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Rette mich

Rette mich

Titel: Rette mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becca Fitzpatrick
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einmal. Wenn ich damals damit fertig geworden war, konnte ich es jetzt auch.
    Und schon wieder leuchtete Mitleid in seinem Gesicht auf. »Was Hank angeht …« Er legte sich die Hände vors Gesicht.
    »Was ist mit ihm?« Ich starrte ihn an, in dem Versuch herauszufinden, warum es ihm so schwerfiel, es mir zu sagen. Seine Gesichtszüge zeigten solch ein tiefes Mitgefühl, dass ich mich automatisch anspannte und auf das Schlimmste vorbereitete.
    Jev stand auf, ging zur Wand und lehnte sich mit dem Arm dagegen. Sein Ärmel waren bis zum Ellbogen aufgekrempelt, sein Kopf gesenkt.
    »Ich will alles wissen«, sagte ich zu ihm. »Angefangen bei dir. Ich will mich an uns erinnern. Wie haben wir uns kennengelernt? Was haben wir einander bedeutet? Danach will ich, dass du mir alles über Hank erzählst. Auch wenn du dich sorgst, dass mir das, was du sagen musst, nicht gefallen wird. Hilf mir, mich zu erinnern. Ich kann so nicht weitermachen. Ich kann nicht weitergehen, bevor ich nicht weiß, was ich zurückgelassen habe. Ich habe keine Angst vor Hank«, fügte ich hinzu.
    »Ich habe Angst vor dem, wozu er imstande ist. Er kennt keine Grenzen. Er geht so weit, wie er kann. Und das Schlimmste ist, man kann ihm nicht trauen. In keinerlei Hinsicht.« Er zögerte. »Ich will ganz offen sein. Ich erzähle dir alles, aber nur, weil Hank mich betrogen hat. Du solltest nicht mehr hierin verwickelt sein. Ich habe alles getan, was ich konnte, um dich da herauszuhalten. Hank hat mir sein Wort gegeben, dass er sich von dir fernhalten würde. Stell dir meine Überraschung vor, als du mir heute Abend erzählt hast, dass er sich an deine Mutter heranmacht. Wenn er sich wieder in dein Leben gemischt hat, dann bedeutet es, dass er etwas vorhat. Was bedeutet, dass du nicht in Sicherheit bist, wir wieder von vorn anfangen und dass es dich nicht in zusätzliche Gefahr bringt, wenn ich offen bin.«
    Mein Blut hämmerte durch meine Adern, das Adrenalin reichte tiefer als meine Knochen. Hank. Genau wie ich vermutet hatte, alles ging auf ihn zurück. »Hilf mir, mich zu erinnern, Jev.«
    »Ist es das, was du willst?« Er suchte in meinem Gesicht, musste wissen, dass ich mir absolut sicher war.
    »Ja«, sagte ich und klang tapferer, als ich mich fühlte.
    Jev setzte sich auf den Rand des Sofas. Er knöpfte vorsichtig sein Hemd auf. Obwohl ich verunsichert war, riet mir mein Bauchgefühl zur Geduld. Jev stützte sich mit den Ellbogen auf die Knie und ließ seinen Kopf zwischen den nackten Schultern hängen. Jeder Muskel in seinem Körper war angespannt. Einen Augenblick lang sah er aus wie Phaeton auf seinem Gemälde, jede Faser wie eingeätzt und eingemeißelt. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, dann zwei. Das flackernde Kerzenlicht zuckte über seinen Körper.
    Ich holte tief Luft. Zwei gezackte Streifen zerrissenen Fleisches verunstalteten seinen ansonsten makellosen Rücken. Die Wunden waren roh und rot, und mein Magen zog sich bei dem Anblick zu einem Knoten zusammen. Ich konnte mir den Schmerz, den er ertragen musste, nicht ausmalen. Ich konnte mir nicht vorstellen, was ihm geschehen war, das solch brutale Furchen hinterlassen hatte.
    »Berühre sie«, sagte Jev, wobei er mich ansah und Nervosität in seine unergründlichen Augen trat. »Denk an das, was du wissen willst.«
    »Ich … verstehe nicht recht.«
    »In der Nacht, als ich dich vom Supermarkt weggefahren habe, hast du mein Hemd zerrissen und meine Flügelnarben berührt. Du hast eine meiner Erinnerungen gesehen.«
    Ich blinzelte. Das war keine Halluzination gewesen? Hank, Jev, das Mädchen im Käfig – sie kamen aus Jevs Gedächtnis?
    Jeglicher Zweifel, den ich mit mir herumgetragen hatte, verschwand. Flügelnarben. Natürlich. Weil er ein gefallener Engel war. Und obwohl ich die Mechanismen dahinter nicht kannte, konnte ich, wenn ich seine Narben berührte, Dinge sehen, die niemand anderes wissen konnte. Außer Jev. Endlich hatte ich, was ich wollte: ein Fenster in die Vergangenheit. Aber die Angst drohte mich zu überwältigen.
    »Ich sollte dich warnen. Die Dinge werden kompliziert, wenn du in eine Erinnerung hineingerätst, die dich betrifft«, sagte er. »Du könntest eine Doppelgängerin von dir selbst sehen. Du und meine Erinnerung an dich könnten zur selben Zeit dort sein, und du wärst gezwungen, die Geschehnisse als ein unsichtbarer Zuschauer mitanzusehen. Die andere Möglichkeit besteht darin, dass du dich in deine Version der Erinnerung hineinversetzt. Was bedeutet, dass

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