Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
(oder eine neue D-Mark), steht ebenfalls nicht zur Verfügung.
Die Chinesen würden sicher gerne den Renminbi als zweite Weltwährung sehen. Aber so weit sind sie noch nicht. Dazu müsste der chinesische Kapitalmarkt erst einmal voll liberalisiert werden, was sich mit der derzeit herrschenden Planwirtschaft schwer vereinbaren lässt. Auch die chinesischen Banken operieren bislang nicht ausreichend global, um internationale Reservefunktionen übernehmen zu können. Der chinesische Kapitalmarkt ist noch viel zu klein, um den internationalen Zentralbanken genügend Anlagemöglichkeiten zu geben. Das kann (und wird auch) einmal gelingen. Heute ist es zu früh.
Das Einzige, was den Euro heute ersetzen könnte, wäre eine Kunstwährung wie die Sonderziehungsrechte (SZR) des Internationalen Währungsfonds. Das fordern derzeit ganz offen die Chinesen. Beim Zusammenbruch des Bretton-Woods-System Anfang der 1970er Jahre hatte man das schon einmal im Kopf gehabt, es ließ sich aber nicht umsetzen. Das große Manko der Sonderziehungsrechte ist, dass sie nicht auf den Märkten gehandelt werden. Währungsreserven werden aber dazu gebraucht, dass man damit auf den Märkten intervenieren und die eigene Währung stützen kann.
Haben Sie gewusst, wie man mit Sonderziehungsrechten auf den Devisenmärkten eingreifen kann, um die eigene Währung zu stützen? Das ist gar nicht so leicht. Sie können die SZR nämlich nicht einfach am Markt verkaufen oder kaufen. Vielmehr müssen Sie sich zuerst an den Internationalen Währungsfonds in Washington wenden und dort einen Antrag stellen. Der IWF weist Ihnen dann ein Land zu, bei dem Sie Ihre Sonderziehungsrechte in Dollar oder andere Währung umtauschen können.
Dann gehen Sie zu diesem Land, liefern dort Ihre Sonderziehungsrechte ab und erhalten die gewünschte Währung (zum Beispiel US-Dollar). Mit diesen Dollar können Sie an den Devisenmarkt gehen und intervenieren. Wie umständlich. Selbst wenn alle Beteiligten schnell und unbürokratisch vorgehen – das Verfahren ist viel zu langsam für Devisenmärkte, auf denen Sekunden über Erfolg und Misserfolg entscheiden können. Sonderziehungsrechte kommen daher nur bedingt als Währungsreserve in Frage.
Kein Ersatz also für den Euro in Sicht? Auch für die Afrikaner oder die Währungsexperten im Mittleren Osten ist die europäische Gemeinschaftswährung ein Modell, das sie selbst gerne für ihre Länder übernehmen würden. Wie oft sind Vertreter des Golfkooperationsrats (GCC) im Nahen Osten nach Brüssel oder Frankfurt gefahren, um sich dort Rat für ihre eigenen Währungspläne zu holen! Dem GCC gehören die Länder Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Katar, Kuwait und Bahrain an. Sie hatten fest vor, eine Gemeinschaftswährung nach dem Vorbild des Euro zu gründen, die ursprünglich 2010 in Kraft treten sollte. Das ist nicht gelungen, weil man sich über den Sitz der neuen gemeinsamen Zentralbank nicht einigen konnte. Saudi-Arabien beanspruchte den Sitz für sich. Die Vereinigten Arabischen Emirate wollten die Zentralbank lieber auf ihrem Territorium haben, weil sie die Übermacht der Saudis in der Währungsunion fürchteten. Wenn es den Euro nicht mehr gäbe, wäre sicher auch dieses Projekt »gestorben«.
Das Gleiche gilt für etwaige Planungen in Südostasien (bei den ASEAN-Ländern), in Lateinamerika oder in Afrika. Selbst den Chinesen und den Japanern (vielleicht auch zusammen mit den Indern) wird nachgesagt, dass sie trotz der bilateralen politischen Probleme gerne eine gemeinsame Währung hätten als Alternative zu Dollar und Euro. Jedenfalls haben diese Länder die Euro-Krise auch im Hinblick auf ihre eigenen Pläne sehr genau verfolgt.
Fragen Sie die EU-Mitglieder in Zentral- und Osteuropa, was sie vom Euro halten und von der Vorstellung, dass es ihn nicht mehr gibt. Sie bemühen sich mit allen Mitteln, der Währungsunion beizutreten. Slowenien und die Slowakei haben es geschafft, Estland hat mitten in der Krise den Antrag auf Beitritt gestellt und den Euro zum 1. Januar 2011 eingeführt. Bulgarien hat das Ziel knapp verfehlt (wegen eines halben Prozentpunkts bei der erforderlichen Preissteigerungsrate). Andere arbeiten auf ihren Beitritt hin. Ihre Motive sind unterschiedlich: Zum Teil geht es darum, den Zugang zum Europäischen Binnenmarkt zu verbessern. Zum Teil wollen sie sich gegen die Aufwertung ihrer Währungen schützen. Zum Teil brauchen sie einen stabilen Anker für ihre Währungsverhältnisse, zum
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