten Joggingschritt winkend vor meinen Stuhl gerannt, als hätte er einen Clown-Auftritt in einer Kindershow. Auf drei dreht er sich um und wackelt mir seine auf den Hintern getackerte Botschaft lestres por el tränsito? entgegen.
    »Vier, fünf, sechs .«
    »Erst wackeln mit die Po, dann stillhalten, damit man lesen kann!«, tönt es aus dem Hirschkopf.
    »Okay ... Sieben, acht, neun, zehn ...«
    Stefano dreht sich herum, deutet mit der einen Hand auf das Brustschild mit der Aufschrift jtomate un chopp alemän en el zur kirsch, San Telmo! und hält den Daumen der anderen Hand nach oben. Als ich bei 20 angelangt bin, läuft er winkend und mit herausgestrecktem Po zurück zur Wand. Bei der 25 nimmt er seinen Hirschkopf ab und ringt nach Luft.
    »Was meinste du?«
    Ich starre Stefano an.
    »Das war ziemlich beeindruckend vom Timing her, aber trotzdem hab ich noch die eine oder andere Frage .«
    Immer noch Feuer und Flamme für seine Hirschnummer, schnappt sich Stefano einen Stuhl und setzt sich vor mich.
    »Frag nur!«
    »Hast du sie noch alle?«
    Für einen Augenblick starrt Stefano mich entgeistert an.
    »War ich zu schnell? Nochmal?«
    »Nein!«
    »Wie, nein?«
    »Was ich dir sagen will: Ich mach das nicht!«
    »Nein, du musst, wir müssen die Woche durchmachen, die Kneipe muss voll sein und die neue Name bekannt!« »Ich ... hab morgen ein Vorstellungsgespräch bei Isenbeck«, sage ich, worauf Stefano seinen Hirschkopf abnimmt und sich erschrocken seine schwedischen Buchhalterhaare zurecht-streicht.
    »Bei Isenbeck?«, fragt er fast weinerlich, »morgen? Aber . ich dachte, du wolltest mir helfen.«
    »Ja, aber doch nicht als Hirsch!«
    »Nächste Woche muss ich die Rechnung bezahlen für die Brauerei. Wenn nicht ein paar Gäste kommen bald, na ja . vielleicht muss ich wieder machen zu!«
    Ich atme dreimal tief aus.
    »Mann!«
    »Was meinst du mit Mann?«
    Ich atme noch einmal tief durch.
    »Okay. EIN einziges Mal!«
    »Spitz!«
    »Und es heißt Spitze!!«
    »Okay!«
    »Aber ich wackle nicht mit dem Hintern!«
    Einige wenige gute Aspekte hat Stefanos Plan ja, was den heutigen Morgen betrifft: Ich darf ein warmes Fell tragen und muss weder schlafen noch über mein Leben nachdenken.
    Spiderwoman
    DIE BREITESTE STRASSE der Welt wirkt aus der Hirschperspektive noch viel breiter. Ich lasse das ganz bewusst für indische Leser nicht unerwähnt, die vielleicht als Hirsch wiedergeboren werden und mit ihren Angehörigen schon frühzeitig sichere Routen durch ihre Heimatstadt ausarbeiten wollen.
    Da stehe ich nun in meinem Hirschkostüm, auf einer winzigen Fußgängerinsel inmitten des tobenden Verkehrs der Avenida 9 de Julio. Die Zahl der vorbeirasenden Autos schätze ich auf eintausend pro Minute, die Anzahl der Spuren, die mich von Stefano auf der anderen Seite trennen, muss ich nicht schätzen, ich habe sie gezählt: Es sind einundzwanzig. Ein kalter Winterwind bläst mir durchs Fell hindurch und das heitere »Ich kann alles« meiner kleinen Pulverparty hat sich längst in einen düsteren Nebel verwandelt, der mein Gemüt umhüllt.
    »Bist du bereit?«, höre ich Stefano von der gegenüberliegenden Seite brüllen. Auf seiner kleinen Fußgängerinsel wirkt er wie ein Floh auf einer Briefmarke im Bamberger Stadionbad. Ich hebe meinen Hirschdaumen, setze den Kopf auf und stelle mich direkt neben die Ampel. Die Fußgängerampel springt auf Grün, Stefano ruft »jY hop!« und ich jogge los bis zur zehnten Spur, wo ich den mir entgegenkommenden Stefanohirsch abklatsche. Synchron drehen wir unsere Hintern in Richtung der wartenden Autos und wackeln damit wie Shakira in ihrem

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