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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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die es vorher in Deutschland gegeben hatte. Das hatte erhebliche Konsequenzen.
    In Spanien beispielsweise sanken die Zinsen von vorher 12 bis 13 Prozent auf etwas über 6 Prozent. In Deutschland blieben sie dagegen weitgehend gleich. Das bedeutete: Spanien erlebte durch die Zinssenkung einen massiven Konjunkturschub. Die Hypothekenzinsen gingen nach unten und kurbelten die Bauwirtschaft an. Die Unternehmen mussten bei ihrer Bank weniger bezahlen und schoben daher neue Investitionen an. Die Ratenkredite waren nur noch halb so hoch, was den privaten Konsum belebte. Ähnlich war es in Portugal, später auch in Griechenland. In Deutschland blieb dagegen alles beim Alten. Es ist klar, dass sich aus dieser unterschiedlichen Datenlage auch verschiedene Konstellationen für die Konjunktur und die Preise ergeben mussten.
    Die Fiskalpolitik hätte diese Unterschiede ausgleichen müssen. In den südeuropäischen Ländern hätte sie restriktiv ausgerichtet sein müssen, um zu verhindern, dass sich die Wirtschaft überhitzt. In Deutschland hätte sie tendenziell expansiv sein müssen, um das Wachstum anzukurbeln. Auf diesem Gebiet taten die Regierungen jedoch nichts. Sie achteten nur darauf, dass die Maastricht-Grenze von 3 Prozent für die öffentlichen Defizite nicht überschritten wurde.
    Das Echo in der Wirtschaft
     
    Nun konnte man damals sagen, dass dies eine einmalige Konstellation war, hervorgerufen durch die Einführung der gemeinsamen Währung. So etwas wiederholt sich nicht. Irgendwann würde der Konjunkturschub in Südeuropa durch die niedrigen Zinsen auslaufen – und dann würde sich die zyklische Entwicklung in Süd und Nord wieder aneinander annähern.
    Das war aber nicht der Fall. Auch in der Wirtschaft gibt es so etwas wie ein Echo. Wenn sich irgendwo ein Ungleichgewicht breitmacht, dann verschwindet es nicht einfach. Es kommt vielmehr in Form eines Echos später wieder zurück. In dieses Echo geriet Euro-Land zehn Jahre später. Da lagen die südeuropäischen Länder mit hohen Budgetdefiziten und einer Rezession danieder. Sie mussten die Folgen der vorherigen Expansion auskurieren. Andererseits boomte die Konjunktur in Deutschland. Es ergab sich ein Ungleichgewicht in der umgekehrten Richtung.
    Die gemeinsame Geldpolitik in Euro-Land kann das nicht richten. Sie muss sich immer am Durchschnitt der Gemeinschaft orientieren. Das Catchword heißt: »One size fits all« – ein Zins passt für alle. Als die Konjunktur in Südeuropa boomte, hätte die EZB eigentlich die Zinsen erhöhen müssen. Sie konnte das aber nicht, weil das Wachstum in Deutschland so niedrig war und die Arbeitslosigkeit hoch. So hat sie durch ihre vergleichsweise niedrigen Zinsen den Boom in Südeuropa und die Ungleichgewichte innerhalb Europas noch befördert.
    Zehn Jahre später war es umgekehrt. Da musste die EZB die Zinsen relativ niedrig halten, weil sich die Peripherieländer in Schwierigkeiten befanden. Dagegen hätte Deutschland schon längst höhere Sätze gebraucht. Die Folge war, dass sich hier ein neues Ungleichgewicht entwickelte. Das Wachstum war relativ zu den anderen Ländern eigentlich zu hoch und hätte durch eine restriktivere Fiskalpolitik gebremst werden müssen. Das öffentliche Defizit hätte nicht nur kleiner werden müssen (was in der Tat geschah), Deutschland hätte einen Überschuss anpeilen müssen (was aber nicht passierte).
    So befindet sich die Gemeinschaft durch die gemeinsame Geldpolitik in einem Teufelskreis. Zuerst der Boom in Südeuropa mit einem langsam wachsenden Norden, dann der Boom im Norden mit rezessiven Tendenzen im Süden, und irgendwann setzt sich das Echo fort und wir bekommen wieder einen Boom im Süden und eine Anpassung im Norden. So kann es nicht weitergehen.
    An sich sind solche Differenzen ein K.o.-Kriterium für eine Währungsunion. Wenn man die Preis- und Konjunkturentwicklung nicht in den Griff bekommen kann, dann sollte man es mit einer Währungsunion erst gar nicht versuchen. Denn Wechselkursabwertungen, mit denen man solche Probleme früher gelöst hätte, sind hier nicht mehr möglich. Um ein dauerhaftes Ungleichgewicht zu vermeiden, müssen sich entweder alle Länder auf eine höhere Inflation einigen oder die Länder mit der größeren Geldentwertung müssen regelmäßig eine schmerzhafte Entziehungs- und Abmagerungskur machen. So etwas ist denkbar und durchführbar. Deutschland hat von 1995 bis 2005 eine solche Kur mit niedrigen Wachstumsraten, niedrigen Lohnsteigerungen und

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