Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rettungskreuzer Ikarus Band 013 - Das Leid der Schluttnicks

Rettungskreuzer Ikarus Band 013 - Das Leid der Schluttnicks

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 013 - Das Leid der Schluttnicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
Vom Netzwerk:
aufgeschlossen
gewesen – genauer gesagt, war er immer grünlicher im Gesicht geworden,
je mehr sie selber ins Schwärmen geraten waren. Ein zweiter Grund für
die Verlagerung der Mahlzeiten in den einfachen Völlereiraum des Raumkreuzers
war schlichtweg der, dass sie sich hier zu Hause fühlten und unter sich
waren. Dabei ging es nicht nur um die Vertrautheit oder darum, dass der Anblick
der anderen Bewohner von Vortex Outpost, die sich über Salattellerchen
und Magerquarkdesserts beugten, alles andere als ästhetisch war. Zwar behaupteten
sie, dass das Essen nur in der Gesellschaft Gleichgesinnter angenehm war, doch
tief in ihrem Herzen wussten sie den wahren Grund, den keiner bisher ausgesprochen
hatte. Auch Weenderveen verzog gequält das Gesicht, als er in seiner Gedankenfolge
unweigerlich zu diesem wunden Punkt kam. Sie mieden das Zusammensein mit allen
anderen aus einer viel schamvolleren, schmählichen Erkenntnis heraus, der
sie sich seit ihrer Rückkehr jeden Tag aufs Neue stellen mussten, jeder
für sich und auf seine Weise.
    Sie waren für gute Schluttnicks einfach viel zu dünn.
    Bedrückt durch diese Schande verließ Weenderveen so langsam wie möglich
seine Kabine und schlich durch die Korridore hin zum Völlereiraum. Schon
von weitem hörte er erregte Stimmen, und als er näher kam, erkannte
er rasch, dass auch die anderen zu genau dieser Stunde die gleichen Gedanken
gewälzt hatten wie er selber. Der Robotiker trat durch die Tür und
sah vor sich die versammelte Mannschaft, allesamt mit erregten Gesichtern, auf
denen der Schmerz der endlich ausgesprochenen Wahrheit stand.
    In diesem Moment nahm Thorpa den Faden des hitzigen Gespräches auf. Der
Pentakka breitete theatralisch die Arme aus, seine Stimme bebte ein bisschen.
    »Wie sollen wir denn je so nach Hause zurückkehren? Wenn wir auf Schluttnick
Prime ankommen, werden alle mit den Fingern auf uns zeigen. ›Seht‹,
werden sie sagen, ›sie sehen aus wie Versager! Das sollen die geachteten
Leute der Ikarus sein? Nein, da müssen wir uns irren‹«,
werden sie spotten. Unser Ruf eilt uns voraus, und wir sind viel zu unterernährt,
um ihm gerecht zu werden ...«
    »Was machen Sie sich da eigentlich Gedanken!«, fuhr ihn Sonja DiMersi
plötzlich an. Der Chief war offensichtlich am Ende ihrer Nerven –
sie hielt die Arme um den Körper gepresst und konnte damit doch nicht verbergen,
dass er noch immer grässlich hager war und weit mehr Muskeln als Fett aufzuweisen
hatte – ein bemitleidenswerter Anblick. Nur ihre Augen funkelten voll echter
Wut und Verachtung. »Sie, Thorpa, sind ja nur Praktikant auf der Ikarus !
Wenn es nach diesem Status geht, können Sie ja von Glück sagen, dass
Sie nicht noch ein paar ... Äste abnehmen müssen!«
    Peinliches Schweigen breitete sich in dem Völlereiraum aus, und alle Blicke
richteten sich auf Thorpa, der mit bebenden Blättern dastand und kein weiteres
Wort herausbekam. Die stillen Sekunden dehnten sich wie erwärmtes Karamel.
Hatte der Blick des Captains, der sich seine gefütterte Niedrigtemperaturkombi
übergezogen hatte, nicht etwas Abschätzendes? Was, wenn er mit der
Meinung seines Ersten Offiziers übereinstimmte und der Ansicht war, die
natürliche Masse des Xeno-Praktikanten sei eine Amtsanmaßung? Das
Zittern der Blätter breitete sich über die feinen Äste bis hin
zum Stamm aus, als Thorpa vorsichtig einen Schritt rückwärts ging.
Was malten sich die anderen jetzt gerade aus? Eine Zwangsdiät gab es für
einen Pentakka nicht ... was dann? Entrindung? Astamputation? Mit einem hellen,
quiekenden Geräusch fuhr Thorpa herum und stürmte aus dem Raum –
nur fort von den anderen! – die Gänge entlang und in die vorläufige
Sicherheit seiner eigenen Kabine.
    Zwei Stunden später saß Thorpa noch immer in seinem Quartier und
hatte die Tür von innen verriegelt. Unglücklich hockte er auf dem
Sattel vor dem Computermonitor und starrte blicklos auf die Zahlen, die er aufgerufen
hatte. Er kannte sie mittlerweile auswendig. Sie enthielten, ohne Zweifel und
so vernichtend wie ein Asteroideneinschlag, seine Verurteilung zu fast ewiger
Mittelmäßigkeit – auch wenn er diese Abhandlung über das
Dickenwachstum des Volkes der Pentakka noch vor wenigen Tagen als gerade mäßig
interessant eingestuft hätte. Mäßig interessant! Was für
ein Hohn! Hier stand, dass der Hauptkörper eines Pentakkas pro

Weitere Kostenlose Bücher