Rettungskreuzer Ikarus Band 010 - Aufstand der Toten
nahm Verbindung mit seinen Verbündeten
auf.
Die nachfolgende Konversation war kurz, jedoch inhaltsschwer. Joran konnte kein
Äquivalent von Wut oder Enttäuschung bei seinen Partnern erkennen
– nur Effektivität und Kooperationswillen.
Und Tadel. Unnachsichtiger, gefühlskalter Tadel.
Nach dem kurzen Gespräch erhob er sich wieder, strich seine Uniform glatt,
würdigte der Zentrale keines Blickes mehr und betrat den Fluchttunnel,
der ihn in die Nähe des Raumhafens bringen würde. Eine sinnreiche
Installation des verblichenen Hammet – und glücklicherweise auf keinem
Plan eingezeichnet. Joran hatte den Verdacht, dass die Existenz von genauen
Plänen ihr Schicksal besiegelt hatte. Irgendjemand hatte seinen Feinden
Zugang verschafft. Es blieb zu hoffen, dass der Verräter in den Kämpfen
gestorben war.
Botero wartete schon auf ihn, auch einige TakTrooper standen dort, ängstliche
Blicke hinter sich werfend. Joran nickte ihnen zu.
»Dann wollen wir mal, meine Herren – ich verspreche Ihnen, das hier
ist nur ein vorübergehender Rückschlag. Wir werden unser Ziel noch
erreichen und uns allen wird es bald sehr viel besser gehen!«
Die Trooper gingen ihnen durch den Tunnel voraus. Joran blickte auf ihre Hinterköpfe
und lächelte.
»Nun ja«, dachte er bei sich. »Vielleicht nicht wirklich uns
allen ...«
Siridan Dante stand breitbeinig in der Zentrale der Trinity und sah auf
der Hauptholographie, wie der Fluchtgleiter auf das Schiff zuschoss, dann aber
kurz vor der Ikarus herunterging. Einige Gestalten rannten kurz darauf
über das Landefeld, zwei davon wurden gestützt. Während die größere
Gruppe in der Ikarus verschwand, schleppte ein einzelner Mann –
wahrscheinlich Jason Knight – die offensichtlich geschwächte Shilla
in Richtung der Celestine . Da weit und breit kein TakTrooper mehr zu
erkennen war – alle waren für die Kämpfe in das Hauptquartier
berufen worden – war dies zurzeit eine recht ungefährliche Angelegenheit.
Das würde sich aber bald ändern, sobald der große Kampf um die
Vorherrschaft in Seer'Tak City ausgebrochen war. Dante hatte nur einen kurzen
Bericht von Dorogodh bekommen, doch der Tempel der Kirche hatte sie über
allgemeine Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten: Das sich zur Gewissheit
verdichtende Gerücht, Kefir Hammet sei gestorben und schließlich
die Anstrengungen der kleineren Bosse, Gangchefs und regionaler TakForce-Kommandanten,
aus dieser Tatsache einen Vorteil zu schlagen. Überall in der Stadt formierten
sich die Schlägertrupps, Leibwachen und Gangs der guten wie schlechten
Stadtviertel, vermischten sich mit versprengten TakForce-Einheiten und begannen,
gegeneinander oder miteinander gegen Dritte zu kämpfen – alle mit
dem Endziel, die Herrschaft über die Stadt zu übernehmen. Das Hauptquartier
wurde weiterhin von den wenigen Resten der TakForce verteidigt, die nicht wussten,
wohin sie sollten, aber es schien, als hätten die Ratten das sinkende Schiff
verlassen. In der Stadt würden nun tagelange Kämpfe anhalten, Allianzen
geschmiedet und ebenso schnell wieder verraten werden, bis irgendwann ein neuer
Kefir Hammet das Ruder an sich reißen und die Goldgrube für sich
reklamieren würde.
Siridan Dante hatte nicht die Absicht, Zeugin dieses Vorganges zu werden.
»Raumprior, der Gleiter ist verankert, wir sind startbereit!«, erklang
die Meldung eines ihrer Offiziere. Dante nickte.
»Wie ist der Zustand des Trupps?«, fragte sie leise.
»Die Soldaten werden ins Lazarett verbracht«, kam die Antwort sofort.
»Es gab einige Verluste und viele Verletzungen. Raumkaplan Dorogodh befindet
sich durch die Überdosis an Schmerz- und Aufputschmitteln in einem Schockzustand
und wird so bald nicht Bericht erstatten können.«
Dante nickte. Dorogodhs aktive Laufbahn war damit so gut wie an ihrem Ende angekommen.
Dies war sein dritter Drogenschock, und dafür wurden ihm fünf Dienstjahre
angerechnet. Der altgediente Unteroffizier würde in Kürze seinen Ruhestand
antreten können.
Wenn es dazu kam.
»Raumprior, ich bekomme kein Startfenster«, erklärte der Pilot.
Dante trat neben ihn. Seit Ausbruch der Kämpfe hatten zahlreiche Raumschiffe
auf dem großen Areal des Raumhafens Startgesuche eingereicht. Als die
Towerkontrolle ein generelles Startverbot verhängt hatte, war es zu Alarmstarts
gekommen, und mittlerweile hielt sich niemand mehr an das Verbot.
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