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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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aufregen müssten. Wir könnten die 18-stellige IBAN und die 11-stellige BIC (Swift-Code) wieder in die Tonne treten und stattdessen zu Bankleitzahl und einfacher Kontonummer zurückkehren. Dann würde mancher ärgerliche Fehler nicht mehr passieren.
    Ob sich das Reiseverhalten bei einer Abschaffung des Euro ändern würde, möchte ich dennoch bezweifeln. Der Anteil der Urlaubsreisen der Deutschen in die europäischen Nachbarländer hat sich seit der Einführung der Gemeinschaftswährung nicht erhöht; er ist eher gefallen: Nach einer Zusammenstellung des Reisemonitors des ADAC gingen vor der Einführung des Euro 62,4 Prozent der Reisen nach Europa, 2009 waren es nur noch 55,3 Prozent. Stattdessen sind die Reisen innerhalb Deutschlands von 28,9 auf 38,2 Prozent gestiegen, und auch der Anteil der Fernreisen hat sich von 12,4 auf 12,6 Prozent leicht erhöht.
    Das ist nicht weiter erstaunlich. Bei Reisen ist es so wie im Außenhandel mit Industriegütern. Man schaut nicht allein auf den Wechselkurs. Zum Teil hat sich der Euro negativ auf die Reisen in Euro-Land ausgewirkt. Italien beispielsweise ist durch die gemeinsame Währung bei vielen Urlaubseinkäufen relativ teuer geworden, weil es keine wechselkursbedingten »Schnäppchen« mehr gibt. Schuhe zu kaufen ist in Italien heute kaum billiger als in Deutschland.
    Das Fazit: Rein wirtschaftlich gesehen kann Europa und können die Bürger Europas ohne den Euro leben. Natürlich gäbe es hie und da ein paar Einbußen am Wachstum. Manches wäre nicht mehr so komfortabel und manch ein Unternehmer mehr betroffen als andere. Aber aus wirtschaftlichen Erwägungen würde niemand für die Gemeinschaftswährung auf die Barrikaden gehen. Das, was zur wirtschaftlichen Notwendigkeit des Euro gesagt wird, ist zwar nicht alles falsch, aber das meiste davon ist übertrieben.

8. Der politische Kataklysmus
     
    Anders die politische Bedeutung. Politisch gesehen wäre – das muss man so hart sagen – die Welt ohne Euro ein Kataklysmus.
    Sie wissen nicht, was Kataklysmus ist? Kein Problem, ich wusste es auch nicht. Ich musste mich erst über Google schlaumachen. Gestoßen war ich auf das Wort in einer Rede des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Französische Präsidenten waren schon immer Meister der Sprache. Sie verwenden Worte und Begriffe, die eine besondere Exklusivität suggerieren. Eines davon ist Kataklysmus. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2011 sagte Sarkozy: »Les conséquences d’une disparition de l’euro pour nous seraient si cataclysmiques que nous ne pouvons même pas jouer avec cette idée.« Frei übersetzt: Die Konsequenzen eines Scheiterns des Euro sind so verheerend, dass man die Möglichkeit nicht einmal im Entferntesten in Erwägung ziehen darf.
    Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel drückte es auf der gleichen Veranstaltung genauso bestimmt, aber deutlich nüchterner aus: »Scheitert der Euro, scheitert Europa.«
    Dahinter stehen zwei Thesen: Erstens ist der Euro heute das einzige Band, das die Europäische Union noch wirklich zusammenhält. Zweitens wäre es katastrophal für die Europäer, wenn die Union zerfallen würde. Ein Kataklysmus eben.
    Der Nationalismus blüht wieder auf
     
    Zur ersten These: Wir haben in den vergangenen Jahren erlebt, wie Europa erheblich an »Drive« verloren hat. Die ursprüngliche Idee, nach dem Zweiten Weltkrieg eine stabile Friedensordnung zu schaffen und Freiheit und Unabhängigkeit auf dem Kontinent zu sichern, hat an Kraft verloren. Die Menschen, die das Fiasko des Krieges selbst miterlebt haben und sich noch daran erinnern, werden immer weniger.
    Vor allem ist die Politikergeneration, die davon persönlich geprägt und in ihrem Handeln getrieben wurde, längst tot beziehungsweise abgetreten – genannt seien hier nur Konrad Adenauer, Robert Schumann, Jean Monnet, Alcide de Gasperi oder Helmut Kohl. In Deutschland sind es einzig noch Helmut Schmidt und Theo Waigel, deren Rat als elder statesmen in Europafragen gefragt ist, und in Luxemburg spielt Ministerpräsident Jean-Claude Juncker als Chef der Euro-Gruppe noch eine wichtige Rolle auf der europäischen Bühne.
    Heute gewinnen zunehmend die zentrifugalen Kräfte an Gewicht. Eine neue Spielart des Nationalismus blüht wieder auf. Deutschland ist für die Deutschen, Frankreich für die Franzosen wichtiger als Europa. Ein Wendepunkt in der Europäisierung war der Sommer 2006. Im Jahr zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs mit

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