Rette mich
meiner Geste der Ehrlichkeit nicht willens war, offen zu mir zu sein, oder ob er versuchte, mich zu beschützen. Er stieß einen langen Seufzer aus. »Wir müssen reden.«
Er nahm meinen Ellbogen und führte mich tiefer in die absolute Dunkelheit unter dem Schuppen. Wir gingen nach unten, schlängelten uns durch Korridore und um Kurven. Endlich ging Jev langsamer, öffnete eine Tür und hob etwas vom Boden auf.
Ein Streichholz erwachte fauchend zum Leben, und er hielt es an einen Kerzendocht. »Willkommen bei mir zu Hause.«
Im Vergleich zu der vollkommenen Dunkelheit war das Kerzenlicht überraschend hell. Wir standen am Eingang zu einer schwarzen Graniteingangshalle, die in einen weitläufigen Raum dahinter mündete, der ebenfalls in schwarzen Granit geschlagen war. Seidenteppiche in Marineblau, Grau und Schwarz schmückten die Böden. Es gab nur wenig Möbel, aber die Stücke, die Jev ausgesucht hatte, waren schick und modern, mit klaren Linien und kunstvoller Wirkung.
»Wow«, sagte ich.
»Ich bringe nicht viele Leute hierher. Es ist nichts, was ich mit jedermann teilen möchte. Mir gefällt die Ungestörtheit und Zurückgezogenheit.«
Die hatte er eindeutig beide, dachte ich und sah mich in dem höhlenartigen Studio um. Bei Kerzenlicht glitzerten die Granitwände und Böden, als hätten sie Diamantflecken.
Während ich mich langsam weiter umsah, trat Jev in den Raum und zündete Kerzen an.
»Zur Küche nach links«, sagte er. »Schlafzimmer hinten.«
Ich warf ihm über die Schulter einen koketten Blick zu. »Jev, kann es sein, dass du mit mir flirtest?«
Er sah mich mit dunklen Augen an.
»Ich fange an, mich zu fragen, ob du von unserem früheren Gespräch ablenken willst.« Ich streifte mit dem Finger über das einzige alte Stück im Raum, einen versilberten Spiegel in voller Länge, der aussah, als gehörte er in ein mittelalterliches französisches Schloss. Meine Mutter wäre schwer beeindruckt gewesen.
Jev ließ sich in ein von französischem Art-déco inspiriertes Sofa fallen und streckte die Arme auf der Rückenlehne aus. »Ich bin nicht die Ablenkung im Raum.«
»Oh? Und was könnte es sein?«
Ich spürte, wie er mich mit den Augen verschlang, als ich durch den Raum ging. Er musterte mich ohne zu zwinkern von Kopf bis Fuß, und ein heißer Schmerz durchfuhr mich. Jeder Kuss wäre weniger intim gewesen.
Ich verdrängte die Hitze, die sein Blick in mir entfachte, und blieb stehen, um ein atemberaubendes Ölgemälde anzusehen. Die Farben waren so lebendig, die Details so gewalttätig.
» Der Fall des Phaeton «, informierte er mich. »Der griechische Sonnengott Helios hatte einen Sohn, Phaeton, von einer sterblichen Frau. Jeden Tag fuhr Helios mit einer Kutsche über den Himmel. Phaeton überredete seinen Vater, ihn die Kutsche fahren zu lassen, obwohl Phaeton nicht stark oder geschickt genug war, um mit den Pferden umzugehen. Wie zu erwarten, gingen die Pferde durch und fielen auf die Erde hinunter, wobei sie alles verbrannten, was ihnen in den Weg kam.« Er wartete, zog meinen Blick auf sich. »Du weißt bestimmt, welche Wirkung du auf mich hast?«
»Jetzt machst du dich über mich lustig.«
»Das tu ich gern, das stimmt. Aber es gibt ein paar Dinge, über die ich nie Witze mache.« Der scherzhafte Unterton war verschwunden, und sein Blick wurde ernst.
In Jevs Blick gefangen akzeptierte ich, was mir so klar vor Augen lag. Er war ein gefallener Engel. Die Macht, die er ausstrahlte, unterschied sich von dem, was ich spürte, wenn ich in Scotts Nähe war. Stärker und schärfer. Sogar jetzt vibrierte die Luft vor Energie. Jedes Molekül in meinem Körper war ultrasensibel für seine Gegenwart und sich jeder seiner Bewegungen bewusst.
»Ich weiß, dass du ein gefallener Engel bist«, sagte ich. »Ich weiß, dass ihr Nephilim dazu zwingt, einen Treueeid zu schwören. Ihr nehmt ihre Körper in Besitz. In diesem Krieg stehst du auf einer anderen Seite als Scott. Kein Wunder, dass du ihn nicht magst.«
»Du erinnerst dich.«
»Noch lange nicht genug. Wenn du ein gefallener Engel bist, warum machst du dann Geschäfte mit Hank, einem Nephilim? Solltet ihr nicht Erzfeinde sein?« Das klang schärfer, als ich es beabsichtigt hatte; ich war mir nicht sicher, wie mir die Vorstellung von Jev als gefallenem Engel gefiel. Ein Böser. Um diese Enthüllung daran zu hindern, mich um den Verstand zu bringen, erinnerte ich mich daran, dass ich das Ganze schon vorher herausgefunden haben musste, irgendwann
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