Rette mich vor dir
Prinzessin. Die kämpfen da draußen, es geht um Leben und Tod –«
»Aber Anderson hat doch keinen Anruf gemacht – er sagte, die warten auf sein Zeichen –«
»Anderson hat nicht angerufen«, erwidert Kenji. »Aber Castle.«
Oh
Gott.
»Juliette!«
Adam stürmt herein, blickt wild um sich, und ich renne zu ihm, und er reißt mich in seine Arme, ohne zu bedenken, dass wir das nicht mehr tun dürfen, dass wir nicht mehr zusammen sind, dass er mich nicht mehr berühren soll. »Du lebst – du bist unverletzt –«
» LOS JETZT «, bellt Kenji. »Ich weiß, dass das eine gefühlsbetonte Situation ist oder was auch immer, aber wir müssen unsere Ärsche hier rausbewegen. Kent, ich schwöre –«
Kenji verstummt.
Blickt auf Adam.
Der auf die Knie gesunken ist, und auf seinem Gesicht spiegeln sich Angst und Schmerz und Grauen und Zorn und Panik im Wechsel, und ich versuche ihn zu schütteln, damit er sagt, was passiert ist, aber er kann sich nicht rühren, scheint erstarrt zu sein, und sein Blick ist auf Anderson gerichtet, seine Hände berühren Andersons Haare, und ich bitte Adam flehentlich, dass er sprechen soll, dass er erklären soll, was geschieht, und es ist, als wandle sich die Welt in seinen Augen, als sei alles, was zuvor grün war, nun braun, als sei alles von oben nach unten gekehrt, als könne niemals wieder etwas gut und richtig sein in der Welt, und seine Lippen bewegen sich.
Er versucht zu sprechen.
»Mein Vater«, sagt er. »Dieser Mann ist mein Vater.«
39
» Scheiße .«
Kenji kneift die Augen zusammen, als könne er all das nicht glauben. »Scheiße Scheiße Scheiße .« Er rückt Warner auf seiner Schulter zurecht, zögert, als sei er unentschieden, wie er handeln soll. Sagt dann: »Adam, tut mir leid, Mann, aber wir müssen jetzt wirklich hier weg –«
Adam richtet sich auf, blinzelt, als könne er damit tausend Gedanken, Erinnerungen, Sorgen vertreiben, und ich sage seinen Namen, aber er scheint mich nicht zu hören. Er ist vollkommen desorientiert und abwesend, und ich frage mich, wie Anderson Adams Vater sein kann. Adam hatte mir doch erzählt, dass sein Vater tot sei.
Doch das ist nicht der richtige Zeitpunkt für solche Gespräche.
In der Ferne detoniert etwas, der Boden bebt, die Fenster klirren, und Adam scheint schlagartig in die Realität zurückzukehren. Er packt mich am Arm, und wir folgen Kenji, der jetzt hinausstürmt.
Obwohl er Warner mitschleppt, schafft er es zu rennen und schreit uns über die Schulter zu, wir sollen dicht hinter ihm bleiben. Ich horche, versuche die Lage einzuschätzen. Die Schüsse sind nah viel zu nah viel zu nah.
»Wo sind Ian und Emory?«, frage ich Adam. »Hast du es geschafft, sie wegzubringen?«
»Ein paar von uns waren in der Nähe und hatten einen Panzer erobert – sie haben die beiden mitgenommen und wollen sie nach Omega Point bringen«, ruft er mir zu, damit ich ihn verstehen kann. »Haben das denkbar sicherste Transportmittel.«
Ich nicke keuchend, wir rasen durch die Straßen, und ich versuche die Geräuschkulisse zu deuten, versuche zu erahnen, wer siegen wird, ob wir Leute verloren haben. Wir biegen um eine Ecke.
Was hier geschieht, könnte auch als Massaker enden.
50 von unseren Leuten kämpfen gegen 500 von Andersons Soldaten, die unentwegt nachladen und auf alles feuern, was sich bewegt. Castle und die anderen halten stand, blutig und zum Teil verletzt, aber tapfer. Unsere bewaffneten Leute, Männer und Frauen, stürmen schießend vorwärts; andere unterstützen sie mit ihren eigenen Methoden: Ein Mann legt die Hände auf die Erde, lässt den Boden unter den Füßen der Soldaten gefrieren, damit sie ausrutschen. Ein anderer fegt wie ein Taifun zwischen den Soldaten hindurch, verwirrt sie, bringt sie zu Fall, nimmt ihnen die Waffen weg. Eine Frau sitzt in einem Baum und schleudert so schnell Messer oder Pfeile auf die Soldaten, dass sie getroffen werden, bevor sie überhaupt reagieren können.
Und mittendrin Castle, der die Arme erhoben hat und eine riesige Wolke aus Abfällen, Schutt und abgebrochenen Ästen erzeugt. Die anderen bilden eine Menschenmauer um ihn, schützen ihn, während er diesen Orkan erschafft, der nur noch mühsam zu beherrschen ist.
Dann
lässt Castle ihn frei.
Die Soldaten schreien, brüllen, rennen davon, suchen Deckung, doch die meisten sind zu langsam und gehen zu Boden, verletzt von Glassplittern, Steinen, Holz und Metallstücken. Dennoch wird diese Form der Verteidigung auf Dauer nicht
Weitere Kostenlose Bücher