Rettungskreuzer Ikarus Band 001 - Die Feuertaufe
Kabinentür auf, die einige
Beulen aufwies. Doch mit etwas Glück ... das war wohl das Einzige, auf
das der Captain jetzt noch hoffen konnte.
Mitten in der Kabine lag der massige Leib einer edirianischen Bordkönigin.
Anande erkannte auf den ersten Blick, dass sie noch am Leben war, da sich die
Atemlamellen an ihrer Körperseite flatternd bewegten. Der mächtige
Körper lag ansonsten völlig regungslos in den Methan- und Ammoniakschwaden
der Atmosphäre und gab kein Lebenszeichen von sich. Das mochte auch an
der Tatsache liegen, dass auf ihr die Leiche des verbliebenen Kampfstieres lag,
offenbar tot, doch im Todeskampf mit dem Körper der Bordkönigin in
verkrampfter Umarmung verbunden. Das Wesen war fast so groß wie die Edirianerin
selbst und sicher kein Leichtgewicht.
Anande trat rasch vor. Er legte seinen Medizinkoffer zur Seite, der eine Auswahl
wichtiger, auf den edirianischen Metabolismus abgestimmter Medikamente enthielt.
Glücklicherweise hatte man bei der Ausstattung der Ikarus hier nicht
gespart, sonst hätte sich das ganze Projekt gleich ad absurdum geführt.
Der Arzt hob den medizinischen Scanner, der beunruhigende Werte zeigte. Sentenza
kniete sich neben den Arzt.
»Nun?«, fragte er nach einigen Minuten neugierig. Anande hatte einen
ersten Körperscan abgeschlossen.
»Innere Blutungen, Frakturen, ein paar angerissene Organe. Wenn mich nicht
alles täuscht, hat sich diese junge Dame hier mit allen Mitteln gewehrt
und war dabei durchaus erfolgreich. Der Kampfstier jedenfalls ist mausetot.
Edirianische Frauen sind offenbar ernst zu nehmende Gegnerinnen.«
»Und was nun?«, wollte der Captain wissen.
Anande richtete sich auf und führte eine Hochdruckspritze an die Haut der
Edirianerin. Ein Medikament floss in ihre Blutbahn. Sekunden später öffneten
sich die lidlosen Augen, die vorher durch zwei Muskelstränge verschlossen
gewesen waren. Die Bordkönigin blickte einen Moment orientierungslos um
sich, dann hatte sie Anande und Sentenza erkannt. Es sprach für ihre Selbstbeherrschung
oder die Schwere ihrer Verletzungen, dass sie äußerlich völlig
ruhig blieb.
»Was ...«, krächzte es aus den Translatoren. Anande legte eine
Hand auf den Körper der Frau.
»Keine Anstrengungen. Wir sind vom Rettungskreuzer Ikarus des Freien
Raumcorps. Wir haben den Notruf empfangen und sind zur Hilfe geeilt. Mein Name
ist Anande. Haben Sie das alles verstanden?«
»Ja«, klang es schwach aus dem Übersetzer. »Die Besatzung?«
»Wir kümmern uns um Ihre Besatzung«, floh Anande in eine Halblüge.
Er wollte seine Patientin nicht aufregen. Bordköniginnen waren mit ihrem
Schiff und der Besatzung emotional eng verbunden. Die Wahrheit über den
Zustand der männlichen Besatzungsmitglieder hätte sie wahrscheinlich
jetzt nicht verkraftet. »Doch jetzt sind Sie am wichtigsten. Wir müssen
Sie in unser Schiff schaffen. Können Sie Gliedmaßen bewegen?«
»Schmerz in den Beinen«, erklärte die Edirianerin. »Schmerz
im Körper. Atmen schmerzt.« Ihre Äußerungen kamen stoßweise
und mit Pausen, was ihre Selbstdiagnose bestätigte.
Anande nickte verständnisvoll. Er verabreichte der Frau ein weiteres Medikament
zur Schmerzlinderung. Dann wandte er sich an Sentenza.
»Sie muss unbedingt in die Krankenstation. Wir werden die Antigravbahre
aufbauen und müssen sie irgendwie da rauf bekommen.«
Sentenza blickte auf den Kampfstier.
»Dazu muss der erst mal runter!«
Anande nickte und holte ein Laserskalpell hervor. Er erklärte der Patientin
kurz, was er zu tun gedachte und bekam ihr Einverständnis. Vorsichtig,
mit geübten Bewegungen, fing er an, den Körper des Kampfstieres aufzuteilen.
Er bemühte sich, die Gliedmaßen, die sich in die Edirianerin verkrampft
hatten, abzuschneiden. Das grausige Spektakel dauerte einige Minuten und auch
der abgehärtete Rest der Crew musste manches Mal trocken schlucken, ehe
Anande sein Werk vollendet hatte. Auf der Edirianerin lag nurmehr ein blutender
Torso des Kampfstieres. Die Bordkönigin schien dieses Schicksal ihres Gegners
mit bemerkenswerter Gleichmütigkeit zu betrachten.
»Packen Sie mit an!«, forderte Anande auf. Trooid, DiMersi und Sentenza
griffen beherzt zu, um den Torso des Wesens von der Bordkönigin zu wuchten.
Er bewegte sich einige Millimeter, dann durchzuckte den Körper der Edirianerin
ein Schmerz. Sofort ließen die Retter von ihrem Tun ab und Anande bemühte
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