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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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Botengänge erledigen müssen – Päckchen ohne Adressaufschrift in einem Briefkasten deponieren. Man erklärte ihm nicht, worum es ging, und er war nicht so dumm, danach zu fragen.
    Es sei verwunderlich, sagt er, dass diese alten Häuser überhaupt noch bewohnbar sind. Das Reestablishment hat normalerweise dafür gesorgt, dass die Bewohner nicht mehr zurückkehren können. Die meisten Wohnsiedlungen wurden sogar direkt nach der Machtübernahme dem Erdboden gleichgemacht. Doch auf der Mitteilung steht eine normale Adresse:
    1542 SYCAMORE
    Wir werden den Obersten in einem ehemaligen Wohnhaus treffen.
    »Und wie sollen wir das angehen?«, fragt Kenji. »An der Tür klingeln?« Er führt uns durch die halbdunklen Gänge zum Ausgang von Omega Point. Ich blicke starr geradeaus, versuche nicht an die 35 Spechte zu denken, die in meinem Bauch herumhacken. »Was meint ihr?«, fragt Kenji erneut. »Oder ist das übertrieben? Sollen wir einfach klopfen?«
    Ich versuche zu lachen, aber es misslingt.
    Adam bleibt stumm.
    »Schon gut, schon gut«, sagt Kenji jetzt ernsthaft. »Wir wissen jedenfalls, was wir oben als Erstes machen. Wir halten uns an den Händen, und ich projiziere, um uns unsichtbar zu machen. Ich bin in der Mitte. Verstanden?«
    Ich nicke, versuche Adam nicht anzuschauen.
    Dies wird die erste Prüfung für Adams Umgang mit seiner Kraft sein: Er wird sie quasi ausschalten müssen, sobald er mit Kenji verbunden ist. Andernfalls bleibt Kenjis Projektion für Adam wirkungslos, und Adam ist sichtbar. Und damit in höchster Gefahr.
    »Kent«, sagt Kenji, »du bist dir über die Risiken im Klaren, oder? Wenn du das nicht hinkriegst?«
    Adam nickt. Sein Gesicht ist ausdruckslos. Er sagt, er habe täglich trainiert, um seine Fähigkeit steuern zu lernen. Er sagt, er wird es schaffen.
    Während er das sagt, schaut er mich an.
    Meine Gefühle springen aus einem Flugzeug. Ohne Fallschirm.
    Wir nähern uns dem Ausgang, aber ich bin so geistesabwesend, dass ich es kaum merke. Kenji klettert eine Leiter hoch, wir folgen ihm. Dabei gehe ich in Gedanken immer wieder den Ablauf durch, den wir uns am frühen Morgen zurechtgelegt haben.
    Zum Treffpunkt zu gelangen dürfte kein Problem sein.
    Ins Haus zu kommen ist schon schwieriger.
    Wir sollen so tun, als wollten wir tauschen – ich überwache die Freilassung unserer Geiseln und bleibe dann vor Ort. Es soll ein Austausch sein.
    Ich gegen die anderen.
    Aber in Wahrheit haben wir keine Ahnung, wie alles ablaufen wird. Wir wissen nicht einmal, wer uns die Tür aufmacht. Ob überhaupt jemand öffnet. Oder ob wir uns gar nicht im Haus, sondern davor treffen. Wir können auch nicht einschätzen, wie sie auf die Anwesenheit von Adam und Kent und unsere sichtbaren Waffen reagieren werden.
    Vielleicht fangen sie sofort zu schießen an.
    Dieses Szenario macht mir Angst. Ich sorge mich weniger um mich selbst als vielmehr um Adam und Kenji. Sie sind die Überraschungselemente. Die uns entweder den einzigen Vorteil in der Lage verschaffen. Oder sofort sterben werden. Ich habe zunehmend den Eindruck, dass unser Plan doch nicht so gut ist.
    Und mir kommen heftige Zweifel, ob ich mich geirrt habe. Ob ich vielleicht doch nicht klarkommen werde.
    Doch jetzt ist es zu spät, um auszusteigen.

32
    »Wartet hier.«
    Kenji streckt oben auf der Leiter den Kopf aus der Öffnung. Dann verschwindet er, um die Lage zu erkunden.
    Adam und ich warten in kompletter Stille.
    Ich bin zu nervös zum Reden.
    Sogar zum Denken.
    Ich schaffe es wir schaffen es wir müssen es schaffen , sage ich mir unentwegt.
    »Kann losgehen«, hören wir Kenjis Stimme von oben. Adam und ich kraxeln den letzten Teil der Leiter hoch. Diesmal benutzen wir einen Ausgang von Omega Point, der laut Castle nur 7 Menschen bekannt ist. Eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme.
    Adam und ich klettern ins Freie, und ich spüre sofort die Kälte. Kenji umfasst meine Taille. Kalt kalt kalt. Die eisige Luft fühlt sich an wie 1000 kleine Messer, die einem die Haut aufritzen. Ich schaue auf meine Füße, sehe nur einen kaum wahrnehmbaren Schimmer an der Stelle, wo zuvor meine Stiefel waren. Ich bewege die Finger vor den Augen.
    Nichts.
    Ich schaue mich um.
    Kein Adam, kein Kenji. Ich spüre nur Kenjis Hand, jetzt in meinem Nacken.
    Es funktioniert . Adam hat es geschafft. Ich bin so erleichtert, dass ich am liebsten singen würde.
    »Könnt ihr mich hören?«, flüstere ich.
    »Können wir.«
    »Ja, ich bin hier«, raunt Adam.
    »Gute Arbeit, Kent«,

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