Rettungskreuzer Ikarus Band 001 - Die Feuertaufe
seinen Scanner. Er stieß zischend den Atem aus, als er das Ergebnis ablas.
»Wir haben ein ernsthaftes Problem«, erklärte er verbissen. »Dieser
Kampfstier scheint seine Gegner auf eine besonders perfide Art noch im Tode
zu bekämpfen. Hier, das war vorher nicht zu sehen – ich hielt es für
eine weitere Gliedmaße. Ist es auch, nur dass diese sich in den Körper
der Bordkönigin gebohrt hat, mit Widerhaken versehen ist und wichtige Organe
verletzt. Jede Bewegung muss die inneren Blutungen verstärken.«
Sentenza schüttelte sich.
»Wer immer so etwas erschuf, sollte vor ein Gericht gestellt werden«,
murmelte er angewidert. Anande runzelte die Stirn.
»Ich werde erneut schneiden müssen«, erklärte er schließlich.
Abermals nahm er das Laserskalpell zur Hand und schnitt. Diesmal musste er den
Torso des Kampfstiers vollständig öffnen. Seine Kameraden übernahmen
die widerliche Tätigkeit, die abgetrennten Teile des Körper vorsichtig
vom Leib der Patientin zu heben und fortzutragen. Schließlich war der
Rest des Stieres abgetragen, nur noch ein kleiner Fleischfetzen mit dem Widerhaken
lag auf dem Körper der Patientin. Anande wagte es nicht, ihn zu berühren.
»Jetzt können wir es wagen«, erklärte Anande. »Ich
werde den Haken in der Krankenstation herausoperieren können, hier habe
ich nicht die Mittel dazu. Wir müssen sie vorsichtig bewegen, denn sonst
wird der Schmerz für sie unerträglich werden. Ich hätte es aber
gerne, dass sie bei Bewusstsein bleibt.«
DiMersi hatte mittlerweile die Antigravtrage aufgebaut, von der jeder ein Bestandteil
mit sich auf dem Rücken getragen hatte. Die ovale Plattform schwebte betriebsbereit
in der Methanluft des Schiffes und erzeugte ihr eigenes Schwerefeld, sodass
sie leicht und sicher manövrierfähig war. Allerdings war sie nicht
beliebig belastbar und Sentenza hoffte, dass sich der Rest der Rettungsaktion
als weniger problematisch erweisen würde.
Vorsichtig hoben die Retter den Körper der Bordkönigin an, die fast
größer als die Trage war. Dass jetzt die Schwerkraft fehlte, machte
die Arbeit leichter, wenngleich man weiterhin vorsichtig sein sollte. Denn Masse
hatte die Patientin noch genug, und war die einmal in die falsche Richtung beschleunigt,
würde es schwer sein, sie wieder zu stoppen. Nach einigen Minuten gelang
es den Rettern, die Verletzte auf der Trage zu positionieren. Anande aktivierte
ein leichtes Schwerefeld, das sie auf dem Gerät festhalten würde.
Die Patientin wirkte entspannter, da sie nun richtig liegen konnte und vom Gewicht
des Kampfstieres befreit worden war. Hin und wieder wechselte sie ein paar Worte
mit ihren Rettern und bewies dabei einen trockenen Humor.
Schließlich drehte sich Anande mit einem befriedigten Gesichtsausdruck
zu den anderen herum.
»Ich werde sie sofort zur Krankenstation bringen. Ich möchte aber
vorschlagen, dass Sie den Rest des Schiffes durchsuchen, falls uns jemand entgangen
sein sollte. Das würde sich als äußerst fatal erweisen. Ich
lasse Ihnen den Medoroboter hier, der wird Ihnen im Zweifelsfalle helfen können.«
Sentenza nickte. Obwohl sie laut Mannschaftsliste alle gefunden hatten, konnte
sich immer mal ein zusätzlicher Passagier an Bord befunden haben.
»Das ist eine vernünftige Idee!«
Anande wollte sich gerade abwenden, als ein furchtbarer Ruck das Schiff erzittern
ließ. Die Retter flogen durch den Raum, DiMersi schlug hart an der Wand
auf. Die Antigravliege konnte einen Teil des Ruckes ausgleichen und trieb zur
Tür. Flüche wurden laut und für einige Sekunden wirkten alle
orientierungslos. Dann begann das Schiff offenbar zu rotieren. Fliehkräfte
wurden wirksam und drückten die Retter an die Wände. Die Mikrophone
übertrugen ein dumpfes Brummen.
»Verdammt!«, ächzte DiMersi und rappelte sich auf. »Was
ist denn jetzt wieder passiert?« Dann spürte sie die Vibrationen.
»Wer zum Teufel hat das Triebwerk aktiviert?«
»Mein Freund, wir haben ein Problem!«
Das ächzende Geräusch überbeanspruchten Materials übertönte
beinahe den Ausspruch Weenderveens, der sich nur mühsam Orientierung auf
dem Instrumentenpult vor dem Pilotensitz verschaffte. Der Pentakka hatte sich
hinter ihm aufgebaut und schien die Vielfalt moderner Technik mit ähnlicher
Begeisterung zu mustern. Vor einem Augenblick noch hatten beide die Funde Weenderveens
diskutiert: Insgesamt 16 Abhöreinrichtungen waren
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