Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
sein. Nach der Überwindung der gegenwärtigen Schwierigkeiten wird es zunächst eine Euphorie geben. Politiker und Zentralbanker werden sagen: Das haben wir wieder einmal gut gemacht. Und alle Rezepte, dass zur Überwindung der Probleme nicht Rettungsschirme, sondern mehr Integration und mehr Preisgabe von nationaler Souveränität notwendig wären, haben sich wieder einmal als falsch erwiesen. Man kann einfach so weitermachen wie bisher.
Damit flauen auch die Bemühungen um mehr Integration ab. Der Währung wird keine besondere Aufmerksamkeit gezollt, sie erfährt keine Pflege und keine Rücksichtnahme mehr.
Nach dieser Zeit sind auch die Lehren der heutigen Euro-Krise längst vergessen. Die Menschen hören darüber von ihren Eltern oder Großeltern. Sie bestimmen aber nicht mehr das tägliche Handeln. Man kann wieder in den alten Schlendrian zurückfallen. Griechenland hatte in den letzten 200 Jahren insgesamt fünfmal einen Staatsbankrott, also im Schnitt alle 40 Jahre einen. Natürlich kann das in Zukunft anders sein und Griechenland wird als Folge der jetzigen Probleme ein Land mit hohen Wachstumsraten und soliden Staatsfinanzen. Aber wer garantiert, dass das Land dann nicht wieder Olympische Spiele ausrichtet, bei denen die Kosten aus dem Ruder laufen (oder es einen anderen Fehler macht)?
Vieles spricht freilich dafür, dass eine neue Krise des Euro in 30 Jahren nicht von den jetzigen Peripheriestaaten ausgeht. Die Gefahren lauern woanders. Die Geschichte wiederholt sich nicht.
Eine Gefahr ist, dass sich die Partner in Europa auseinanderentwickeln. Sie verlieren das Interesse an der Integration auf dem Kontinent. Es setzt sich also das fort, was in den letzten fünf, sechs Jahren zu beobachten ist. Der Nationalismus breitet sich aus. Die Italiener beschweren sich darüber, dass ihnen bei den Flüchtlingen aus Nordafrika nicht geholfen wird. Die Dänen schließen ihre Grenzen und setzen das Schengen-Abkommen außer Kraft. Die Spanier verlangen von den Deutschen Entschädigung für die Einbußen, die seine Landwirte durch den Ehec-Erreger verbuchen mussten. In Finnland, den Niederlanden, Frankreich und Österreich formieren sich rechte Parteien, die gegen Europa und die Gemeinschaftswährung Stimmung machen. Europa wird in allen politischen Lagern schlechtgeredet, so dass auch die Wähler das Interesse an der Gemeinschaft verlieren. Jeder einzelne Punkt ist gar nicht so bedeutend. Es ist die Addition, die gefährlich ist.
Wenn sich das fortsetzt, kann es zu einer Erosion der Integration kommen. Die Engländer wenden sich wieder stärker nach Amerika. Die Franzosen aktivieren ihre Beziehungen zu Nordafrika und dem Mittelmeerraum. Deutschland nähert sich dem Osten an, vor allem Russland. Griechenland schaut sich vielleicht wieder mehr in der Ägäis um. Natürlich geht nicht jedes der 27 Mitglieder unterschiedliche Wege. Es kann durchaus noch Gruppierungen in der Union geben, die zusammenhalten.
Aber der Kitt von Euro-Land wird bröckelig. Das eskaliert nicht von einem Tag zum anderen. Es ist ein langsamer und langwieriger Prozess. Aber eines Tages kommen die Beteiligten zu dem Schluss, dass die Gemeinsamkeiten nicht mehr groß genug sind, um eine gemeinsame Währung zu rechtfertigen.
Da braucht es dann nur noch den berühmten Funken, der das große Feuer auslöst, und der könnte vielleicht in der Beschleunigung der Inflation liegen. Keine Preissteigerung um 2 oder 3 Prozent pro Jahr, sondern um 10 Prozent, 20 Prozent oder vielleicht sogar 50 oder 100 Prozent. Also das, was derzeit manch ein Anleger befürchtet und weshalb auf den Märkten im Augenblick so viel Gold gekauft wird.
Eine Hyperinflation entsteht nicht auf einmal und nicht gleichzeitig europaweit. Dazu sind die Verhältnisse in den einzelnen Regionen zu unterschiedlich. Der Beginn liegt zunächst in einem einzelnen Land.
Solange die Inflation aber nur ein regionales Problem ist, kann sie die Europäische Zentralbank nicht bekämpfen. Die EZB muss sich stets am Durchschnitt der Geldentwertung in der Gemeinschaft orientieren. Sie kommt daher bei solchen Phänomenen immer zu spät. Die Eindämmung der Geldentwertung obliegt in der ersten Phase der jeweiligen nationalen Regierung. Sie kann sich mit anderen Regierungen oder auch mit der Europäischen Zentralbank absprechen. Die letzte Verantwortung liegt jedoch auf nationaler Ebene. Wenn sie sich nicht anders zu helfen weiß, muss sie dann notfalls auch die Entscheidung treffen, den Euro
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