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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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matten Licht. Er lacht, bis er kaum mehr atmen kann, bis er nur noch seufzt, bis das Lachen sich zu einem Grinsen wandelt. Er grinst mich an, dann grinst er vor sich hin, und als sein Blick auf meine Hand fällt, die in meinem Schoß liegt, zögert er kurz. Dann streicheln seine Fingerspitzen die weiche dünne Haut über meinen Knöcheln.
    Ich atme nicht.
    Ich spreche nicht.
    Ich bewege mich nicht.
    Er scheint abzuwarten, ob ich die Hand wegziehe, und ich sollte es tun, ich weiß, dass ich es tun sollte. Aber ich rühre mich nicht. Deshalb ergreift er meine Hand. Betrachtet sie. Streicht über die Linien in meiner Handfläche, die Falten an meinen Gelenken, den empfindlichen Punkt zwischen Daumen und Zeigefinger. Und seine Berührung ist so sanft und behutsam und zärtlich, und sie fühlt sich so gut an, dass sie schmerzt. Sie schmerzt tatsächlich. Und mein Herz kann das nicht verkraften.
    Ich ziehe die Hand weg, mit einer ruckartigen ungeschickten Bewegung. Mein Gesicht ist rot, mein Puls kommt ins Stolpern.
    Warner reagiert nicht. Er schaut nicht auf. Er wirkt nicht einmal überrascht. Starrt nur auf seine leere Hand, als er spricht. »Weißt du«, sagt er, und seine Stimme klingt sanft und fremd zugleich, »ich glaube, Castle ist lediglich ein optimistischer Narr. Er versucht zu angestrengt, zu viele Leute einzubinden, und das wird schiefgehen, weil man es nämlich nie allen recht machen kann.« Er hält inne. »Er ist das perfekte Beispiel eines Menschen, der die Regeln dieses Spiels nicht verstanden hat. Er denkt mit dem Herzen und klammert sich verzweifelt an irgendeine fantastische Vorstellung von Hoffnung und Frieden. Was ihm nicht helfen wird.« Warner seufzt. »Sondern sein Untergang sein wird, dessen bin ich mir ziemlich gewiss. Aber etwas an dir«, fährt er fort, »an der Art, wie du dich der Hoffnung hingibst, ist so naiv, dass es schon wieder liebenswert ist.« Er schüttelt den Kopf. »Du glaubst den Leuten tatsächlich, was sie sagen. Du willst nett sein.« Er lächelt ein wenig. Schaut auf. »Das amüsiert mich sehr.«
    Ich komme mir vor wie eine Idiotin. »Du wirst morgen nicht mit uns kämpfen.«
    Warner lächelt jetzt breit. Sein Blick ist herzlich. »Ich werde hier verschwinden.«
    »Du wirst verschwinden.« Ich fühle mich wie betäubt.
    »Ich gehöre nicht hierher.«
    Ich schüttle den Kopf, sage: »Ich verstehe das nicht – wie kannst du das tun? Du hast Castle doch gesagt, dass du morgen bei unserem Kampf dabei sein wirst – weiß er, dass du verschwinden willst? Weiß es überhaupt irgendjemand?«, frage ich und blicke ihn forschend an. »Was hast du vor? Was willst du tun?«
    Er antwortet nicht.
    »Was wirst du tun , Warner –«
    »Juliette«, flüstert er, und sein Blick ist plötzlich drängend, gepeinigt. »Ich muss dich etwas frag–«
    Jemand kommt den Gang entlanggerannt.
    Ruft meinen Namen.
    Adam .

59
    Ich springe panisch auf, sage zu Warner, dass ich gleich wiederkomme.
    Und ich sage, geh noch nicht, geh nirgendwohin, ich bin gleich wieder da, aber seine Antwort warte ich nicht ab, ich renne auf den hell erleuchteten Gang zu und pralle mit Adam zusammen. Er richtet mich auf, zieht mich in seine Arme, hält mich ganz fest, scheint immer wieder zu vergessen, dass er mich so nicht berühren sollte, und er ist ganz aufgeregt und sagt »Geht es dir gut?« und »Es tut mir so leid« und »Ich habe dich überall gesucht« und »Ich dachte, du würdest mitkommen zur Krankenstation« und »Es war nicht deine Schuld, ich hoffe, du weißt das –«
    Es trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht, auf den Kopf, in den Rücken, diese Erkenntnis, wie wichtig er mir ist. Und ich weiß, wie wichtig ich für ihn bin. Ihm so nahe zu sein ist eine schmerzhafte Erinnerung. An alles, wovon ich mich selbst fortzerren musste. Ich hole tief Luft.
    »Adam«, sage ich, »wie geht es Kenji?«
    »Er ist noch nicht bei Bewusstsein«, antwortet er, »aber Tana und Randa glauben, dass er sich erholen wird. Sie werden die ganze Nacht bei ihm bleiben.« Er verstummt kurz. »Niemand weiß, was passiert ist«, sagt er dann. »Aber du hast nichts damit zu tun.« Er schaut mich eindringlich an. »Das weißt du, nicht wahr? Du hast ihn nicht mal berührt. Ich weiß das genau.«
    Und obwohl ich 1000mal den Mund öffnen will, um zu sagen »Warner war es. Warner hat das getan. Er hat Kenji verletzt, ihr müsst ihn fangen und einsperren, er belügt euch alle! Er will morgen flüchten!«, bleibe ich stumm. Und ich weiß

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